Tichys Einblick
zwischen Märchen und Fantasy

Maischberger: Keine fruchtbare Diskussion möglich

Maischberger improvisiert eine Sendung zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts. Doch sie scheitert daran, dass die involvierten Personen nicht mehr glaubwürdig sind. Eine tiefgründige Analyse vermisst man in der ganzen Sendung zwischen Märchen und Fantasy.

In dieser Woche wollte Sandra Maischberger über Bundeswehr und Migration diskutieren – so wurde die Sendung jedenfalls im Vorfeld angepriesen. Doch tatsächlich macht ihr die Realität einen Strich durch die Rechnung. Am 15.11. entschied das Bundesverfassungsgericht, dass der zweite Nachtragshaushalt der Ampel nichtig ist. Der Ampel fehlen plötzlich 60 Milliarden Euro, die sie für Ausgaben, meist im Umweltressort, eingeplant hatte. Ein Teil des Geldes wurde auch schon ausgegeben und muss nun wieder angespart werden.

Die Journalistenrunde ist wieder einmal sehr ÖRR-lastig: Der ehemalige Tagesthemen-Moderator Ulrich Wickert und die ARD-Hauptstadtkorrespondentin Kerstin Palzer sind dabei. Die Außenstimme kommt von Alev Dogan, Chefreporterin bei The Pioneer. 

Kerstin Palzer tritt als inoffizielle Regierungssprecherin auf, wie man es von aktiven Journalisten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gewohnt ist. Wie Robert Habeck nutzt sie das unbestimmte „wir“, wenn sie sagen will, dass Andere etwas tun sollen. „Wir“, sagt sie, müssen unsere Wirtschaft umbauen. „Wir“, müssen viel Geld für für Klimaschutz ausgeben. „Wir“ brauchen Geld, um die Gesellschaft zu verändern.  Mit der Ampel geht sie scharf in Gericht, weil die Art der Geldbeschaffung falsch war, nicht, weil sie die zentralistischen Steuerungsfantasien der Grünen verurteilt. „Das unsere Wirtschaft sich umbauen muss, ist doch wirklich allen klar“, findet sie. Wenn das so klar ist, warum braucht es dann massive Subventionen, für die nun das Geld fehlt? 

Das wird nicht gefragt und auch nicht beantwortet. Dogan und Wickert sind sich einig: Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts ist eine Blamage für die Regierung. Nur Wickert hinterfragt kurz, warum die Ministerien nicht von Anfang an wussten, dass das Gesetz vor dem Verfassungsgericht  keinen Bestand haben konnte: Schulden, die 2021 für den Corona-Fonds aufgenommen wurden, für Klima-Projekte umzuwidmen. Dass das eine Umgehung der Schuldenbremse ist, musste jedem klar sein.

So ist keine fruchtbare Diskussion möglich

Nicht offensichtlich war es wohl für Wolfgang Kubicki, der versucht, Ausreden zu finden, warum seine Partei in diesem Fall nicht versagt hat. Schließlich hat sie die Schatten- und Umgehungshaushalte der Ampel mit zu verantworten. Sowohl wegen des Finanzministers Lindner, als auch der Abgeordneten der FDP, die bis heute unbeirrbar für die Ideen der Ampel stimmen. Der Vizepräsident des Bundestages möchte klarstellen: „Niemand von uns wollte die Verfassung brechen“. Das soll die Bürger beruhigen, kann aber auch anders verstanden werden.  Die FDP geht so unbekümmert mit dem Grundgesetz um, das sie es aus Versehen bricht. Auch bittet Kubicki um Verständnis für Lindner: An der Misere der FDP, an der Ausgabenpolitik und dem nun klaffenden Loch von 60 Millionen Euro ist jeder Schuld, aber nicht der Finanzminister. 

Janine Wissler hingegen versucht sich an einem Karrierewechsel zur Märchenerzählerin. Denn zum 6. Dezember löst sich die Fraktion der Partei DIE LINKE im Bundestag auf – sie hat zu wenige Mitglieder. Neben einem massiven Geldverlust ist es auch ein Verlust von Prestige.  Auch Wissler will das Land grundlegend umbauen. Dafür braucht es Milliarden – und um die zu erheben, sollen die Steuern noch weiter steigen, sowie eine Vermögenssteuer eingeführt werden. Für die LINKE-Bundesvorsitzende ist Deutschland ein Land, in dem der Staat die Infrastruktur verrotten lässt, weil er einfach kein Geld hat. Weil die Steuern zu niedrig sind und Steuerhinterziehung nicht konsequent genug verfolgt würde. Märchen eben. 

Es ist keine fruchtbare Diskussion. Die Vertreter der zwei Kleinstparteien betreiben Wahlkampfsimulation, aber sie können nicht miteinander streiten, weil ihre Meinungen so grundsätzlich entgegengesetzt sind, dass es bei politischen Willensbekundungen bleibt. Janine Wissler kann in der Diskussion nichts bieten, außer mehr Steuern zu fordern. Kubicki hat den Bogen für seine Wähler massiv überspannt: ihm glaubt kein Zuschauer mehr. Er kritisiert, dass die Ampel das Bürgergeld ab 1. Januar 2024 um 12 Prozent steigen lässt. Er kritisiert, dass ausreisepflichtige Ausländer nach acht Monaten im Land Bürgergeld erhalten. Aber die FDP ist in der Regierung, sie trägt all diese Dinge mit. Es kommt sogar noch schlimmer: In der Sendung brüstet er sich damit, dass eine Steuer auf die Migration eingeführt wurde. Eine Steuer, die Wohlhabende entrichten müssen, die das Land mit ihren Firmen verlassen wollen. Bei Neuwahlen müssen beide Parteien um ihren erneuten Einzug in den Reichstag bangen. Und es sieht nicht gut aus für sie. 

Wenig fruchtbar ist auch der Interviewgast an diesem Abend, Elmar Theveßen, ZDF-Hauptstadtkorrespondent in Washington. Von ihm will Maischberger wissen, wer wird der nächste President der USA bei der Entscheidung zwischen Trump und Biden. Es ist eine einfache Logik. Trump liegt bei den Umfragen in der republikanischen Partei weit vorne. Und obwohl 69 Prozent der befragten Democrats finden, dass Biden zu alt ist, glauben die allermeisten Democrats zugleich, dass in ihrer Partei außer Biden niemand sonst Trump die Stirn bieten kann. Biden sei beliebt in den USA, findet Theveßen. Ansonsten liefert er dieselbe Leerlauf-Rhetorik, die man von deutschen USA-Journalisten gewohnt ist. Eine tiefgründige Analyse vermisst man in der ganzen Sendung zwischen Märchen und Fantasy.

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