Sie, lieber Leser, werden wohl auch kaum eine Chance gehabt haben, über die neueste Tat des amerikanischen Präsidenten nicht informiert, und über deren schreckliche Wirkung nicht indoktriniert worden zu sein. Donald Trump, dieser Trumpel, hat angekündigt, die amerikanische Botschaft nach Jerusalem zu verlegen. Unerhört! So wird doch der erfolgreiche Friedensprozess zwischen Israelis und Palästinensern untergraben wie durch einen Tunnel der Hisbollah. Und die diplomatischen Erfolge von Carter, Clinton, Obama, Arafat, Abbas, Begin – um nur ganz wenige zu erwähnen – ad absurdum geführt.
Bedauerlicherweise war von den „Aktivisten“ auf unseren Straßen niemand bei Anne Will eingeladen – man fürchtete wohl um den Rest an Gesprächskultur. Abgesehen davon brauchen „wir“ zur Verdammung Donald Trumps noch keine „fremde“ Hilfe. Dafür reichten Außenminister-Azubi Cem Özdemir, Stefan Niemann, für unseren Staatsfunk in Washington, Jean Asselborn, Außenminister von Luxemburg (übrigens der Dienstälteste in der EU, aber das kleine Land hat wohl wenig Auswahl), der Historiker Michael Wolffsohn (bei dem der Hinweis nicht fehlte, er habe seinen Militärdienst in Israel absolviert) sowie die Schriftstellerin Irene Dishe, die wir nicht kannten, die aber wohl gerade in Berlin war (hier kam der Hinweis, ihre Großeltern seien aus Deutschland geflüchtet).
Wolffsohn wies darauf hin, dass auch Merkel 2008 in der Knesset in Westjerusalem gesprochen habe, und verglich das Trumpsche „Anerkennen von Realitäten“ mit Willy Brandts Anerkennungen der Realitäten in der Ostpolitik. Der Vergleich dürfte manch Linkem – beabsichtigt – weh getan haben. Bei all den langen Jahren der Verhandlungen erkannte der Historiker eher „die Erfolglosigkeit als Prinzip“ und sieht in Trump eine Chance. (Huch! Beifall im Saal!) Selbst die Palästinenser hätten mit ihm einen Spatz in der Hand, besser als die Taube auf dem Dach.
Der arme Cem, als immerhin Beinahe-Außenminister zur Weisheit verpflichtet, beschränkte sich auf Friedensaufrufe und mahnte bedeutungsschwanger „gerade wir Deutschen seien wegen unserer Geschichte…“ und so weiter. (Er muss sich doch nicht jeden Geschichts-Schuh anziehen.) Sein Gedanke gegen das Ein-Staat-Modell wegen der Fertilität der Muslime war interessant, führt aber vom Thema weg, weil in einer deutschen Talkshow der palästinensische Knoten wohl nicht durchhauen wird.
Stefan Niemann sorgt sich, Trump könne nach der Botschaftsverlegung „nicht mehr zwischen Israel und Palästina vermitteln“, was der aber wohl gar nicht will, und deshalb seinen Schwiegersohn Kushner hinschickt. Vielleicht hat Irene Dische sogar recht damit, dass der Donald nicht einmal weiß, dass es West- und Ost-Jerusalem gibt.
Wie Asselborn dann auf seine Anekdote einer Wüstenreise kam, auf der er lernte, dass die tonangebenden Sunniten in der arabischen Welt Trump inzwischen als „großen Mann“ ansehen, haben wir vergessen, aber es führt zur Conclusio: Trump wirkt, die EU schwätzt. Und es wird von Tag zu Tag unbegreiflicher, wie man sich die Vereinigten Staaten von Europa wünschen kann.