Tagsüber zauberte der Herrgott einen herrlichen Herbsttag übers Land – die Sonne strahlte wie bestellt an Roland Tichys Geburtstag –, Raucher freuten sich über die letzten Möglichkeiten im Biergarten zum Hefeweizen ein Zigarettchen anzuzünden, über das Mobiltelefon flimmerten zwischendurch die neuesten Nachrichten über Gottschalks Mühle in Malibu (abgebrannt), Ribérys Zusammentreffen mit TV-Experten (handgreiflich?) und Horst Seehofers Rücktritt (im nächsten Jahr).
Aber es gibt kein ungetrübtes Glück, am Abend wartete die Pflicht. Anne Will: journalistische Bemühungen im Ersten. Obwohl wir uns mehrmals während der Sendung bei der Dame unseres Hauses versicherten, dass wirklich nur 55 Minuten Sendezeit vorgesehen waren, kam es uns wie zwei Stunden vor. Natürlich war von Anfang an klar, dass das eine schreckliche Sendung würde. „Der Machtverlust – gelingt den Volksparteien ein Neuanfang?“ SPD und Volkspartei – was für ein Quatsch! Die Genossen liegen bei 15 Prozent.
Bevor wir zu den anderen Gästen kommen, für schnelle Leser die Quintessenz der Sendung in wenigen Worten aus dem Munde von Genossen, die bei Andrea Nahles’ Debatten-Camp der SPD in Berlin aufgenommen wurden.
Wofür steht die SPD, wurden Camp-Teilnehmer gefragt. Die Antworten in gegebener Reihenfolge: „Für nix.“ „Für Freiheit + Frieden + Frauen.“ „Für Soziale Gerechtigkeit, wenn man dieses blöde Wort noch verwenden darf.“ „Für Bildung.“ Das war wahrscheinlich lustiger als die heute-Show, obwohl wir das nicht beurteilen können.
Christoph Schwennicke von „Cicero“ berichtete von einem traumatischen Morgenerlebnis, als er im Radio einen Genossen Miersch in empathischen Worten leidenschaftlich über ein Thema parlieren hörte, und erst später erstaunt vernahm, worum es ging: Ob Ferkel bei der Kastration betäubt werden sollten. Zwar waren alle auf der Seite der Ferkel, aber bis auf Andrea begriffen sie gleichwohl, was Schwennicke sagen wollte: Die SPD habe eine eher suizidal gestimmte Funktionärselite, die keinen Kontakt mehr zu den Bürgern und deren Sorgen habe.
Nahles durfte dann endlos referieren, was sie alles plant: Totalsanierung des Sozialstaats, Alle in die Rentenversicherung. Ende der Zwei-Klassenmedizin. Hartz 4 weg. Plus jede Menge Visionen auf Debatten-Camps. Eine unhöfliche Kamera fing dabei Peter ein, der kräftig gähnte. Professorin Münch kann die Tirade zur Bestätigung ihrer These nehmen „Es fehlt den Parteien der Kontakt zum Volk“. „Der Mensch nimmt die Parteien wie Staatsapparate wahr, als verlängerten Arm des Staates.“ Was uns an zwei sozialistische Phasen der deutschen Geschichte erinnert. Einzige Hoffnung: Nahles hat nur 15%. Damit es wieder mehr werden, will sich auch der ÖRR, bei dem viele, viele Genossen dienen, mehr ins Zeug legen. Die ARD plant eine Themenwoche „Gerechtigkeit“. Moderator Martin Schulz?