Tichys Einblick
Dummheit siegt!

„Anne Will“, Donald Trump und eine bayerische Koryphäe

Was am Sonntagabend in der ARD zu sehen und hören war, ist erschütternd. Eine Historikerin der Uni Augsburg leistet sich Unsägliches. Und nur einer in der Runde von Anne Will merkt es. Leider ist es nur ein Beispiel von vielen für den Niedergang der Universitäten und der Medien.

Screenprint: ARD/Anne Will

Dummheit siegt! Oder: Die dümmsten Bauern haben die dicksten Kartoffeln. Der Volksmund kannte Gender noch nicht, doch in diesem Fall ist es wirklich eine Bäuerin. Was sich am gestrigen Sonntagabend nach 21.45 Uhr in der ARD zugetragen hat, ist ein erschütterndes Beispiel für den Niedergang unserer Bildung, unseres Bildungssystems und unserer Medien. Schlimmer gehts nimmer. Aber leider steht der Vorgang pars pro toto. Kein empörender Einzelfall, er steht für die marode Gesamtheit unserer ehemaligen Kultur. Doch noch schlimmer: Es hat kaum jemand etwas gemerkt.

Bei „Anne Will“ diskutierte man natürlich über Trump und seine Corona-Infektion. In der Sendung durften u.a. um die Wette geifern: der Grüne Cem Özdemir und der dort schon seit Jahren am Stuhl festklebende Peter Altmaier – im Hofberichterstattungs-Modus Merkels Allzweckwaffe genannt, im Volksmund die Sprechpuppe der Allerhöchsten. Dabei auch eine Dame, die, so ist das Talk-Geschäft, als Inbegriff von Bildungs-Kompetenz und wissenschaftlicher Glaubwürdigkeit eingeladen war. Lieschen Müller und Otto Normalverbraucher soll damit Seriosität suggeriert werden, die dann auf die ganze Sendung abstrahlen soll.

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Doch wen hatte uns Söders ach so glanzvolle Wissenschaftspolitik da auf die matte Scheibe geschickt? Die Kulturwissenschaftlerin Britta Waldschmidt-Nelson, Professorin für die Geschichte des europäisch-transatlantischen Kulturraums an der Universität Augsburg. Wow! Doch diese Dame übertraf den grünen Geiferer („Trump ist das Gegenteil von Menschlichkeit“) noch mit folgender Aussage: Es gebe ganz bestimmt viele Menschen in den USA und weltweit, die sich des Gefühls nicht erwehren könnten, Häme und Schadenfreude zu empfinden. Schließlich habe er das Virus so lange ignoriert und sich über das Tragen von Masken lustig gemacht, dass manch einer nun denkt: „Das geschieht ihm vielleicht doch auch recht.“

Der einzig noch wache Kritiker (alle anderen waren wohl längst beim Agieren des TV-Selbstvergewisserungskreises der Trump-Hasser eingeschlafen) ist ausgerechnet der von der quasi anti-bürgerlichen und Trump-verachtenden Süddeutschen Zeitung. Und er kommentiert knallhart: „Man könnte Britta Waldschmidt-Nelson zugutehalten, ehrlich ihre Gedanken mitzuteilen. Doch über Rache nachzudenken oder über sie öffentlich zu sprechen, sind zwei verschiedene Dinge.“ Das ganze sei einer Universitätsgelehrten unwürdig.

Aber die SüZ (wie auch Bild oder die Stuttgarter Zeitung) spießt noch etwas anderes, viel Wichtigeres auf. Klar, die meisten Kommentatoren kritisieren heute verwundert, wie selbst der offizielle Wirtschaftsminister eines der wichtigsten Industrieländer der Welt auf den amerikanischen Präsidenten mit süffisanter Häme eindrischt. Er verstieg sich sogar in die Forderung, es sei jetzt „eine Untersuchung der amerikanischen Corona-Politik nötig.“ Klar, am deutschem Wesen soll auch Amerika genesen.

Doch folgenden Aspekt moniert fast nur die SüZ:  Frau Professor*in Britta Waldschmidt-Nelson, also jene höchstkarätige Forscherin für die Geschichte des europäisch-transatlantischen Kulturraums aus Söders Wissenschafts-Wunderland meinte nämlich zum Besten geben zu müssen: Sie sei fest davon überzeugt, dass Trump versuche, die Wahl, so gut es geht, in seinem Sinne zu beeinflussen. Unter anderem damit, dass die Partei 50.000 Ex-Polizisten rekrutiert habe, um sich am Wahltag rund um die Wahllokale zu postieren. Sie sollen die Menschen unter Druck setzen, „sollen sich um die Wahlstationen positionieren und versuchen, Wähler, die ihnen suspekt sind, also Schwarze und andere Minderheiten, vom Wählen abzuhalten.“ Nachfrage: Woher sie denn diese ja sensationelle und singuläre Information habe? Worauf die bayerische Koryphäe erklärt: „Ich habe das online irgendwo gelesen.“ Lapidarer SüZ-Kommentar: Für eine Professorin ist das eine etwas fragwürdige Quellenangabe. (Übrigens: Selbst wenn es diese 50.000 gäbe, was könnten solche eigentlich bei rund 140 Millionen Wählern auf 9.834 Millionen km² ausrichten? Die USA sind eben etwas größer als der bayerische Bezirk Schwaben.)

Nein, das Ganze ist viel mehr: Es symbolisiert die Chuzpe, mit der sich Leute, die der Staat mit klangvollen Titeln schmückt und mit Bürgers Steuergeldern alimentiert, auch noch ins Fernsehen setzen dürfen, obwohl sie nie eine Nahsicht auf Bildung hatten. Es zeigt, was aus dem Land der Dichter und Denker geworden ist: Mittelmaß. Wobei das schon eine Beleidigung des Mittelmaßes ist. Unvergessen, wie der damalige Präsident des Deutschen Lehrerverbandes und jetzige TE-Autor Josef Kraus in meiner Sendung auf die fassungslose Frage nach dem dramatischen Bildungsnotstand sagte: Das beantworte ich Ihnen mit zwei Zahlen, die für sich sprechen: In Deutschland gibt es 120 Professuren für alte Sprachen (Latein, Griechisch, Hebräisch, was jeder Jurist, Arzt oder Pfarrer braucht), jedoch 230 Professuren „Denomination Gender“.

Wir erlebten also am Sonntag abend nicht nur den volksverdummenden Wahnsinn einer hoch bezahlten und vom bayerischen Freistaat bestallten Professor*in, wir erlebten auch noch ein von Zwangsgebühren finanziertes Fernsehen, das diese abgrundtiefe Dummheit und ideologische Verblendung auch noch ohne zu hinterfragen transportiert. Denn wer stellte die kritische Nachfrage? Nicht die Moderatorin selbst, nein, die fühlte sich wahrscheinlich stramm haltungsjournalistisch in ihrem Weltbild bestätigt (wie einst der Spiegel bei den Relotius-Lügengeschichten). Der Einwurf hätte ohne den einzigen Trump-Befürworter in der Runde nicht stattgefunden, der eigens aus Wien zugeschaltet war, weil man in Deutschland wahrscheinlich niemanden fand oder sich keiner live in den Löwenkäfig namens Studio traute. Wir haben ja bekanntlich mehr Angst vor Trump als vor Putin. Verrücktes Denken im wahrsten Wortsinn. Ein Denken, das sich aus Bildungsnotstand und Mediengläubigkeit speist.

Herr Söder sollte diese hochkarätige Geistesgigantin am besten gleich zur Rektorin der Universität Augsburg ernennen. Dann hätte er dem schwarz-grünen Mainstream und der ersehnten Frauenquote in einem Abwasch Genüge getan. Und die frisch ernannte unabhängige ARD-Programmdirektorin, CDU-Schäuble-Tochter und CDU-Strobl-Ehefrau, sollte „Anne Will“ mit einer täglichen Talk-Sendung ehren. Dummheit siegt!