Tichys Einblick
Intensiv?

Bei illner intensiv: Politik als Quiz – Ihr Partei-Programm in 20 Sekunden

Illner fragt, zwei mal drei Politiker antworten – wie bei der Kolloquiumsprüfung nach Bologna. Am Ende kriegen alle ihren Schein, Illner ist mit sich zufrieden – und uns graust vor der Zeit nach der Wahl.

Screenprint: ZDF/illner intensiv

Sollte es zu einer Fortsetzung der GroKo kommen, dürfte die Lage in Deutschland weiter eskalieren. Denn bei der Frage „Flucht, Einwanderung, Integration – wer hat ein Konzept?“ kam raus: irgendwie keiner (illner intensiv). Die beiden Koalitions-Vertreter Herrmann, CSU, und Özoguz (sprich Krösus ohne „Kr“), SPD, lügen sich weiterhin gekonnt in die Tasche. Obergrenze, aber ja, aber nein, „Fluchtursachen begrenzen“ (Frau Ö.), obwohl der größte Teil der Hereinströmenden nicht flieht, sondern, wie sie anscheinend doch weiß „aus Armut“ kommt. Was ein Hohn für manchen Rentner, der im zweiten Teil der Sendung thematisiert wurde, dessen Armut kein anderes Land der Welt lindert.

Die Kakophonie der Regierungsvertreter wurde durch Herrmanns Hinweis an Frau Özoguz beendet, es möge bitte einer nach dem anderen reden, „das hat sich in Europa so bewährt.“ Hätte das jemand anderer gesagt. Herrmann behauptet, nun würden unsere Grenzen geschützt (allein uns fehlt der Glaube), außerdem habe der EuGH geurteilt, dass Merkel, und damit Gabriel, Steinm… und Seehofer alles richtig gemacht hätten (illner intensiv).

Joachim Herrmann ist Jurist, sein Vater war sogar ordentlicher Professor für Rechtsgeschichte, aber dennoch behauptet er – ungeniert – der EuGH habe Merkel reingewaschen? Zitieren wir mal aus der FAZ:

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in einem Grundsatz-Urteil die geltenden EU-Asylregeln bestätigt, wonach das Land, in dem ein Flüchtling zuerst EU-Boden betritt, für dessen Asylverfahren zuständig ist. …Dem stehe nicht entgegen, dass EU-Staaten sich freiwillig für aufgenommene Flüchtlinge zuständig erklären dürften.

Mit anderen Worten: Die freie Fahrt in Deutschlands Sozialsysteme deckt sich eindeutig nicht mit geltendem EU-Recht. Aber wenn Frau Merkel die Leute unbedingt zu sich einladen will, hat das EuGH nichts dagegen. Ist ja schließlich unser Geld. Und in Deutschland Merkels Justiz.

Bei den Zweien von der Zankstelle hatte Christian Lindner leichtes Spiel. Er dröselte noch mal auf, was sonst in einen Topf geworfen wird: Wir unterscheiden Asylanten, die ein individuelles Anerkennungs-Verfahren erwartet, Flüchtlinge, die als Gruppe zeitlich begrenzten Schutz erfahren und im Friedensfall zurück müssen. Und Zuwanderer, die wir uns nach Qualifikation aussuchen. Warum die dann fast alle im selben Eintopf mit Bleibegarantie landen, wusste er auch nicht.

Herrmann sprach von 2.000 Abschiebungen (ein noch schlechterer Witz als die mit „Humor“ beschrifteten ZDF-Einspielfilmchen). Lindner will, dass die Maghreb-Staaten, in denen Deutsche Urlaub machen, auf die Liste sicherer Herkunftsländer kommt. Leider sagte keiner, wo geschrieben steht, dass die Regierungsparteien sich von einer grünen, um die zehn Prozent-Partei am Nasenring durch die Manege ziehen lassen müssen, die das verhindert (illner intensiv).

Dann noch ein wenig sozialdemokratische Volkswirtschaftslehre: Mit den 25 Milliarden Euro, die die ungesteuerte Zuwanderung pro Jahr so ungefähr kostet, wird „manches angekurbelt“. Eine Null-Summen-Rechnung liegt dann vor, wenn SPD-Nullen zusammen etwas rechnen.

Das Schlimmste zum Schluss: In 20 Sekunden (illner intensiv) sollte jeder erklären, was ihm vom Thema am Wichtigsten ist. Zeit läuft. Alle, auch Lindner(!), wollen einen Marshall-Plan für Afrika.

Nächstes Thema, neue Gäste. Manu Schwesig war da. Die hätte bestimmt zum Bildungsprogramm ihrer Partei einiges aufklären können. Mit der Anmeldung ihres Sohnes auf einer Privatschule – wer schickt seine Kleinen schon freiwillig auf eine sozialdemokratische Experimentieranstalt – zeigt sie da gewisse Kompetenzen. Aber nein, zu „ Angst vor Armut und Krankheit – wer schützt uns im Alter?“ sollte sie was sagen. Na gut, kein Problem: Steuern rauf, Beiträge rauf, alle zahlen mit ein.

Karl-Josef Laumann (CDU), der sich aus kleinen Verhältnissen hoch gearbeitet hat, war der Kompetenteste der Runde. Er zeigte auf, dass nur 3% der Rentner in die Grundsicherung müssten. Da die eine Hälfte davon Selbstständige seien, die nicht vorgesorgt hatten, will auch er eine Beitragspflicht für Freiberufler. Ansonsten hätte er es am liebsten, wenn Manu & Genossen ihre Finger von der Rente ließen.

Schwesig glich mangelndes Know-How durch persönliche Erfahrungen aus („Mich hat gerade jemand in Erfurt angesprochen…“, „Mir hat gerade eine Rentnerin geschrieben…“), wie wir es auch von Martin Schulz gut kennen (illner intensiv). Zu Manus Ehrenrettung wollen wir zugeben, dass die Rente ein verzwicktes Thema ist, das besser Fachleuten vorbehalten bleiben sollte (also nicht unbedingt Leuten wie Walter Riester, die erst ein heilloses Durcheinander anrichten, und danach damit auch noch Millionen bei der Versicherungsindustrie kassieren). Die Riester-Rente verteidigte Laumann trotzdem noch lau. „Da hat die Versicherungsindustrie nicht gehalten, was abgesprochen war.“

Dann wollten wir natürlich über Alice Weidel reden, die aber abgesagt hatte. Dabei hätte sie sich bei dem Ton der heutigen Sendung nicht beschweren können (illner intensiv). Stattdessen wurde dafür André Poggenburg, AfD-Chef Sachsen-Anhalt, mit Samthandschuhen angefasst, obschon ein Blick in die Archive an seiner wirtschaftlichen Kompetenz durchaus Fragen aufwirft. Poggenburg war wohl selber überrascht, dass härtere Bandagen zur Verteidigung unsachlicher Angriffe nicht nötig waren. Er schlug sich wacker in einem Themenfeld, das seines nicht war, und bei der sich auch die AfD „noch in der Diskussionsphase befindet“. Ausreichend Rente nach 45 Berufsjahren stehen im Raum. Und irgendwie sei er, „so weh das auch tut“, beim Thema Rente näher bei der SPD. Nur bei der Rentenfinanzierung nicht. Die solle über Steuern und das Abstellen teurer „Gesellschaftsexperimente“ gesichert werden.

Bei Poggenburgs Aussage, die AfD sei „die neue Partei der sozialen Gerechtigkeit“, dürfte Pflicht-Zuschauer Martin Schulz Schnappatmung bekommen haben. Manus Mantra, tausendmal wiederholt, gefiel ihm bestimmt besser: „Die SPD ist die einzige Partei, die ein richtiges Konzept hat.“. Und irgendwo kommt in dem Konzept alles drin vor. Auch die Frau an sich.