Tichys Einblick
Russland und Nuhrs Witze über Ricarda Lang

Bei Maischberger: Kasparow sah Putins Kriegs-Schachzüge voraus

Bei Maischberger erzählen die Gäste vom Krieg. Beklemmend ist es, doch ein Erkenntnisgewinn bleibt wie so oft aus; mehr als Spekulation können sie auch nicht bieten. Dieter Nuhr muss Maischberger einen Witz erklären: Dass auch über Grüne gelacht werden darf, ist diese nicht gewohnt. Von Fabian Kramer

Screenshot ARD / Maischberger

Mit Schachgroßmeister Garri Kasparow und Thomas Roth wartet die Sendung mit zwei Russlandkennern auf, die schärfste Putin-Exegese betreiben. Roth war lange Jahre Leiter des Moskaustudios der ARD und ist mit Russland auch familiär verbunden. „Ich liebe meine Frau“, antwortet er auf die Frage der Moderatorin zu seinem Verhältnis zu Russland. Russland, das ist für ihn nicht Putin: Die Russen sind kein verführtes, sondern ein unterdrücktes Volk, dessen Versuche der Demokratie er in den 90er Jahren beobachten durfte, bis Putin diese Versuche zunichte machte. Der Schachgroßmeister Kasparow ist aus Kroatien zugeschaltet. Hierher ist er schon vor Jahren geflohen, denn in der Heimat droht ihm als erklärtem Oppositionellen Haft und Repression.

Eine blutlose Fahne für Russland

Im Hintergrund seiner Videoaufnahme lässt Kasparow die blau-gelbe Fahne der Ukraine und eine weiß-blau-weiße Trikolore fliegen. Letztere erklärt er zur Flagge der russischen Opposition. Die Fahne ist angelehnt an die bestehende weiß-blau-rote Fahne Russlands, doch ohne das symbolische Blutrot. Blut, erklärt Kasparow, ist in Russland genug vergossen worden. Im Ukrainekrieg wünscht sich Kasparow, dass sein eigenes Land niedergerungen wird. Denn ein siegreiches Russland ist eines, in dem Putin seine Macht weiter ausbauen kann. Kasparow hat an diesem Abend die verbale Bazooka mitgebracht. Er feuert eine ganze Salve an Putin-Kritik ab.

Dabei bezichtigen die harmloseren Vorwürfe Putin der Lüge, die ganz herben gehen in Richtung Hitler und Genozid. Er bittet noch um Entschuldigung, denn er wisse, dass man in Deutschland Nazi-Vergleiche nicht möge, doch ein passenderer sei ihm nicht eingefallen. Da kennt er die deutschen Gepflogenheiten der politischen Auseinandersetzung wohl nicht so gut. Es ist eine kleine Diskussion: Statt über Krieg, Frieden und Feldzüge, sprechen zwei Männer, die eine erkennbare Liebe zu Russland haben, über dieses Land. Eine Lösung können sie nicht formulieren, nur die Hoffnung, dass man eines Tages seine Freunde am Ufer der Moskwa wiedersehen kann. So zumindest formuliert es Thomas Roth.

Man kann seine Meinung sogar ändern

Gegen Ende der Sendung kommt Dieter Nuhr zum Einzelinterview in die Sendung. Der Kabarettist ist bekannt für seine lässig, joviale Art und macht, in luftige Lederkluft gekleidet, diesem Umstand erstmal alle Ehre. Maischberger will wissen: Wie wurde der umstrittenste Kabarettist des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sozialisiert? Nuhr ist nicht als linker Öko auf die Welt gekommen, sieh an, sieh an. Hätte man bei seinem Programm auch nicht erwartet. Ihn nervt apokalyptisches Gefasel und die Klimaheilige Greta mit ihren falschen Weltuntergangsvorhersagen.

Die Thematik der schweren, tristen Themen zieht sich weiter wie ein roter Faden durch den Abend. Die Moderatorin will wissen, warum er einen Brief an den Bundeskanzler unterzeichnet hat, um für Verhandlungen im Ukrainekonflikt zu werben. Es ist für Maischberger unverständlich, dass ein Mensch wie Dieter Nuhr in der Situation der ersten Unsicherheit des Krieges sich erst gegen Waffenlieferungen aussprechen kann – und dieselben Lieferungen ein Jahr später unterstützt.

Maischbergers selektive Kurzsichtigkeit

Nuhr will seine Meinung im Angesicht der russischen Verbrechen in der Ukraine geändert haben, doch der öffentliche Druck könnte auch seine Rolle gespielt haben. Ein Druck, den er auch mit Hinblick auf den Druck auf Corona-Kritiker beklagt. Doch ohne Stilkritik am Komiker kommt auch Maischberger nicht aus. Warum er denn Witze über die Grüne Ricarda Lang und ihr Gewicht mache, will sie wissen. Woraufhin Nuhr sich die Zeit nehmen muss zu erklären, was komisch daran ist, wenn Ricarda Lang die Bevölkerung über gesunde Ernährung belehren möchte. Eine anstrengende Minute, die die selektive Kurzsichtigkeit Maischbergers perfekt darstellt.

Zarte Habeckkritik und wenig Demut

Den Rahmen der Maischberger-Sendung bildet wie immer ein kommentierendes Trio aus Journalisten, das sich zum Allerlei des Weltgeschehens äußern soll. Cherno Jobatey, Kerstin Palzer und Wolfram Weimer sprechen über den Besuch Putins in den besetzten Gebieten von Mariupol, über Wärmepumpenpflicht und Klimawandel. Eine substanzlose Diskussion, doch eines fällt auf: die ungewöhnlich große Kritik des Panels an den Wärmepumpenplänen Habecks. Zu viel, zu früh, zu unüberlegt: ist die Kritik. Sanfte Kritik, an einem Gesetz, das Existenzen bedroht; aber eben doch Kritik.

Es zeigt sich daran wieder: Habeck hat sich übernommen. Einen grundlegenden Fehler will man im Panel am Gesetz aber doch nicht ausmachen, nur in der Ausgestaltung. Wie immer heißt es, man müsse die Bürger „besser mitnehmen“, auch als Journalisten, um die Welt zu retten. Demut, findet sich hier keine.

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