Tichys Einblick
Nach 16 Jahren

Anne Will gibt ihre Talkshow am Sonntag ab

Anne Will räumt zum Jahresende ihren Stuhl. Die Moderatorin will dann andere Projekte gemeinsam mit dem NDR umsetzen. Welche das sind und wer anstelle von Will die Talkshow am Sonntagabend moderiert, ist offen.

IMAGO / POP-EYE

Diesen Sonntag kehrt Anne Will aus der Winterpause zurück. Das Thema hat die Redaktion noch nicht veröffentlicht. Auf dem Twitter-Account sucht das Team nach einem neuen Redakteur für die Arbeit hinter den Kameras. Doch die Frau vor den Kameras gibt den beliebten Sendeplatz am Sonntag nach dem Tatort Ende des Jahres auf. Das haben der NDR und die Moderatorin an diesem Freitag verkündet. Wer auf sie folgt, ist noch unklar.

Etabliert hatte den Sendeplatz einst Sabine Christiansen, danach folgten Anne Will und Günther Jauch, der Will zwischenzeitlich auf den Mittwoch verdrängte, die dann 2016 auf den Sonntag zurückkehrte. Zu dieser Sendezeit erreichte die ARD zuletzt nach eigenen Angaben 3,6 Millionen Zuschauer im Schnitt – das entspricht einem Marktanteil von 15,1 Prozent. Die Show ist der wichtigste Talk im Fernsehen. Auch die Kanzler Angela Merkel (CDU) und Olaf Scholz (SPD) unterhielten sich schon mit Anne Will.

Die ARD jubelt das Format zu Wills angekündigtem Abschied hoch: „Die sonntäglichen Streitgespräche im Ersten sind Teil der deutschen TV-Geschichte und gelebte Pluralität. Unterschiedliche Positionen helfen dem Publikum bei der Meinungsbildung“, sagt NDR-Intendant Joachim Knuth. Doch Kritiker sprechen gerne von „Fünf Stühle, eine Meinung“: An der Seite von zwei Vertretern der Ampelkoalition sitzen meist ein Experte und ein Journalist, die den Grünen oder der SPD nahestehen. Komplettiert wird die Runde dann von einem Alibi-Christdemokraten – darunter gerne zahnlose Vertreter wie Norbert Röttgen. Die Bedeutung von Sabine Christiansen hat Will nie erreicht. Die hatte wirklich Politik gemacht und die marktwirtschaftlichem Reformen der Nuller-Jahre herbeigeredet.  BDI-Präsident Olaf Henkel war damals Dauergast. Das wäre heute unvorstellbar; Wirtschaft sitzt nur auf der Anklagebank, liberale Reformen sind undenkbar. Unter Will wurde grün die dominante Farbe und die Ampel das Projekt der Wahl. Man soll ja gehen, wenn’s am Schönsten ist. Die unleugbare bittere Realität der Ampel ist eher belastend für ihre Protagonistin.

„Ich habe die Sendung immer außerordentlich gerne gemacht und bin unendlich dankbar für das Vertrauen in meine journalistische Arbeit und den großen Erfolg unserer Sendung“, sagt Will zum Abschied. Sie wolle die Show in diesem Jahr „mit unvermindertem Engagement und großer Freude“ weiterführen, aber ihren Vertrag mit dem NDR nicht verlängern. Sie suche nach „anderen Projekten, neuen Perspektiven“. Welche das sind, lässt sie offen. Sie sei dazu im Gespräch mit dem NDR.

Bei „Hart aber fair“ hat es bereits in diesem Jahr einen Wechsel gegeben. Auf Frank Plasberg folgte Louis Klamroth. Die ARD verlor zuletzt Moderatoren wie Linda Zervakis an die Privatsender, weil sie diesen keine Perspektive bieten konnte. Der Platz von Anne Will ist nun ein Sahnestück und böte sich an, um ein bekanntes Sendergesicht zu halten. Zum Beispiel Tagesthemen-Moderatorin Caren Miosga. Sie folgte bereits auf Anne Will – 2007 bei den Tagesthemen.

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