Tichys Einblick
Bloß keine Fragen!

AKK bei Maischberger: journalistische Weißwäscherei

Es gibt ja vieles, was man von einer Frau hören möchte, die Kanzlerin Angela Merkel nachfolgen will. In dieser Sendung nur Leerstellen, wo Informationen gefragt waren.

Screenprint: ARD/maischberger

Ehrlich, der Autor schafft es kaum, Ihnen hier etwas zu erzählen über ein viel zu langes Gespräch zwischen Sandra Maischberger und Annegret Kramp-Karrenbauer, über einen Seelen-Striptease mit doppeltem gesichertem Mieder durch das Privatleben der CDU-Parteichefin, dass sich auf eine Weise müde anhört, wie ein paar akkurat abgestellte karierte Pantoffeln. Mir fällt leider kein besseres Bild ein, wenn Frau Kramp-Karrenbauer uns etwas über ihren ersten Vollrausch erzählt oder über ihre Liebe zu Songs der Band Kiss, wobei sie „Songs“ mit weichem S ausspricht, was dann in etwa so schräg klingt, wie ein hartes K bei China, Chemiker oder Chimäre. Das ist die wesentliche Information: Das weiche S. Reden wir gerade über Kohlekommission und wachsende Weltkrisen?

Mögliche nächste Kanzlerin (MNK)

Vorgestellt wird die CDU-Chefin als „mögliche nächste Kanzlerin“. Wir erfahren,  dass Annegret K.-K. an ein Leben nach dem Tod glaubt und wir sind auch hier dankbar, dass dieser Gedanke nicht weiter vertieft wird, dass uns die Katholikin nicht auch noch mitnimmt in ihre ganz private Vorstellungswelt dieser Nachwelt. Uns wäre die Gegenwart viel lieber gewesen.

Maischberger erzählt vom Schleier, den die Politikerin bei Papstbesuchen getragen hat und fragt, warum K.-K. denn gegenüber Schleiern bei muslimischen Frauen so ambivalent reagieren würde. Dann wird noch eine lesbische Moderatorin eingespielt, die Kramp-Karrenbauer eine strafbare Handlung unterstellt, weil sie Homosexualität in Verbindung mit Inzest und Vielehe gebracht hätte. Das ist der härteste Teil der Sendung. Der Schleier, unter den immer mehr Frauen in D. gezwungen werden, von dem sprechen wir nicht. 

Aber auch das perlt selbstverständlich ab am Teflonkostüm des Gastes. 

Als Ministerpräsidentin des Saarlandes hätte sie doch schließlich hinreichend bewiesen, dass sie niemanden diskriminieren würde. „Es ist für mich eine sehr persönliche Sache gewesen. (…) Ich bleibe bei meiner Position.“ Aber was ist ihre Position? Das bleibt verwaschen. Sie hätte darauf hingewiesen, was passiert, wenn man eine der Keimzellen unserer Gesellschaft öffnen würde. Es ginge im Übrigen auch nicht darum, ob einer seine Tante heiraten möchte. Es ginge vielmehr um Versorgungssituationen anstelle von Sexualität. 

Angesichts dieser tatsächlich fassungslos machenden CDU-Werbezeit, darf Rationalität hier nicht das erste Gebot der Stunde sein. Das Leben dieser Frau ist bei Maischberger so interessant wie die Produktbeschreibung einer Waschmaschine für den Mann des Hauses, wenn die Frau noch als Hausfrau tätig sein darf. Ironischerweise hat K.-K.’s Mann schon Teilzeitelternzeit genommen, als das in Deutschland noch weithin unüblich war. Draußen geht es um Dieselfahrverbote, ok, eher ein Männerthema. Drinnen geht es um: gar nichts. 

Warum Maischberger mehrfach nachhakt, was denn nun feministisch sei an Kramp-Karrenbauer, wenn sie fast erzwingen will, was nicht sein kann, bleibt der Moderatorin Geheimnis, wenn K.-K. anschließend weltbewegt darüber aufklärt, dass Frauen doch ungefähr 50 Prozent der Bevölkerung stellen würden. Dazu braucht es also eine spezielle Zweierkonstellation in der Talkshow. Keine Fragen mehr, danke.

Auf dem Nierentisch zwischen den beiden stehen Toast Hawaii und Käse-Igel – nein, natürlich nicht, aber es wirkt hier wie ein doppeltes Versäumnis. Ein typischer Spruch ihrer Mutter sei, „Jetzt sag ich Dir mal, was dass Volk denkt.“ Na was denn?  Uns sagt sie es nicht. Aber wir sind ja auch kein Volk mehr, sondern zufällig Daseiende und leider Zuschauenmüssende.

Ganz selbstverständlich: Kanzlerin

Unvermeidlich die Nachfrage, ob sie denn auch Kanzlerin sein wolle. Nichts Neues kommt dazu, außer der läppischen Information, dass dieser Job eben auch dazu gehören könnte. Von Maischberger gibt’s dafür ein „absolut!“ kredenzt. Klar, Kanzlerin ist so selbstverständlich wie Kassiererin bei Aldi. Klar, das Niveau liegt tief für Kanzlerinnen neuerdings.

Lustig wird’s, wenn Kramp-Karrenbauer daran festhält, dass über vierzig Prozent für die CDU noch möglich seien bei den kommenden Landtagswahlen. Das ist toller Optimismus. Nein, so viele öffentlich-rechtliche Werbestunden müssten schon nach dem Zwang zum Zahlen auch mit einem Zwang zum Zuschauen verbunden sein, wenn hier wirklich ein Erfolg erzielt werden soll. Eines vielleicht könnte einer gewissen Logik folgen, wenn man sich K.-K. als Gegenmodell zum grünen Parteichefduo vorstellen soll. Aber selbst für so eine Profilierung fehlen längst die politischen Differenzen. Also spricht man auch nicht darüber. Die Flüchtlingskrise ist bekanntlich keine und damit kein Thema. Das würde ja dieses Volk vielleicht wirklich interessieren, nicht nur Kramp-Karrenbauers Mutter. 

Der Bundespräsident bleibt mit der Luftwaffe irgendwo in Afrika hängen. Was würde die neue Kassiererin am Kanzlerinnen-Kassenband mit der Bundeswehr und der Ministerin von der Leyen machen? Die Frage liegt auf dem Band und wird nicht bezahlt.

Es ist alles so unangenehm, es ist die zunehmend verzweifelte Suche einer Moderatorin Maischberger nach Wichtigkeit, während sich die Sendung zunehmend in Bedeutungslosigkeit verliert –  die Realität ist ausgeblendet im Kuschelland mit Weichspüler. Wäschestärke ist gerade aus.

Faktencheck ganz ohne Fakten

Eingeblendet wird der Hinweis auf einen noch folgenden Faktencheck, aber was bitte soll hier gecheckt werden? Ob die CDU-Chefin tatsächlich in ihrer Studentenzeit ein paar Vollräusche erlebt hat, wie sie freimütig berichtet? Will man sich das vorstellen müssen oder darf man hier dankbar sein, dass auch das vor der Youtube-Ära passiert sein muss? 

Wir wollen keine Zusammenarbeit mit Populisten, egal ob von links oder rechts. „Wir wollen nicht zusammenarbeiten mit der AfD und der Linkspartei.“ Und weil er nicht anwesend ist, dann wird er eben eingeblendet: Hans-Ulrich Jörges, der feststellt, dass das Amt des Parteichefs zusammengehört mit der Kanzlerschaft. Das hätten wir jetzt aber nicht gewußt. Laut knistert es in der Knabberbox, das ist aber auch nötig, damit man nicht sofort einschläft. Vielleicht hat Jörgen doch was Schlaueres gefragt. Aber solche Zweier-Runden haben den Vorteil, das lästige Fragen vorher weggefiltert werden können. Das schafft Wohlfühlathmosphäre für den Gast und Tiefschlag für den letzten Zuschauer.

Kann Merkel ihr vertrauen?

So ungefähr läuft es sich dann aus: „Kann Angela Merkel ihnen vertrauen?“, fragt Maischberger noch. „Ich glaube, dass wir uns gegenseitig vertrauen und uns vertrauen können.“ Das muss man dechiffrieren. Es geht also garantiert so weiter wie unter Merkel? „Ich glaube, dass wir uns gegenseitig vertrauen und uns vertrauen können.“

Die Frage wäre eigentlich: Kann der Wähler Kramp-Karrenbauer vertrauen und warum? Was macht sie anders, korrigiert sie gar die Flüchtlingspolitik? Aber stattdessen wird noch über denn Doppelnamen erzählt, die Kinder hätten aber nur einen. Das sind die Fragen, die die Nation, die nur noch ein Club ist, bewegen.

Da ist er wieder, der neue deutsche Journalismus, bei dem es nie darum geht,  ungeschminkte Fragen zu stellen. Aber das war wohl auch nicht gewollt und wurde deshalb nicht gefragt.  Weil Annegret Kramp-Karrenbauer nun schon einmal da war, und es wohl das Ziel der Sendung war, hier eine CDU-Parteichefin vor anstehenden Landtagswahlen so zu positionieren, dass man sich daraus einen Zugewinn erhofft für eine der Regierungsparteien. 

Die Rechnung geht nur auf, wenn die Wirklichkeit ausgeblendet und keinerlei Fragen gestellt werden. Damit alles so bleibt, wie es ist.