Tichys Einblick
Integration verbessern – aus Migrantensicht

Geht Asylpolitik wirklich nur so? Geht „Hart aber Fair“ wirklich nur so einseitig?

Ob man die Asylpolitik nicht mal ändern sollte, will Louis Klamroth diskutieren. Aber nicht mit Leuten, die genau das seit Jahren fordern. Schon beim Lesen der Gästeliste ist klar: Die eigentlichen Probleme kommen nicht auf den Tisch. Von Michael Plog

Screenprint: ARD / Hart aber Fair

Mit ein paar Vor-Ort-Eindrücken aus Michelbach in Rheinland-Pfalz beginnt Klamroth den Abend. Das einsame Dorf soll in Kürze 60 Flüchtlinge aufnehmen. Bei nur 90 Einwohnern. Sozialer Sprengstoff.

Ob der Spruch „Wir schaffen das“ von Ex-Kanzlerin Angela Merkel heute noch gelte, will er vom sächsischen CDU-Innenminister Armin Schuster wissen. Der schießt seiner ehemaligen Chefin erstmal gepflegt in den Rücken: „Ich weiß nicht, ob das überhaupt jemals gegolten hat“, sagt er. Deutschland habe bis heute nicht einmal die Zugänge der Jahre 2015/2016 integriert. „Wir sind jenseits aller Limits“, sagt Schuster. „Ohne eine drastische Begrenzung wird dieses Jahr nicht mehr so ablaufen können. Das schaffen wir nicht.“

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Katharina Dröge, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, kann das nicht so stehenlassen. Sie hat aber auch, wie üblich, keine fundierten Gegenargumente. Was sie im Köcher hat, sind die bekannten Klötzchen aus dem Textbaukasten ihrer Partei. Etwa: „Die Mehrheit der Kommunen sagt zum Glück: Die Situation ist anspruchsvoll, aber noch machbar. Dafür bin ich sehr dankbar.“ Oder: „Das ist hier am Ende keine seriöse Politik, die Sie hier machen.“ Das sagt sie ausgerechnet einem Mann aus der Praxis. Keine Pointe. Zum Glück bleibt es bei wenigen so hohlen Phrasen an diesem Abend. Die Regie belässt es meist dabei, Dröges betroffenes Nicken oder ihren drögen Blick einzuspielen, wenn beispielsweise einer der eingeladenen Vorzeige-Migranten gerade sein Schicksal schildert.

Die sind sehr sorgfältig ausgewählt und durchaus sympathisch. Arif Abdullah Haidary etwa ist erst 2015 aus Syrien gekommen, spricht erstaunlich gut Deutsch und arbeitet im Bayerischen Flüchtlingsrat. Oder Mohamad Hamzaalemam, Syrer aus Eberswalde. Er studierte einst Informatik und ist jetzt perfekt integriert. Der Mann hat viel Eigeninitiative gezeigt, sich selbst um einen Deutsch-Kursus bemüht und um einen Mini-Job. Von der Reinigungskraft hat er sich innerhalb kürzester Zeit auf den Flilialleiterposten einer Bäckerei hochgearbeitet. Er ist voll des Lobes für seinen Chef Björn Wiese, den Bäckermeister, und das offenbar zu recht. Wiese wie auch Hamzaalemam machen an diesem Abend den ehrlichsten Eindruck.

Die Krux: Die wirklichen Probleme kommen in der Sendung nicht zur Sprache.

Der ganze Abend dreht sich im Wesentlichen darum, wie Integration verbessert werden kann. Aus der Sicht der Asylanten und Migranten. Weniger um die Frage, wie viele Einwohner Deutschland eigentlich verträgt. Die Frage kommt zwar immer mal wieder auf, wird aber nicht ausdiskutiert. Und was vor allem überhaupt nicht zur Sprache kommt: Welche sozialen Probleme die schier explodierenden Migrationszahlen verursachen. Worte wie Gruppenvergewaltigungen oder Messerattacken fallen an diesem Abend kein einziges Mal. Stattdessen gibt es Parolen wie „es gibt keine Pullfaktoren“. Und wenn Asylanten Geld in die Heimat schicken, dann sind das „vielleicht mal 30 Euro“, wie Özgür Özvatan uns glauben machen will. „Mr. Cash-Money“ lässt grüßen, der Mann mit den angeblich 27 Kindern und den vielen Autos …

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Özvatan ist „Migrationsexperte“ an der Humboldt-Universität Berlin, könnte an diesem Abend aber auch glatt als weiterer Vertreter der Grünen durchgehen. Auf Twitter sendet er offenbar weitestgehend ins Leere, wie ein kurzer Check beweist. Und dieser Abend zeigt auch, warum. Gleich zu Beginn wünscht er erstmal „einen gesegneten Monat, einen schönen Ramadan“. Die Belastungsgrenze der Kommunen ist für ihn „erstmal was Gefühliges“ – und überhaupt: „Was wir hier diskutieren, sind alles sehr kleinteilige Fragen, die keine Visionen vermitteln für die nächsten zehn,15 Jahre.“ Man fragt sich, wo der Mann denn noch hin will. Auch zum überforderten Ort Michelbach vom Anfang der Sendung hat er eine Meinung: „Sprechen wir hier vielleicht von einer Gemeinde, die vom Aussterben bedroht ist?“ Da könnten Asylanten seiner Meinung nach eine schöne Verjüngung sein. Auf so eine Idee muss man auch erstmal kommen. Sein bester Spruch aber: „Wir haben nicht nur einen Mangel bei den Fachkräften, wir haben auch einen Mangel bei den Geringqualifizierten.“ Wow.

Schon früh, ab etwa Minute 30, zerfasert die Diskussion zusehends und wird für den Zuschauer immer schwerer nachvollziehbar. Nur Minister Schuster redet bisweilen Tacheles, spricht von Überlastung und ebenso überbordender wie überforderter Bürokratie. Bei ihm fallen Schlagworte wie „Straftäter“ oder „Identitätstäuscher“. Er kritisiert „Leute, die jahrelang im Sozialsystem sind, die aber nicht mit der nötigen Härte zur Ausreise gezwungen werden. Was wir hier tun, hat mit Integration nichts zu tun.“

Der Migrationsexperte aus Berlin sieht das ähnlich, aber aus ganz anderen Gründen. Deutschland muss in seinen Augen noch viel mehr leisten. „Wir haben eine sehr schlechte Bleibeattraktivität in diesem Land“, sagt er allen Ernstes.

Wenn dem tatsächlich so wäre, warum dann so eine Sendung? Oder meint er etwa die Bleibeattraktivität für die Deutschen? Die Zahl der Auswanderer jedenfalls steigt.

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