Tichys Einblick
Gegen eine grüne Front

Bei Caren Miosga wird die Grüne zum Opfer und Söder zum Sündenbock

Eine grüne Front bei Caren Miosga macht Markus Söder zum Sündenbock für einige Angriffe auf Grüne Politiker. Söder solle die Grünen auf „besonnenere“ Weise kritisieren: Ohne sie mit Mist, Honecker oder seinem Hund zu vergleichen.

Screenprint ARD / Caren Miosga

Markus Söder wird bei Caren Miosga die Schuld dafür in die Schuhe geschoben, dass zunehmend mehr Bürger die Grünen und deren Politik ablehnen. Die Leute würden zunehmend aggressiver gegen die Grünen. Grund dafür ist für Miosga und ihre grüne Front in der Sendung allerdings nicht die Politik der Grünen, die Söder als „unglücklich“ und „willkürlich“ beschreibt. Nein: Söder und seine Aussagen sorgten dafür, dass Politiker der Grünen im Vergleich zu sämtlichen anderen Parteiangehörigen am meisten angegriffen werden:

Im letzten Jahr habe es 1.200 Angriffe gegen Grüne gegeben, zitiert Miosga aus einer Statistik. Dabei seien ebenfalls Ehrenamtliche betroffen gewesen. Als Beispiel wird in der Sendung ein Video von einem Protest in Hirschaid, einer Gemeinde in Bayern, gezeigt. Dort haben 300 Bürger bei einer Grünen-Veranstaltung demonstriert und die Politiker beleidigt, sodass die Polizei eingreifen musste. Thomas Ochs und Tim-Luca Rosenheimer nahmen an dieser Grünen-Veranstaltung teil. Die engagieren sich nach eigenen Aussagen aber bloß „ehrenamtlich“ bei den Grünen und „erwarten“ daher von Söder, sich als bayerischer Ministerpräsident „bedingungslos hinter Ehrenamtliche zu stellen, statt Stimmung gegen die Grünen zu machen.“ Das versteht Söder nicht so ganz: Er schütze die ehrenamtlichen Grünen mit dem Staat, aber müsse ja nicht deren Position teilen, meint er.

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Derzeit stellt sich Söder mit seinen Aussagen gegen die Grünen: „Wer mit den Grünen koaliert, verliert“ und „die Grünen sollten nicht verlängert werden“, sagt er zum Beispiel in der Sendung. Beim Aschermittwoch am 14. Februar verglich er Ricarda Lang (Grüne) und Kevin Kühnert (SPD) mit seiner Hündin Molly. Im Gegensatz zu den beiden Ampelpolitikern habe Molly nämlich eine abgeschlossene Ausbildung als Schutzhund. Der Aschermittwoch hat Tradition, vor allem für die CSU: Bei diesem Event geht es seit mehr als einhundert Jahren darum, dem politischen Gegner die Meinung zu geigen. Aber aus Sicht der links-grünen Front in Miosgas Studio ist Söder mit seiner Rede zu weit gegangen.

Diese Front besteht neben Caren Miosga aus der Politikwissenschaftlerin Julia Reuschenbach und der Zeit-Journalistin Mariam Lau. Reuschenbach sagt, dass Söder mit seinen Aussagen denjenigen in die Karten spiele, „die es nicht gut meinen“: Indem Söder den Grünen zum Beispiel „Zwangsveganismus“ vorwerfe, stimme er bei einer „Polarisierung“ ein, die Feindbilder gegen die Grünen erschaffe. Söder legitimiere mit solchen Aussagen Hass und Gewalt gegen Grüne. Lau ergänzt: „Man redet eine Notwehrsituation herbei.“ Aber Söder bezweifelt, dass die Grüne dadurch unbeliebter wird, dass er sie kritisiert. Die Grüne solle sich überlegen, ob die Ablehnung gegen ihre Partei vielleicht daran liege, dass sie tatsächlich „schlechte Politik“ mache, empfiehlt er.

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Jedes Mal wenn Söder im Gespräch ausführen möchte, an welchen Stellen die Ampel schlechte Politik macht, unterbricht Miosga den bayerischen Ministerpräsidenten: Beispielsweise, als er beginnt über die schlechte Wirtschaftslage zu sprechen. Oder darüber, dass Deutschland das einzige G7-Land mit einer „ernsthaften Rezession“ ist. Stattdessen stellt Reuschenbach dann ihre „Analysen“ vor: Sie behauptet, dass die Grünen – im Gegensatz zu SPD und FDP – nicht in der Wählergunst verloren hätten. Sie konnten nur ihre zwischenzeitliche „Erstarkung“ nicht halten. Außerdem „analysiert“ sie, dass an den Problemen in Deutschland nicht nur die Ampel mit ihren inneren Konflikten schuld sei. Die Probleme liegen ihren Aussagen nach ebenfalls daran, dass Ampel und Opposition nicht zusammenkommen. Söder wird also erneut zum Sündenbock.

Söder wirkt ganz irritiert über den Inhalt des Gesprächs: Er finde die Argumente der drei Frauen am Tisch „überzogen“ und rät davon ab, eine solche „political correctness“ zu etablieren, bei der man die Grünen nicht mehr kritisieren dürfe. Die Grünen müssten hinnehmen, dass nicht alle deren Meinung seien, findet er. Seine Irritation ist verständlich: Immerhin lautet Miosgas Leitfrage für den Abend: „Wie geht Politik in ernsten Zeiten, Herr Söder?“ Darauf kann er aber kaum antworten. Stattdessen fordern die anderen Gäste immer wieder, er solle auf „Besonnenheit“ setzen. Die Grünen zu kritisieren, sei in Ordnung, finden Lau und Reuschenbach. Aber Söder sei dabei, „die Grünen aus den akzeptablen politischen Regierungsoptionen auszubürgern“, so Lau.

Am Ende gibt sich Söder der Lächerlichkeit geschlagen: Er fordert Lau und Reuschenbach auf, ihm einen „Moralkodex“ zu schreiben, den er dann auswendig lernen werde. Er sieht zum Beispiel ein, dass es „unangebracht“ war, die Abgeordnete Steffi Lemke (Grüne) bei seiner Rede am Aschermittwoch mit der Frau des DDR-Staatsratsvorsitzenden Erich Honecker zu vergleichen. Aber eine Aussage lässt er sich nicht verbieten: „Die Grünen machen so viel Mist, die müssen selbst unter die Düngeverordnung fallen.“

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