Tichys Einblick
"Ist der Brexit erst der Anfang?"

Maischberger: Eine „Populistin“ und zwei Journalisten

Die Runde bestand gemessen an Neuem nur aus drei Teilnehmern: der österreichischen Abgeordneten zum Nationalrat, Petra Steger, dem Brüsseler Studioleiter des ARD-Hörfunks, Ralph Sina und dem TE-Chef Roland Tichy.

Screenprint: ARD/maischberger

Für den Brexit war niemand in dieser Runde, die nicht nach dem Talkrunden-Schema funktionierte: alle gegen einen. Neu dürfte für die Zuschauer eine einfache, aber am Ende möglicherweise entscheidende Tatsache sein. Roland Tichy nannte sie: Die Briten haben in Volksabstimmung den Brexit beschlossen, aber kein Datum. Theresa May kann daher jederzeit den Antrag bei der EU zurückziehen, etwa mit dem Argument, das Parlament habe den Vollzug des Brexits verhindert. Zusatzbemerkung: Irgend eine Handhabe dagegen hätten weder Unterhaus noch EU. May bliebe auch Prime Minister, das Parlament könnte sie nicht entmachten.

Soweit die News der Sendung. Die Runde bestand gemessen an Neuem nur aus drei Teilnehmern: der österreichischen Abgeordneten zum Nationalrat, Petra Steger, dem Brüsseler Studioleiter des ARD-Hörfunks, Ralph Sina und dem TE-Chef Roland Tichy. Der langjährige Moderator des heute-journals und Leiter des ARD-Studios London, Wolf von Lojewski und der langjährige Präsident des Parlaments der EU, Martin Schulz leben in ihren alten guten Zeiten, die ihnen den Blick auf den realen Zustand der EU verstellen. Die Leiterin Redaktion Entertainment & Development RTL II, Shona Fraser hofft auf ein erneutes Referendum, im Mittelpunkt ihrer Sorgen steht ihr Verbleiben in Deutschland, weshalb sie einen deutschen Pass beantragt hat.

Mays Kalkül oder Britanniens Chaostage – Die Endphase des Brexit
Sina fragte Schulz vergeblich, ob die EU nicht Fehler gemacht habe, die den Brexit befeuerten und ob es nicht längst angebracht wäre zu verstehen, dass die Länder des ehemaligen Ostblocks ihre Nationalstaaten als Befreiung und die EU inzwischen als Bedrohung ihrer wiedergewonnenen Freiheit empfänden. Der ARD-Mann nennt die Rolle des EuGH, der in Osteuropa als „Büttel“ der EU wahrgenommen würde. Maischberger nimmt das Thema aus den heute bei ihr zu behandelnden Fragen.

Auf den sachlich dünnen Einspieler gegen die „Populisten“ in der Spitze von Italien, Österreich, Polen und Ungarn setzt Schulz einen Glückwunsch zum Brexit von Heinz-Christian Strache. Steger interpretiert ihren Obmann, die FPÖ habe gehofft, der Brexit werde die EU zum Nachdenken über ihren Weg bringen, würde zum Umdenken von noch mehr Zentralismus hin zu Subsidiarität als neuer Richtung führen.

Schulz tritt bei Maischberger in mehrerlei Gestalt auf:

Schulz 1 ist die personifizierte EU – Kommission und Parlament. Die nationalen Regierungen machen die Fehler, sind untereinander zerstritten und hindern die Brüsseler daran, gute Arbeit zu machen. So könne die EU den G2 (USA, China) nichts entgegensetzen.

Schulz 2 sagt, er habe als Parlamentspräsident „sogar“ die Rückgabe von Kompetenzen angeboten. Lokal, regional und national solle das gemacht werden, was dort besser geht. Die EU solle tätig werden, wo diese drei Ebenen allein und zusammen nicht handeln könnten(der Nationalstaat müsse „ergänzt“ werden).

Schulz 3 stimmt den neuen zentralistischen Forderungen von Macron zu, die vom Finanzminister der EU über den einheitlichen Mindestlohn bis zur Verteidigung reichen – also Zentralismus XXL.

Tichy antwortet Maischberger auf ihre Frage, ob er diese Forderungen von Macron nicht begrüße: Was nicht funktioniert, soll verdoppelt werden? Das von Schulz beklagte Gerangel zwischen den Regierungen der Mitgliedsländer untereinander und die nicht stimmigen Kompetenzen, die Konzentration auf Klein-Klein, das Versagen bei den großen Fragen nehmen die Bürger als intransparent, undurchschaubar und unverständlich wahr. Das macht sie misstrauisch. Sie wenden ihr Vertrauen immer mehr dem Nationalstaat zu, in dem nicht alles gut läuft, aber wo sie verstehen, was stattfindet.

Das Thema „Populisten“ fand im Ergebnis gar nicht statt. Die dafür geladene Petra Steger ist übrigens die Tochter des Bundesobmanns der FPÖ, Norbert Steger, den Jörg Haider aus dem Amt verdrängt hat. Die Dinge laufen oft anders, als es alle zu wissen glauben.

Mit dem Brexit und vor allem seinen Folgen für die EU wird das nicht anders sein. Für den alten Kurs der ever closer Union ist inzwischen nur noch Merkel, Macron ist für Macron und beide sind umzingelt von Ländern, deren Regierungen in die Gegenrichtung unterwegs sind.