Tichys Einblick
Achtung, Glosse

TV-Moderatorinnen trotzen den Feministinnen

Caren Miosga, Maybrit Illner, Sandra Maischberger: Sie alle bedienen die Klischees einer eher eleganten Frau, während Feministinnen im Frauenmärz alles geben, um solche Stereotype zu brechen. Die TV-Moderatorinnen sollten sich schämen.

IMAGO

Achtung, Glosse: Der „Frauenmärz“ geht zu Ende und mit ihm der einzige Monat für Frauen. Ab April sind die alten, weißen Männer wieder an der Macht. Und der Kapitalismus. Und das Patriarchat. Einige Feministinnen haben einen Monat lang alles Erdenkliche für die Frauenrechte, für die Gleichberechtigung und gegen die „Gender Pay Gap“ getan: Sie haben unter dem Motto „Frauen gestalten Zukunft“ keine Anstrengung gescheut. Nicht die Männer, nicht das Patriarchat, nur die Frauen gestalten die Zukunft – jedenfalls im März. Beispielsweise, indem sie an vergessene Demokratinnen, vergessene Rebellinnen und vergessene Künstlerinnen erinnern. Wie sie die Zukunft gestalten, indem sie ständig über die Vergangenheit sprechen, sei mal so dahingestellt. Aber na ja, es gibt in Berlin auch noch ein paar andere Veranstaltungen: beispielsweise „We Talk – Feministischer Generationenaustausch“ und „Lass dir nichts gefallen“.

Aber der Workshop „Lass dir nichts gefallen“ scheint den Feministinnen nichts gebracht zu haben. Schließlich haben sie es sich gefallen lassen, dass die Letzte Generation genau in ihrem Frauenmärz mit den „ungehorsamen Versammlungen“ gestartet hat. Hätten die Klimaextremisten nicht noch einen Monat warten können, um den Frauen ihr Zwölftel vom Jahr zu gönnen? Das war echt „ungehorsam“ von denen.

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Mindestens genauso ungehorsam sind die deutschen TV-Moderatorinnen. Die sollten doch ein Vorbild für die Frauen da draußen sein. Sie sollten ausstrahlen: „Wir unterwerfen uns nicht den Männern!“ Aber sie tragen immer noch in 80 Prozent ihrer Sendungen Stöckelschuhe, wie die Taz berichtet. Sogar im Frauenmärz tragen Caren Miosga, Maybritt Illner, Sandra Maischberger und Susanne Daubner Schuhe mit Absätzen zu den TV-Talkrunden und in den Tagesthemen. Dass sich die Feministinnen das gefallen lassen, während sie in diesem Monat für Frauenrechte – also auch für die körperliche Unversehrtheit der Frau – einstehen.

Schließlich sind Stöckelschuhe alles andere als gesund, wie die Taz in einem Zeitungsartikel zum „Frauenkampftag“ betont: Wenn frau hohe Absätze trägt, kann das zu Fuß- und Rückenschmerzen, Verletzungen oder Fehlstellungen führen. Wenn „man“ hohe Absätze trägt, gilt übrigens das Gleiche. Davon raten Mediziner laut der Taz ab: „Mediziner schlagen die Hände über dem Kopf zusammen, wenn es um High Heels geht.“

Wenn frau High Heels trägt, ist das also ein Eingriff ins körperliche Wohlbefinden. Wieso tun es sich Frauen immer noch an, mit kleinen Schritten durch die Gegend zu stöckeln? Wollen sie etwa immer noch den Männern gefallen? Also den Männern, die sie so sehr unterdrücken, unfair behandeln, ausnutzen, als Putz- und Kochfee und vor allem als Kindermädchen missbrauchen? Die Idee hinter High Heels: Der hohe Absatz lässt frau attraktiver wirken, weil er zu einer aufrechten Haltung zwingt. Ja, richtig gelesen: „zwingt“.

Der Absatz ist also eigentlich DAS Sinnbild für die Zwänge, denen Frauen ausgesetzt sind. Die Zwänge der Männer. Die sind schuld. Die sind immer schuld. Die Männer zwingen die Frauen zum Beispiel zur „Care Arbeit“. Die Frauen selbst sind es bestimmt nicht, die sich um ihre Kinder kümmern wollen, statt sie stundenlang in Kitas bei fremden Erziehern zu parken. Nein, nein, die Männer drängen ihre Besitztümer dazu, für die Kinder zu Hause zu bleiben.

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High Heels zwingen aber nicht nur zur aufrechten Haltung. Das wäre noch nicht genug des Bösen: Ein hoher Absatz schafft zudem optisch längere Beine und betont das Gesäß sowie die Brust. Die Frauen akzentuieren mit den High Heels also ihren Körper und ihre Kurven. Also ihr Äußeres. Dabei kämpfen die Feministinnen tatkräftig dagegen, dass Männer – vor allem die alten und weißen – sie nur auf ihre Äußerlichkeiten reduzieren.

Vor allem TV-Moderatorinnen können ja wohl mehr von sich halten. Immerhin interviewen sie vor Millionen von Zuschauern einflussreiche Politiker. Aber sie scheinen sogar stolz darauf zu sein, auf hohen Absätzen durch ihre Studios zu stöckeln: So hat die Tagesschau auf Facebook ein Foto von einem Paar High Heels gepostet. Dazu die Frage: „Wem gehören die – Susanne oder Caren?“ Die Tagesschau, Caren Miosga und Susanne Daubner sollten sich schämen, der Welt somit zu suggerieren: Achtet bloß nicht auf die Fragen und Inhalte der Sendungen. Sondern nur auf die Höhe der Absätze.

Die TV-Moderatorinnen sollten ein Zeichen gegen Sexismus setzen, so wie die Schauspielerin Julia Roberts: Die ist 2016 aus Protest barfuß zu den Filmfestspielen von Cannes erschien, weil Frauen ohne High Heels der Zutritt verwehrt werden sollte. Ebenso zeigte die Schauspielerin Kristen Stewart, dass ein solcher Dresscode frauenfeindlich ist, als sie 2018 ihre Stilettos auf dem roten Teppich in Cannes auszog, bevor sie die Treppen hinauf joggte.

Jetzt ist Miosga dran: Sie könnte in ihrer nächsten Talkrunde doch mal protesthaft aufstehen, ihre Stöckelschuhe ausziehen, diese quer durchs Studio werfen und dann ihre Abschminktücher herausholen, um sich ihrer Make-Up-Schichten zu entledigen. Das wäre mal ein Zeichen. Das würde der Welt zeigen: Frauen müssen ernstgenommen werden, auch wenn sie keine High Heels und keine Schminke tragen. Aber sowas macht Miosga bestimmt nicht. Immerhin beugt sie sich in ihren Sendungen am Sonntagabend meist leicht nach vorne, sodass sie ihr Dekolleté in Szene stellt. Ob bewusst oder unbewusst, ist egal – ein gutes Vorbild für die Frauen sind solche Moderatorinnen nicht: Sie verfestigen bloß das Klischee einer eleganten Frau. Das ist „einseitig verstandene Eleganz“, findet die Taz. Schließlich sei „Diversity“ das „Gebot der Stunde“: Moderatorinnen sollten sich der ganzen Bandbreite von Schuhformen bedienen – für den Feminismus.

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