Tichys Einblick
Kauf vor Abschluss

Elon Musk ist nun der „Chef von Twitter“

Der Paypal-Mitgründer und Tesla-Chef Elon Musk steht vor der Übernahme des Kurznachrichtendienstes Twitter. Die Nachricht hat er selbst verbreitet: indem er den Titel „Chief Twit“ in seine Biographie auf Twitter aufnahm.

IMAGO / ZUMA Wire

Als Elon Musk im April ankündigte, er werde Twitter übernehmen, sorgte das in dem Kurznachrichtendienst für einen Aufschrei. Vor allem woke, grün-linke Nutzer kündigten an, sie würden Twitter nun verlassen. Der für freiheitliche Positionen bekannte Musk hatte nämlich auch angekündigt, liberale und konservative Positionen wieder vermehrt zuzulassen und die Sperre für den ehemaligen amerikanischen Präsidenten Donald Trump aufzuheben. In der erweiterten Meinungsfreiheit sahen woke Nutzer das Ende der Meinungsfreiheit – sie fürchteten, „Hass und Hetze“ werde ihren Positionen gegenübergestellt.

Allerdings folgte im Juli eine überraschende Wende. In einem nächtlichen Tweet erklärte Musk, er trete solange von dem Kauf zurück, bis Twitter die Frage geklärt habe, wie viele seiner Nutzer-Accounts echt sind. Viele Personen betreiben mehrere Accounts. So nutzen vor allem Politiker und Journalisten gerne einen Zweit-Account unter Pseudonym, über den sie sich verbal austoben können, ohne der eigenen Karriere zu schaden. Twitter drohte auf Musks Tweet wiederum mit einem Rechtsstreit.

Reaktionen auf Musks Twitter-Kauf:
Linke Twitter-Blase fürchtet Musk und die Meinungsfreiheit
Unklar ist, was die Motivation Musks im Juli war: Ob er den nun folgenden Absturz der Aktie absichtlich herbeiführte, um den Kaufpreis zu senken? Oder ob er bei der nächtlichen Aktion die Selbstkontrolle verloren hat? Das von Twitter angedrohte Rechtsverfahren hätte ohne Einigung am Freitag begonnen. Die Aussichten Musks galten allgemein als schlecht. Sodass er nun offensichtlich eingelenkt hat.

Doch der Milliardär machte aus seinem Gang zur Twitter-Zentrale etwas, das keinem Gang nach Canossa gleichkommt. Als optischen Gag brachte er ein Waschbecken mit. Damit spielte er auf das Urteil vieler Wirtschaftsfachleute an, die den vereinbarten Kaufpreis von 44 Milliarden Dollar als „everything and the kitchen sink“ verhöhnten. Was so viel bedeutet wie: Der Preis sei so hoch, man müsse schon Gegenstände wie die Küchenspüle mitrechnen, damit Musk auf einen Gegenwert für den Deal kommt.

Musk veröffentlichte selbst eine Kurznachricht auf Twitter, die ihn zeigt, wie er mit der Spüle die Twitter-Zentrale betritt. Dazu kommentiert er „let that sink in!“. Das Wortspiel ist doppeldeutig. „Sink in“ kann in dem Zusammenhang bedeuten, dass er Geld den Abfluss herunterspült. Es kann aber auch bedeuten, dass er seine Kritiker ermahnt, seinen Auftritt auf sich wirken zu lassen. Gegen Mitternacht deutscher Zeit – 15 Uhr in Kalifornien – änderte Musk dann seinen Status in „Chief Twit“.

Dass Musk Twitter übernimmt, ist vor allem für die Mitarbeiter eine Aufforderung, die Situation auf sich einwirken zu lassen. Neben den falschen Accounts hatte Musk im Vorfeld auch die Arbeitsmoral im Unternehmen kritisiert. Viele Mitarbeiter, vor allem in der Führungsetage, seien ineffektiv. Außerdem würden sie das Netzwerk nutzen, um ihre eigene, woke politische Ausrichtung einseitig zu verbreiten. Bis zu 75 Prozent der Mitarbeiter wolle er entlassen, hieß es in übereinstimmenden Berichten.

Die Twitter-Nutzer reagierten ähnlich wie im April – aber längst nicht mehr so aufgeregt. Liberale und konservative Nutzer hoffen auf mehr Freiheiten und eine fairere Behandlung, als sie durch das bisherige Twitter-Team erfahren haben. Woke Nutzer regten sich auf. Doch die Ankündigungen, Twitter nun verlassen zu wollen, blieben weitgehend aus. Die zwischenzeitlichen Erfahrungen mit anderen Netzwerken scheinen wenig ermutigend verlaufen zu sein.

So herrschte denn Resignation vor. Der Sprecher und Journalist Karsten Heyde, der laut Selbstauskunft unter anderem für RTL arbeitet, kommentierte zum Hashtag Musk: „Tja, alles nicht schön. Kommt gut in den Tag.“

Andere zeigten sich bissiger. Und geschmackloser. Das ZDF verkauft sich gerne als Vorreiter im Kampf gegen „Hass und Hetze“. Und ist doch oft nur ein Vorreiter in der Verbreitung von „Hass und Hetze“. Das reicht bis in die Aufsichtsgremien. Dem Verwaltungsrat sitzt Malu Dreyer (SPD) vor, zu den Mitgliedern gehört Leonhard Dobusch von der Universität Salzburg. Er zeigt einen kurzen Mitschnitt aus der Serie die Simpsons, in denen Frauen den Neffen des korrupten Bürgermeisters anhimmeln, während der vor Gericht steht.

Dazu schreibt der ZDF-Aufseher Dobusch: „Billionaire-Groupies, jeden Tag hier auf Twitter. #musk #mateschitz“. Fünf Tage nach dem Tod von Dietrich Mateschitz. ZDF: Das A steht für Anstand, das G für Geschmack und das P für Pietät – das alles fehlt offensichtlich im ZDF.

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