Tichys Einblick
Plauderstunde

Bei Maischberger: Öffentlich-rechtliches Fernsehen am Tiefpunkt

Ja, Franziska Giffey wollte mal Lehrerin werden, ja, sie ist in Frankfurt/Oder geboren und hat vom ersten Westgeld mit elf Jahren bei Karstadt am Hermannsplatz ein Radio gekauft .. ehrlich, mehr Loriot gab es nicht einmal bei Loriot selbst.

Screenprint: ARD/Maischberger

Klar, Humor sollte man schon mitbringen, wenn auf der politisch korrekt kontaminierten Hühnerstange in dieser Ausgabe von Maischberger jetzt schon zwei Spiegel-Journalisten Platz nehmen darf. Melanie Amann bewirbt sich mittlerweile gefühlt zum 1001. Male als Anstandswauwau des staatlichen Rundfunks. Jan Fleischhauer ist der frühere „Schwarze Kanal“-Autor beim Spiegel,  mittlerweile bei Focus. Gefühlt hat er dort nicht so viel Spaß, einfach weil der Kontrast der Vernunft zur Unvernunft nicht gar so ausgeprägt ist.

Eingeladen sind heute der ehemalige Thüringer Westimportministerpräsident Bernhard Vogel (CDU) und die aus der DDR stammende Bundesfamilienministerin Franziska Giffey. Achso, die Bloggerin Eva Schulz sitzt auch noch bei Fleischhauer und Amann. Letztere könnte einem unter anderen Umständen fast ein bisschen leid tun, wenn Maischberger die junge Journalistin Schulz eben als das vorstellt: jung und kompetent in Fragen für junge Leute, wie sich die Moderatorin ausdrückt.

Es kommt Bundesfamilienministerin (Dr.) Franziska Giffey, die ist u.a. die Herrin über die Töpfe mit den hunderten von Millionen Euro für die regierungstreuen Nichtregierungsorganisationen, für die Macht der Straße, für die bezahlten Demonstrationen, die gemieteten Busse und die Plakafarben für die bunten Plakate.

„Ich war immer ein wissbegieriger Mensch der gerne gelernt hat …“ Das ist doch alles nicht zum aushalten. Fräulein Rottenmeier mit zurückerobertem Doktortitel auf dem hässlichen Drehhocker bei Maischberger und die fängt auch noch ausgerechnet mit dem ehemals umstrittenen Doktortitel an, was bei Frau Ministerin nicht so gut ankommt. Da ist die Stimmung gleich mal ein wenig verhagelt. Warum wir uns hier mit so Äußerlichkeiten aufhalten dürfen/müssen ohne dass das unhöflich oder despektierlich ist? Weil Giffey diese Richtung vorgibt, wenn sie beispielweise kokettiert: „Sie hören ja, dass ich ein zartes Stimmchen habe …“ Ja, das hören wir und es wird auch nicht besser, aber es ist lange nicht das Schlimmste.

Lauschen wir mit einem Ohr noch ein bisschen bis zu Bernhard Vogel mit der berechtigt kritischen Frage, was der Politpensionär noch beitragen könnte, diesen völlig verhagelten TV-Abend zu drehen. Ja, sie wollte mal Lehrerin werden, ja, sie ist in Frankfurt/Oder geboren und hat vom ersten Westgeld mit elf Jahren bei Karstadt am Hermannsplatz ein Radio gekauft … ehrlich, mehr Loriot gab es auch bei von Bülow nicht, als der noch seine Späße auf Erden machte. Melanie Amann lächelt verzückt dazu. Aber warum bloß? Weil es nicht weh tut? Nein, das ist nicht einmal mehr Boulevard, liebe Frau Maischberger. Jene Sandra Maischberger, die sich zuletzt an Bodo Ramelow ihre Lorbeeren einmal dann doch verdient hat, darf, nein muss man sich angesichts dieser totalen Verplauderung erinnern.

Es wird AfD gewählt, wo der letzte Bus weg ist, erfahren wir von Giffey, die die Teilhabe am Wohlstand für das beste Mittel gegen AfD hält. Dabei ist es doch die Teilhabe der Neubürger am Wohlstand, welche die AfD so stark macht – ja, man kann sich hier leider nur humoristisch annähern. Dazu trägt sicher auch dieses „zarte Stimmchen“ bei, das nicht nur zart ist, sondern auch eine schwer erträgliche Modulation und Farbe hat. Regionalkolorit oder doch eher was Soziologisches? Auch das am Ende egal.

Noch egaler, dass die DDR-Sozialisierte mit dem Karstadt-Kinderradio engagiert ein paar antifaschistische Lehrsätze aufsagen will und dabei sogar Kraft ins Stimmchen legen kann. Weil sie auf einmal so eine innere Klarheit spürt? Doch, doch: Maischberger kann manchmal sehr sympathisch wirken im direkten Vergleich. Das war schon bei Ramelow die Grundstimmung. Der Zuschauer im Stockholmsyndrom mit Maischberger – ist das nicht herrlich und wenig zugleich?

Giffey hat noch ein paar Ideen, was man für die Familien tun kann, sagt sie. Aber welche meint sie? Jene, die längst keine Kinder mehr bekommen wollen oder die, die fleißig gebären? Ein Familienministerium muss sich seine Familien importieren, weil es im eigentlichen Zuständigkeitsbereich bald keine eigenen mehr gibt?

Franziska Giffey will auch noch Berliner SPD-Chefin werden. Sie will „eine Stadt für alle“ gestalten. Eine Stadt, „in der Menschen auch ohne Auto überall hinkommen.“ Und Giffey möchte einmal „Mäuschen“ bei Amann „in der Redaktionskonferenz“ spielen. Sagt sie wirklich.

Es ist alles so furchtbar. „Ich gebe sehr viel für diese Aufgabe die ich mache, für dieses Land.“ Hinter diesem ganzen Nichts lauert – und das ist ein weiterer verstörender Moment des späten Abends – lauert auch eine merkwürdige Kälte bei Giffey im fortlaufendem Gespräch. Frösteln ohne Tiefgang. Oder gerade deswegen?

„Wir haben sehr viele erfolgreiche Integrationsgeschichten in Deutschland.“, sagt die Ministerin. „Absolut“, antwortet Maischberger und vergisst nachzufragen, was denn mit jenen ist, die nicht so erfolgreich verlaufen. Fallen ihr wirklich ad hoc keine ein? Und flups ist der Drops gelutscht und es geht wieder hinüber an den Journalistentresen mit der journalistischen Starbesetzung.

Eines vielleicht doch noch: Melanie Amann ist so frei, angesichts der gerade verhafteten terrorverdächtigen Rechtsradikalen darauf zu verweisen, wie wenig verhältnismäßig es doch gewesen sei, sich beispielsweise die linke Gewalt in Leipzig-Connewitz genauer anzuschauen. Nein, das muss man nicht weiter kommentieren. Da dürfen beispielsweise gerne die verletzten Polizisten, ihre Angehörigen und die entnervten Anwohnern ihr hoffentlich scharfes Wort an Frau Amann richten. Herrje, wie schafft man es bloß, so etwas zusammenzubringen, ohne mit der Wimper zu zucken? Schäbig ist hier ein noch zu harmloser Begriff für so eine politische Verrohung – für so eine gefährliche Unbedarftheit.

Also dann Bernhard Vogel als ehemaliger Ministerpräsident von Thüringen (1992-2002). Was kann der ältere Herr nun erzählen, das dieses völlige Fernsehdesaster drehen könnte? „Ich empfehle für Thüringen das Wiener Modell.“ Also die Fachleutebesetzung der vakanten Pöstchen, bis wieder Berufspolitiker gewählt sind. Na ja. Man solle sich nach Männern und Frauen umhören, die allgemein anerkannt sind. Ach ja. Vogel will Neuwahlen, „wenn die Wellen ein wenig geglättet sind.“ Klar, da spricht der CDU-Mann aus Sorge um die Pöstchen. Hilfe.

„Es muss dieses Land, das übrigens nebenbei bemerkt hervorrragend dasteht vor lauter Diskussion über die erschreckenden Ereignisse …“ Will man solche Sätze wirklich zu Ende hören? Und von welchen Schrecken spricht Vogel? Man dürfe nicht vergessen, das Thüringen sich unter den neuen Ländern wahrlich sehen lassen kann. Puhh … „Thüringen geht es gut. Sehr gut sogar.“

Ja, so gut offensichtlich, dass fast jeder vierte Thüringer die AfD favorisiert. Vogel will nicht, dass in zu schnell herbeigeführten Wahlen die Extreme rechts und links weiter wachsen. „Für mich gilt der Satz: Erst das Land und dann die Partei.“ Ähm, hatten wir schon um Hilfe gerufen? Hilfe. Wir schalten aus. Vorzeitig. Aber lange nicht mehr rechtzeitig. Eine öffentlich-rechtliche Unverschämtheit mit Beteiligung von (noch) privaten Medienvertretern.

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