Tichys Einblick
Ein Hellseher sagt uns, wo die Reise hingeht

Bei Maischberger: „Das Bundeskanzler“ hatte immer Recht

Bei Maischberger haben wir endlich jemanden, der uns die Zukunft vorhersagen kann, er hat ganz tolle Computermodelle. Ganz am Rande wird auch der Gipfel der Genderdebatte erreicht: nämlich ob es lieber Bundeskanzler*in oder "Das Bundeskanzler" heißen soll.

Screenshot ARD: Maischberger - Die Woche

Bei Maischberger diskutieren zwei Ober Gender-Gouvernanten ums bessere Gendern. Ich will Sie gar nicht lange damit belästigen, nur eines in aller Kürze. Die eine ist dafür, dass wir „Bundeskanzler*in” sagen, die andere macht kurz echte, gute Opposition dagegen, sagt dann aber, was die in ihren Augen „Ideale Lösung“ wäre: das generische Maskulinum mit einem neutralen Artikel, etwa wie „das Bundeskanzler“ (kein Scherz, hat sie so gesagt). Das ist der Stand der Debatte im Öffentlich-Rechtlichen Fernsehen. Oder wäre vielleicht die Bundeskanzlernde besser? Usus ist jedenfalls, dass das mit den Frauen am besten in der DDR funktioniert hat, da haben ja schließlich alle gearbeitet, hier haben wir Gender Pay Gap und so. Erde an ARD-Redaktion, 30.000 Meilen jenseits von Gut und Böse: Ach, ist ja auch egal.

Im Hauptteil der Sendung geht es dann um Corona, natürlich. Und es ist ja wirklich eine Kunst – das muss man ihnen lassen – wie man bei ARD und ZDF jede Woche ein neues Ass aus dem Ärmel zieht. Nachdem sich Melanie Brinkmann, als ganz heller, neuer Stern am Himmel der Virality-Stars langsam abgenutzt hat, hat man nun ein neues, gänzlich unbeschriebenes Blatt eingeladen. Thorsten Lehr, Professor für Klinische Pharmazie, und Erfinder von „CoSim“ einem Computerprogramm, mit dem man angeblich die Corona-Zahlen der Zukunft vorhersagen kann. Lehr ist der Messias, der Magier der Sendung. Keine Minute vergeht, in der Maischberger nicht betont, dass Lehr ja „mit den Prognosen bisher immer recht behalten hat“ – dann schiebt sie meist noch das obligatorische „leider“ hinterher.

Von „Bürger und Bürgerinnen“ zu „Bürger*innen
Gendern ohne Ende?
Der Mann, der in die Zukunft sehen kann – endlich. Darauf haben wir gewartet. Doch statt ein Kaninchen aus seiner Westentasche zu ziehen, zeigt uns der Professor eine von ihm entwickelte Grafik der zukünftigen Infektionen, die natürlich nur eine Richtung kennt: Nach oben. Die Mutante und „Lockdownmüdigkeit“ kämen jetzt zusammen. Mit hartem Lockdown kommen wir laut Grafik im April ungefähr da raus, wo wir beim Höchststand der letzten Welle waren, und im Fall von 20% mehr Kontakten – da geht die Kurve einfach durch die Decke. Kein Scherz jetzt, die Kurve verschwindet einfach am oberen Bildrand auf ihrem Weg in die unendlichen Weiten der Infektionsketten.

Man wartet darauf, dass der Mann nach der Lebenslinie von Frau Maischberger tastet und ihr die Zukunft vorhersagt. „Ich spüre… Sie werden sich alle Ihre Träume erfüllen, wenn sie nur fest daran glauben“. So läuft das Business eben. Wenn man immer sagt „die Kurve geht nach oben, die Kurve geht nach oben“ hat man irgendwann eben recht. Und dann gilt man als Experte fürs Fernsehen und bietet eine neue Rechtfertigung für das Bundeskanzleramt. Denn mit Lehr hatte ja auch die Bundeskanzlerin dann immer recht, sie gab schließlich die gleichen Prognosen ab. Ganz ohne „CoSim“, genial.

Lockerungen sind jetzt jedenfalls ganz, ganz schlecht, da käme alles zusammen. Impfungen ändern nichts, schließlich ist die Gefahr auch groß, dass bei hohen Infektionen das Virus zur Resistenz mutiert – ach, ja das ist jetzt interessant. Alle Geschütze werden aufgefahren, Post-Covid-Syndrom, Schnelltests können nichts entscheidend verändern. „Die Kurve wird so oder so durch die Decke gehen“.

Maischberger sagt: „Das ist der Mann, der uns sagt, wohin die Pandemie geht“. Ich bin beeindruckt, das war eine Show reif für den Zirkus.

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