Tichys Einblick
Mehr Fachkräfte durch weniger Arbeit?

Bei Lanz: Der grüne Traum von Wohlstand ohne Anstregung

Die Grüne-Jugend-Chefin Katharina Stolla will den Fachkräftemangel durch weniger Arbeitszeit bekämpfen. CDU-Politiker Philipp Amthor glaubt an das gesellschaftliche Aufstiegsversprechen. Und: Ist die jüngere Generation wirklich so wehleidig? Von Fabian Kramer

Screenprint ARD

Im internationalen Vergleich mit anderen Industrieländern ist Deutschland nicht nur beim Wirtschaftswachstum Schlusslicht, auch bei der geleisteten Arbeitszeit sind die Deutschen hinten. Trotz dieser Faktenlage gibt es in der Bundesrepublik politische Parteien, die finden, dass noch weniger gearbeitet werden sollte. Vor allem für die Grünen und ihre Jugend ist Arbeit fast schon etwas Unanständiges. Angeblich lassen sich nur durch weniger Arbeit gesellschaftliche Probleme lösen.

Weniger Arbeit, weniger Fachkräftemangel?

Am späten Abend treffen bei Lanz zwei völlig konträre Jungpolitiker aufeinander. Die Grüne-Jugend-Sprecherin und Co-Chefin Katharina Stolla und der CDU-Bundestagsabgeordnete Philipp Amthor streiten über Arbeit und Rente. Das Offensichtliche an dieser Konstellation ist der größte Schwachpunkt einer durchaus fruchtbaren Diskussion. Beide Politiker sind für das Thema viel zu jung und haben kaum Spuren in der Arbeitswelt hinterlassen. Arbeit wird in der Sendung also nur in der Theorie debattiert, weniger aus der praktischen tagtäglichen Erfahrung heraus. Deshalb kommt es auch nie zu einer tatsächlich erlebten Schilderung von Arbeitsrealität, sondern es wird von oben herab gemutmaßt.

Zeit zum Lesen
„Tichys Einblick“ – so kommt das gedruckte Magazin zu Ihnen
Eine sehr gewagte Mutmaßung trifft Katharina Stolla. Sie behauptet: „Weniger Arbeitszeit sorgt für mehr Fachkräfte.“ Nun wäre es im Land des Fachkräftemangels wünschenswert, mehr Fachkräfte in Arbeit zu bringen, aber es vergrößert sich bei weniger Arbeit auch die Zahl der benötigten Fachkräfte. Wenn der grüne Traum einer voll bezahlten 4-Tage-Woche mit 30 Stunden Wochenarbeitszeit in Erfüllung geht, mag es zwar die ein oder andere neue Fachkraft mehr motivieren, aber der Mangel wird auf der anderen Seite drastisch erhöht. Für CDU-Mann Amthor ist die Vorstellung jenseits der Realität. „Es ist eine Wünsch-dir-was-Vorstellung“, entgegnet Amthor auf die Pläne der Grünen Jugend. „Man kann mit weniger Arbeit keinen Fachkräftemangel bekämpfen“, fährt er fort.

Auch der Moderator fragt irritiert: „Wo kommen denn die ganzen Fachkräfte her?“ Da gerät die Sprecherin der Grünen Jugend ins Schwimmen. „Ich habe jetzt keine konkrete Zahl im Kopf“, muss sie zugeben. Die demographische Situation des Landes lässt einzig den Rückschluss zu, dass die vielen Fachkräfte einzig in Stollas Wunschdenken existieren. Lanz rechnet Stolla vor, dass auf einen neuen Arbeitnehmer ganze zwei neue Rentner kommen. Es gibt schlicht und ergreifend zu wenige Menschen, die arbeiten.

Fleiß und Leistung bringen Aufstieg

Wer die ökonomische Flaute der Bundesrepublik beheben möchte, kommt an einer Produktivitätssteigerung nicht vorbei. Dieser Realität ist sich Philipp Amthor vollends bewusst. „Aufstieg, Fleiß und Leistung sind die Werte unseres Landes“, erklärt der Norddeutsche. Aus seiner Sicht würden sich nur durch Einsatz und Mehraufwand Ziele im Leben erreichen lassen, meint Amthor. Der Konservative wittert hinter der Kritik an zu viel Arbeit ein politisches Kalkül. „Viele Thesen der Grünen Jugend sind in Wahrheit Kapitalismuskritik“, analysiert er. Damit trifft er mitten ins Schwarze.

Umfragetief
Forsa: Grüne fallen auf schlechtesten Wert seit rund sechs Jahren
Eine Neiddebatte und eine Debatte um Umverteilung sollen mithilfe einer Diskussion um weniger Arbeit geführt werden. Ziel ist ein staatlich gelenkter und planwirtschaftlich angelegter Sozialismus. Entweder möchte man dafür die Leistungsträger bis zur Besinnungslosigkeit schröpfen oder der Staat soll sich bis unter das Dach verschulden. Es kristallisiert sich heraus, dass man auf grüner Seite keine Anstrengung für ein gelungenes Leben auf sich nehmen will. Lieber gibt man anderen die Schuld, wenn das nicht gelingt. „Es braucht Glück zum Aufstieg“, meint die Chefin der Grünen Jugend. Ist ein sozialer Aufstieg in Deutschland etwas, das man in einem Casino gewinnen muss? Leider intervenieren weder Lanz noch Amthor und bohren nach, was Stolla mit „Glück“ meint?

Es braucht in Deutschland kein Glück mehr, eine offene Lehrstelle zu finden, die Stellen werden jedem Willigen hinterher getragen. Was es viel mehr braucht, ist die richtige Einstellung. „Ein gelingendes Leben besteht auch durch Arbeit“, meint beispielsweise Philipp Amthor. Selbstverständlich liegt er richtig. Wer bereit ist zu arbeiten, der kann sein eigenes Geld verdienen und macht sich unabhängig. Vielen Grünen ist diese Unabhängigkeit allerdings ein Dorn im Auge. Denn wer braucht einen Nanny-Staat, wie von den Grünen erträumt, wenn er sein eigener Herr und finanziell vom Staat unabhängig ist? Eigenverantwortung und Freiheitsliebe passen nicht zu den Grünen. Schuld am eigenen Unvermögen haben immer andere.

Sind die Jüngeren wehleidig?

Woher kommt eigentlich diese wehleidige und frustrierte Haltung vieler Jüngerer? Wenn man auf die Erklärungen von Stolla für den Pessimismus der Jüngeren schaut, könnte man meinen, dass er vor allem von den Haltungsmedien befördert wird. „Die Welt ist voller Krisen“, wehklagt Stolla. „Die Jugend ist mit Klimakrise, Rechtsruck und Krieg beschäftigt“, meint sie. Alles Themen, die die öffentlich-rechtliche Presse gerne in Dauerschleife sendet. Möglicherweise kann also Abhilfe geschaffen werden.

Zahnräder im System der Einschüchterung
Angela Merkel hat eine Herrschaft der Angst etabliert – die bis heute wirkt
Wer sich durch Klimakrise und Rechtsruck beunruhigt fühlt, sollte mediales Detox praktizieren. Denn in der Realität jenseits der medialen Blase könnte sich schnell herausstellen, dass es sich mehr um Pseudokrisen handelt als um wirklich alltägliche Probleme. Eventuell könnten sich aber reelle Gründe zur Beunruhigung finden lassen. An die Stelle von woken Scheinproblemen könnten Messerkriminalität, horrende Sozialabgaben und marode Infrastruktur treten, wenn man den Blick wieder klar hat.

Was viele vergessen, ist, dass es frühere Generationen viel schwerer hatten, aber trotzdem krempelten diese die Ärmel hoch. „Wenn es früher so eine Einstellung gegeben hätte, wären wir weniger weit gekommen“, meint Philipp Amthor zu Stollas ewigem Gejammer.

Alles in allem ist die Sendung entlarvend für die grüne Politik, und Amthor ist der klare argumentative Sieger. Den Bürgern versprechen die Grünen die anstrengungslose Vollversorgung, und die Schuld an der misslichen eigenen Lage wird anderen gegeben. Hinter allem steht der Wunsch nach einem alles bestimmenden Staat und Beseitigung der Eigenverantwortung.

Anzeige