Tichys Einblick
ARD-Erzählung nicht haltbar

Beleidigungen auf Twitter treffen deutlich häufiger Männer als Frauen

Hass im Netz gegen Politiker: Wenn ARD und ZDF darüber berichten, geht es in der Regel um grüne Politikerinnen als Opfer. Die Realität sieht anders aus, wie ein Portal herausgefunden hat, das auf die Aufdeckung von Betrug spezialisiert ist.

IMAGO / Bihlmayerfotografie

Die Seite Betrugstest.com ist darauf spezialisiert, herauszufinden, welche Internetseiten die Nutzer über den Tisch ziehen. So testen sie etwa Wettanbieter oder Datingportale. Jetzt sind die Ermittler der Frage nachgegangen, welche Politiker auf Twitter am häufigsten beleidigt werden. Sie haben 74 gängige Beleidigungen als Schlagwörter ausgemacht und 2,2 Millionen Beiträge, die an Politiker gerichtet waren, auf diese Beleidigungen hin untersucht.

Die von ARD und ZDF gerne verbreitete Erzählung der grünen Politikerin als Opfer lässt sich demnach nicht halten: Der meist beleidigte Politiker ist laut Betrugstest ein Mann, von der AfD: Stephan Brandner. Auf Platz zwei und vier folgen zwei Sozialdemokraten: Ralf Stegner und Gesundheitsminister Karl Lauterbach. Dritter ist der ehemalige Generalsekretär der CDU, Paul Ziemiak. Ausgewertet hat Betrugstest den Zeitraum von April 2021 bis Februar 2022. Brandner erhielt 3634 Beleidigungen, bei Stegner waren es 2202 Beleidigungen, bei Ziemiak 2021 Beleidigungen ebenso wie bei Lauterbach. Der Gesundheitsminister liegt auf Platz vier, weil bei ihm die Zahl der insgesamt eingegangenen Tweets höher war.

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Im Vergleich der meisten Beleidigungen, die Politiker einstecken müssen, kommt die erste Frau auf Platz neun: Joana Cotar von der AfD mit 1225 Beleidigungen. Ihr folgt auf Platz elf Alice Weidel, ebenfalls von der AfD mit 1105 Beleidigungen und auf zwölf Beatrix von Storch (AfD) mit 1035 Beleidungen. Erst auf Platz 13 steht die erste Frau von den Grünen: Katrin Göring-Eckardt mit 734 Beleidigungen.

Aus dem Vergleich lässt sich ein Schluss ableiten: Wer gerne grob austeilt, bekommt es auch hart zurück. So hat Spitzenreiter Brandner Gesundheitsminister Lauterbach als „Impflamist“ oder „Lügner“ tituliert. Sein Account ist voll mit Ausdrücken wie „Nervensäge“ oder „Coronahysteriker“, die er quasi im Vorübergehen austeilt. Der Inhaber von Platz zwei, Ralf Stegner ist derart für seine Ausfälle bekannt, dass ihm seine politischen Gegner von der Rechten den Spitznamen „Pöbel-Ralle“ verpasst haben. Ihr eigenes Auftreten rechtfertigt keine Beleidigungen gegenüber ihnen; diese sind immer abzulehnen – aber ihr Auftreten erklärt, warum eher sie es sind, die selbst zum Opfer werden.

Wobei das Portal nicht nur die Beleidigungen gezählt hat, sondern sie auch in Relation zur Anzahl der erhaltenen Nachrichten gestellt hat. Spitzenreiter Brandner kommt demnach auf 3634 an ihn gerichtete Tweets, die eine Beleidigung enthalten – bei insgesamt 108.802 an ihn gerichtete Tweets. Das entspricht einer Quote von 3,3 Prozent. Demnach enthielt jede 30. Nachricht an Brandner eine Beleidigung. Stegner und Ziemiak kamen auf Quoten von 2,2 Prozent, Lauterbach nur auf 1,4 Prozent.

Nimmt man nicht die Gesamtzahl der Beleidigungen, sondern die Relation als Maßstab, dann ist es eine Frau, die laut Betrugstest am häufigsten beleidigt wird: Beatrix von Storch (AfD) mit einem Wert von 3,5 Prozent. Auf Platz zwei liegt dann Malte Kaufmann mit 3,4 Prozent, er ist ebenfalls von der AfD.

Den höchsten Wert als Vertreter einer anderen Partei hat der Sozialdemokrat Helge Lindh mit 3,2 Prozent. Der Bundestagsabgeordnete ist einer neutralen Masse offensichtlich nicht bekannt. Die Pöbler auf Twitter kennen ihn aber scheinbar besser, auch weil Lindh gerne selbst austeilt. So beleidigte er den ehemaligen Chef des Verfassungsschutzes Hans-Georg Maaßen als dessen „Totengräber“.

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