Tichys Einblick
Die neue Welt-Unordnung

Bei Anne Will: Wie Heiko Maas die Welt erklären wollte

Natürlich ist Frage der Anne-Will-Sendung ein Witz. „Die neue Welt-Unordnung - muss Deutschland mehr Verantwortung übernehmen?“ Deutschland kann ja nicht mal für sich selber Verantwortung übernehmen.

Screenshot ARD

Natürlich ist Frage der Anne-Will-Sendung ein Witz. „Die neue Welt-Unordnung – muss Deutschland mehr Verantwortung übernehmen?“ Deutschland kann ja nicht mal für sich selber Verantwortung übernehmen.

Da sitzen nun fünf Linke von den Anonymen Außenpolitikern in einem Stuhlkreis und reden über ihre Bedeutungslosigkeit. Ich bin Heiko Maas und will „mal die ganze Wahrheit erzählen“. Hallo Heiko. „Mein Name ist Jürgen Trittin, und ich finde, die Regierung muss mehr sagen als ‘Der Russe ist schuld!‘“ Hallo Jürgen. „Ich bin die Sevim von der Linkspartei und ich finde, dass wir abrüsten müssen in Deutschland.“ Hallo Sevim, schön, dass du da bist. Georg Mascolo von der Recherchekolchose der Gemeinwohlmedien WNS (WDR/NDR/Süddeutsche): „Ich fürchte, ein weiteres Wettrüsten ist nicht ausgeschlossen.“ Willkommen, begrüßte die fünfte Linke im Kreis, Gastgeberin Anne Will, auch ihn.

Den fünften Gast, Constanze Stelzenmüller, mit den Stationen „Zeit“, UNO, und ein paar Think Tanks wird man nach alter Zeitrechnung wohl zu den transatlantischen Konservativen rechnen können, aber nach deren Pirouetten der letzten Jahre ist diese Gruppe von den Linken kaum noch zu unterscheiden.

Man ist also unter sich und lobt zunächst die „gefeierte Rede“ (Will) der Kanzlerin in München auf der Party vom Ischinger. Wirklich! Dabei hatte die Kanzlerin Unsinn von sich gegeben wie diesen: „Wenn diese Autos (sie meint BMW), die in South Carolina gebaut werden, plötzlich eine Bedrohung der nationalen Sicherheit der Vereinigten Staaten sind, dann erschreckt uns das“. Wenn das bei den Gemeinwohlmedien als Realpolitik gilt, was zählt dann bei denen zur Realsatire?

Natürlich predigte Merkel wieder über „Multilateralismus“, dieses „schreckliche Wort“ (Mascolo), aber es wurde den horizontal Herausgeforderten vor den Bildschirmen als anderes Wort für „Kompromiss“ erklärt. War irgendetwas neu bei der Rede?, fragte Will. Nein, so das eindeutige Urteil.

Auch Heiko wollte dann noch den Segen des Multilateralismus erklären, obwohl nationale Alleingänge „vielleicht kurzfristig Vorteile bringen“. Hat er etwa dazugelernt? Nationale Interessen zu vertreten statt die Interessen anderer Länder kann Vorteile bringen? Selbstredend wurde darauf nicht eingegangen.

Stelzenmüllers Beschreibung Merkels bei ihrem Auftritt in München – „erschöpft, gesammelt, konzentriert“ – klang übrigens wie die respektvolle Kritik eines Abschiedskonzerts nach langer Tournee, und damit wollen wir es dann auch belassen.

Unterhaltsam war dann noch das Gefrotzel gegen Maas, der sich eigentlich darauf eingerichtet hatte, den kleinen Superexperten zu geben, dem alle ehrfürchtig zuhören. Trittin zeigte mit Banalitäten wie „Verantwortung übernehmen“ und „europäisch abstützen“, dass das Äußere nicht so sein Fachgebiet ist wie etwa die Energiepolitik

(Berühmtester Satz: „Es bleibt dabei, dass die Förderung erneuerbarer Energien einen durchschnittlichen Haushalt nur rund 1 Euro im Monat kostet – so viel wie eine Kugel Eis“), aber für die Attacke reichte es immer noch. „Die Regierung muss auch mal einen Vorschlag machen, der nicht naiv ist …“ Und Constanze wünschte sich einen Helmut Schmidt zurück und dessen Mittelstreckenraketenpolitik.

Die Mittelstreckenraketen. Gorbi und Ronald Reagan hatten den Abrüstungsvertrag INF geschlossen, die Nato rückte dann bis zur Ukraine vor, die Russen sahen das als Aggression und entwickelten ihre Rakete weiter, was Obama wusste, aber er wollte niemanden beunruhigen und kündigte den INF daher nicht. Dann kam Donald.

Heiko Maas weiß durchaus, dass die Großwetterlage sich geändert hat, auch China ein wesentlicher militärischer Player ist (dafür bekam er Beifall vom Publikum), den er nun eingebunden wünscht – seine neue Architektur – aber den Chinesen ist das so egal wie der sprichwörtliche Sack Reis. Dann glänzte Heiko mit Insiderwissen, die Amis wollten in der BRD nicht nachrüsten (dafür in Polen, das verschwieg er, oder wusste er nicht). Und natürlich brauche die Bundeswehr deutlich mehr Geld, „weil derzeit die Flugzeuge nicht fliegen, die Fahrzeuge nicht fahren und die Schiffe nicht schwimmen, trotz der ganzen ‘Friedensmissionen‘“.

Trittin warf Heiko dann die „hässliche Seite“ seiner Außenpolitik vor, die Waffenexporte nach Saudi-Arabien, für eine Milliarde habe Deutschland Waffen in den Jemen-Krieg hineingeliefert. Heiko, in sozialdemokratischen Zahlentricks nicht nur zur Migration bewandert, sprach von 20% Rückgang bei den Exporten (die nun halt über Frankreich laufen).

Man müsse sich fragen, wofür Europa überhaupt gebraucht werde, sinnierte Constanze. Nun, für Belehrungen wohl kaum. Als Absatzmarkt und Lieferant wohl noch eine Weile. Und natürlich zum Aufräumen, wo die Großen gewütet haben.

Für eine Vermittlerrolle zwischen China, den USA und Russland fehlen uns leider die Köpfe. Und auch sonst alles.


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