Tichys Einblick
Vor der Benutzeroberfläche

ARD-Presseclub: Bei Jamaika Privilegierte unter sich

Kristina Dunz meint, dass Jamaika gelingt, weil es muss, Bascha Mika, weil alle Angst vor Neuwahlen haben, Wolfram Weimer wettet auf Scheitern und Markus Feldenkirchen eher auch.

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Markus Feldenkirchen vom Spiegel verdanken die Zuschauer die zutreffende Festellung einer meist bei den Gemeinten selbst übersehenen Tatsache, in der Politik wie in den Medien und beim Rest der Mandarine der Demokratie: Die da bei den Jamaika-Gesprächen zusammensäßen, verträten ja den privilegierten Teil der Bevölkerung. So ist es. Und von diesem Schloss in den Wolken aus bleibt der Blick auf die wirkliche Welt jener, die sich um ihr tägliches Sein kümmern müssen, stets verklärt und unscharf.

Kristina Dunz von der Rheinischen Post hebt einen Satz aus den Jamaika Papers hervor, der trivial klinge, aber etwas Bedeutendes formuliere: „Wir wollen aus unterschiedlichen Auffassungen neue und überzeugende Antworten gewinnen.“ (https://www.tichyseinblick.de/wp-content/uploads/2017/11/2017-11-15_Ergebnis-der-Sondierungsgespraeche.pdf). Passt zu Bascha Mika, Frankfurter Rundschau, die bei den Jamaikanern, vor allem Merkel an der Spitze, „eine große Erzählung“ vermisst, sie sagt es nicht, aber jeder hört es mit: ein Narrativ. Verleger Wolfram Weimer platziert seine Formel für die Schwampel, der er den „Charme eines Winterreifen-Wechsels“ zuschreibt. Es holpert, wenn er diesen Wechsel als „merkwürdig zusammengeschraubt“ bezeichnet. Sprachlich und inhaltlich eindeutig ist, wenn er auf das Zustandekommen von Jamaika im Unterschied zur letzten Woche nicht mehr setzen will.

Schuld daran wäre für die Mehrheit in der Runde Dobrindt, der nach Dunz die Grünen nicht mag und den laut Feldenkirchen „notorischer Grünenhass“ umtreibt. Überhaupt sei die CSU anders als die anderen in einer Sondersituation, weil ihnen Bayern wichtiger sein müsse als die ganze Republik. Die FDP verhandelt nach Weimer härter als die CSU und diese hart und geschickt.

Der Familiennachzug als Symbolthema, an dem sich alles entscheidet, fragt Jörg Schönenborn und alle bejahen. Die zweite interessante Aussage von Feldenkirchen: Die jetzige Asylpraxis, an der sich alles entzündet, ist noch recht jung, gehört gar nicht zur Tradition der Bundesrepublik, sondern war ein Zugeständnis an die Grünen in der Regierung. Die Gesichter sagen es mir, die anderen wissen nicht, wovon er redet. Und so wird auch aus dem zweiten Aha-Punkt nach den Privilegierten keine Belebung der Debatte.

Dann notiere ich eben noch die hübsche Feldenkirchen-Formulierung von der WLAN-Koalition als Jamaika-Zweck. Merke an, dass Dunz meint, Jamaika gelingt, weil es muss, und Mika, weil alle Angst vor Neuwahlen haben, Weimer auf Scheitern wettet und Feldenkirchen eher auch. Das Beste am Pressclub war, dass ich vor der Benutzeroberfläche Bildschirm eine Dreiviertelstunde die Beine hochlegen konnte.