Tichys Einblick
Manipulativ

Edeka-Spot zum Muttertag: raus mit dem Vater

Das Video des Edeka-Konzerns ist keine Werbung für Produkte sondern ein familienpolitisches Programm. Verhaltensweisen von Menschen sollen verändert werden. Und das mit einem Aufsehen und Widerwillen erzeugenden Video. Die Wertschätzung von Frauen für Väter soll untergraben werden.

Der neue Spot von Edeka zum Muttertag fügt sich nahtlos ein in Projekte, die im Rahmen von Genderstudies die Männlichkeit abwerten, sie allmächtig phantasieren und als missbräuchlich darstellen. So gesellt sich zum Gerede von der toxischen Männlichkeit jetzt der Beitrag des Edeka Konzerns zur Vergeblichkeit von guter Väterlichkeit.

Anders als die kollektive Männerabwertung steht hier die besondere Abwertung von Vätern im Mittelpunkt. Väter tun durchaus, was von ihnen erwartet wird, nämlich sich um Kinder sorgen. Aber die Botschaft der Firma Edeka ist klar. Bei allem guten Willen haben sie keine Chance, es richtig zu machen. Sie sind Tölpel und für die Kinder kein Vergnügen sondern eine Last.

Das Video ist ein frontaler Angriff auf Männer. Als Väter sollen sie sich erst gar nicht versuchen. Das widerspricht den Wünschen gerade unter jungen Männern und steht der allgemein verbreiteten Ansicht entgegen, wonach Kinder möglichst viel Zeit mit ihrem Vater verbringen sollen. EDEKA kümmert das nicht.

Wer anfangs mit einer gewissen Häme über die stets misslingenden Varianten von Väterlichkeit im Video noch schmunzelt, dem vergeht das Lachen bald. Verdruss setzt über die Botschaft ein, denn sie legt nahe, dass bei so viel Missgeschick es keinen anderen Weg für Frauen gibt, als zuhause zu bleiben. Denn eine wirklich zuverlässige Entlastung bei der Sorge für die Kinder sei von Vätern nicht zu erwarten. Die Mütter können das Haus guten Gewissens einfach nicht verlassen!

Das ist EDEKAS erste Belehrung zum Muttertag. Folglich sollten Frauen die berufliche Orientierung nur soweit betreiben, wie ihre positive Einschätzung der Väterlichkeitspotentiale das erlaubt. Aber auch das ist noch zu großzügig interpretiert. Denn wie lautet der letzte Satz im Video? Danke, dass du nicht Papa bist!

EDEKA hat es bereits beschieden. Die Kinder wollen den Vater nicht zu Hause. Sie wollen aber nicht nur die Mama, wie sie ist. Sondern sie wollen sie, weil sie nicht wie der Vater ist. Fürs erste eine bedenkenlos anmutende Deutung. Aber halt! Sie hat es in sich! Die Kinder wollen nicht die Mutter, weil sie etwas Besonderes mit ihren Eigenarten ist, sondern weil sie nur das Gegenteil vom versagenden Vater ist. Man könnte auch sagen: Bei der Väterlichkeit kann die Mütterlichkeit eigentlich nur noch besser sein.

Wer also über die Abwertung der Väterlichkeit entrüstet ist und sie als eine aggressive Form der Manipulation der Öffentlichkeit benennt, vorzugsweise aber auch der gefeierten Mütter am Muttertag, der sollte nicht übersehen, das EDEKA gleichermaßen die Mütterlichkeit abwertet. Einen eigenen Wert hat die Mutter nicht. Und wenn überhaupt, dann einen nachgeordneten. Deutlicher lässt es sich kaum sagen. Erst durch das Versagen der Väter gewinnt sie an Kontur.

Eigentlich bleibt da nur eine einzige Frage noch zu klären: Was sind das für Leute, was für Männer und was für Frauen, die im Creative Team für die Firmenspitze sich Absatz fördernde Gedanken machen, die bei genauerem Zusehen sich als abstoßend entpuppen. Manipulativ angelegt und familienpolitisch rückwärts gewandt.

Darüber hinaus ist es bedrückendes Beispiel dafür, wie Warenwerbung zusehends in Lebensgestaltung eingreift und in das Handwerk der Politik und der persönlichen Lebensgestaltung pfuscht.


Gerhardt Amendt, Soziologe