Tichys Einblick
Achtung Glosse!

Keine Nazis und Marillenmarmelade in Frankfurt, Nürnberg, Jena und München

Jetzt wird schon nicht mehr benannt, was verboten ist: Immer mehr Wörter und zunehmend sogar Buchstaben dürfen nicht mehr genannt werden. Linke und Grüne verheddern sich im Verbotswahn, und Medien sind stolz darauf, dass sie nicht mehr berichten.

IMAGO/Steinach

Eine rätselhafte Meldung hat mich in diesen Tagen zum Grübeln gebracht: Das „Journal-Frankfurt“, eine Art Anzeigenblatt, berichtet: „Nach monatelanger Diskussion um die Ächtung des N- und M-Wortes haben die Stadtverordneten am Donnerstag die Verurteilung der rassistischen Begriffe beschlossen.“

Nun soll man ja von einem Anzeigenblatt nicht zu viel verlangen, wobei mittlerweile die meisten dieser Blätter durchaus korrekt vorgehen. Aber auch die früher einmal angesehene Lokalzeitung Frankfurter Rundschau berichtet Ähnliches, und der Stern zieht wortgleich mit: Angenommen „wurde eine Vorlage der Fraktion ‚Die Fraktion‘, M-Wort und N-Wort zu ächten. Diesen Antrag hatten ursprünglich die Grünen eingebracht. In der Koalitionsrunde war er aber am Veto der FDP gescheitert. Daraufhin hatte die ‚Fraktion‘ ihn wortgleich gestellt.“

So die Erklärung der Blätter im Humpel-Stil. Aha, eine Fraktion, die „Fraktion“ heißt also. Der Konflikt in der Stadtregierung, an der auch die FDP beteiligt ist, so beruhigt man den Leser, wurde damit vermieden; der Rat der Stadt ist also weiterhin handlungsfähig. Auf Initiative der Grünen ächtet auch München als neunte Stadt das N-Wort. Initiativen aus Nürnberg, Jena und Wilhelmshaven folgen.

Aber was ist das M- und was das N-Wort? Vermutlich geht es um Nazis und Marillenmarmelade. Darauf könnte man verzichten. Aber es geht weiter. Unser Verlag darf einem Gerichtsbeschluss zufolge ein Wort mit G nicht mehr benutzen. Fragen danach müssen wir zur Beantwortung ablehnen, bei Strafandrohung. Also bleibt das Wort mit G rätselhaft wie M und N.

Neu ist das Ganze ja nicht: Meine Mutter hat mir immer schon verboten, A zu sagen und S; gebräuchliche Begriffe für zusammenhängende menschliche Phänomene. Das im nahen Bereich angesiedelte F-Wort lernte ich erst später kennen, es darf auch nicht gesagt werden. A, F, G und S sind also sexistisch, M und N rassistisch.

Neuerdings ist auch das Z in Verruf geraten und wird strafrechtlich verfolgt. Fragen Sie mich bitte nicht warum, denn die Antwort auf Ihre Frage würde mich wohl auch wie die nach dem Wort mit G teuer zu stehen kommen. Vermutlich trifft es auch bald das K, denn Krieg mag Putin weder hören noch lesen, und dessen Verwendung könnte ihn verletzen, worauf er bekanntermaßen gerne mit K reagiert. Hoffentlich nicht mit der A-Bombe, die in seinem Fall mehr Krach macht als ein Sprung vom Beckenrand, bei dem man mit demjenigen Körperteil auf der Wasseroberfläche aufschlägt, das ich nach den ungeschriebenen Gesetzen meiner Mutter nicht als A bezeichnen darf.

Strecken Sie mir jetzt bitte nicht die Z heraus. Es könnte Ihnen nicht gut bekommen. Und wenn Sie jetzt fragen, worum es beim N- und beim M-Wort geht: Beim N-Wort geht es nicht um Nazis, denke ich mir jedenfalls, sondern um Nicht-rosige Menschen, deren Farbe ich aber aus antirassistischen Gründen nicht sagen darf; möglicherweise sind sie auch nicht grün. Oder blau. Bei rot wäre man schon wieder auf Abwegen. Bei M bin ich ratlos. Marillenmarmelade vielleicht?

In Deutschland zu sprechen wird eben langsam gefährlich. Denn wenn man nun den Beschluss der Stadtverordneten falsch interpretiert: und das falsche N-Wort vermeidet, statt Nordpol also *ordpol sagt, aber einen Menschen damit beleidigt, weil er sich vom M-Wort beleidigt fühlt, obwohl vermutlich die Stadtverordneten in ihrer Weisheit ein anderes Wort meinten, aber wer weiß das schon?

Wer kann noch wissen, was wir meinen, wenn wir es nicht mehr sagen dürfen? Und auch nicht mehr zu lesen bekommen! Nur um die Ohren wird es uns gehauen. Und wie geht die Gerichtsverhandlung dann vor sich, wenn man wegen illegalen Gebrauchs des N-Worts verklagt wird, man aber nirgendwo lesen kann, worum es denn jetzt eigentlich überhaupt geht, um welches Wort genau, das einem so ein A verboten hat, das keine Ahnung von G hat und einem jetzt ein U für ein X vormacht, ohne zu wissen, dass er einen mit Z beleidigt hat.

Wie kann eine Stadtverordneten-Versammlung ihre Verordnung formulieren, ohne den Tatbestand zu nennen? Dumme Frage. Aber wo Grüne und SPD und die „Fraktion“ regieren, herrschen Sprach- und Denkverbot. Erwarten Sie also bitte keine Antwort, warum Möhrengemüse in Frankfurt auf dem Index steht.

Dürfen wir dann vor Gericht und in den *edien das M- und das N-Wort benutzen, zwecks Klarstellung, oder machen Z und K jemanden schon verdächtig? Eigentlich wäre der einzige Ausweg, alle Wörter mit N und M zu verbieten, am besten auch gleich alle mit Z, K, A, und G. Nur am Wortanfang oder auch mittendrin? Oder mit *, also etwa Wort**f**g? Wobei F ja auch nicht geht, *lso Wort*****g? Und G, verdammt, auch weg, also Wort******? Und ist das W nicht eigentlich auch nur ein umgekehrtes M? Eine Art Tarnbuchstabe? Ehrlicherweise haben die St*dtverord*ete* dafür schon eine Lösung: Dann gibt es Schulung in „**tikolo*i*li**u*.

Jetzt raten Sie mal schön, aber machen Sie ja keinen Fehler. Sonst droht Strafe – für etwas, was man gar nicht benennen kann.

Anzeige