Tichys Einblick
Glosse

Das ZDF möchte sein eigenes Twitter gründen

Das ZDF erwägt, ein eigenes Twitter zu gründen. Jan „Sche...ufen“ Böhmermann könnte dort zum Niveaubeauftragten werden und gemeinsam mit Filmemacher Mario Sixtus eine weltweit neue Innovation einführen.

MAGO / Michael Gstettenbauer

Das ZDF will jünger werden. Im Traumschiff treten daher künftig Klima-Aktivisten auf, die sich im Hafenbecken festkleben. Die Wiederholungen der Schwarzwaldklinik erhalten eine neue Titelmusik von Max Giesinger. Und „Wetten dass..?“ zeigt keine Wetten mehr mit Traktoren, sondern mit E-Bikes. Wobei das nur Scherze sind. Es geht gar nicht ums analoge Fernsehen. Das ZDF will die Jungen erreichen. Im Digitalen, wo sich der nach 1974 geborene Mensch im Allgemeinen so aufhält.

Im Internet will das ZDF also die jungen Menschen abholen. Was kein Scherz, aber blöd ist. Weil das anders funktioniert als das gute alte Fernsehen. Daher muss das ZDF seine Strategie umstellen. Bisher sind die Zweiten Meister darin, keine schlafenden Zuschauer zu wecken. Doch im Internet müssten die sich bewusst für das ZDF entscheiden – das liegt dem Team hinter Intendant Norbert Himmler weit weniger.

Der denkt jetzt laut darüber nach, eine Art Twitter des Zweiten zu installieren, also ein Zwitter. Gegenüber dem Fachportal DWDL sagt Himmler: „Wir wollen einen hassfreien Kommunikationsraum schaffen für den gesellschaftlichen Diskurs.“ Hassfreie Kommunikation. Die Kernkompetenz des Heimatsenders von Jan „Sche…aufen Ziege…cker “ Böhmermann. Ihn sollte Himmler für das Projekt verpflichten. Zusammen mit dem Filmemacher Mario Sixtus. Dann brächte das ZDF wirklich eine Weltneuheit auf den Markt: das erste soziale Netzwerk, von dem man schon blockiert wird, noch bevor man sich überhaupt dafür angemeldet hat.

Dabei verspricht Himmler einen „geschützten öffentlich-rechtlichen Raum“. Seine Experten würden dann also entscheiden, was auf dieser Plattform gesagt werden darf. Wobei es da unter Raumschützer Böhmermann durchaus Freiheiten gäbe: Du darfst Menschen durchaus „Sche…aufen“ nennen, solange sie nicht auf der grün-linken Parteilinie des ZDF liegen. Das wäre nur konsequent. Genau den gleichen Freibrief hat schließlich Himmler Böhmermann ausgestellt.

Wer sich nun für Zwitter anmelden will, muss sich ein wenig gedulden. Die Idee geht erst in die Gremien. Weil das ZDF staatsfern ist, müssen die Politiker in den Gremien dem zustimmen. Und dann, ratzfatz, ist in fünf Jahren ein Arbeitspapier da, auf dessen Grundlage weiterdiskutiert wird. Wer aber die öffentlich-rechtliche Betreuung im Netz nicht so lange abwarten kann, darf sich mit Böhmermanns Account auf Mastodon trösten. Das sollte ursprünglich mal das neue Twitter werden. Scheint aber nicht ganz so gut zu klappen.

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