Tichys Einblick
Ungeliebte und Gescheiterte

Satire: Die Liste der zehn größten, tragischen Verlierer

Politisch daneben liegen. Oder geschmacklich. Die falschen wirtschaftlichen Entscheidungen treffen. Vielleicht auch einfach nur überfordert sein. Die Wege zum Verlieren sind zahlreich – ihre Absolventen bunt gemischt.

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Es sind Unterschiede, die einen Verlierer ausmachen: der Unterschied zwischen der Eigenwahrnehmung und der Fremdwahrnehmung; zwischen dem gesetzten und dem erreichten Ziel oder zwischen dem, was man wirklich geleistet hat, und dem, woran sich die Leute später erinnern. Dann gibt es aber auch Verlierer, die sind einfach nur unfähig. In allem. So wie auf

Platz 10. Ralf Stegner. Die SPD sortierte 2019 aus: Olaf Scholz als Vorsitzenden? Verschmähte sie, Karl Lauterbach ebenfalls sowie Ralf Stegner. Comeback ausgeschlossen. Doch dann ließ die CDU die Wahl an der Ahr fallen und die SPD hob sie auf. Jetzt brauchten die Genossen alle bis zum letzten Mann. Bis zum vorletzten. Denn während der eine Kanzler wurde und der andere das Lanz-Studio gekauft hat, blieb Stegner, was er ist: ein motzender Hinterbänkler. Ein Prophet mit dem Abo, das Gegenteil vom Richtigen vorauszusagen – und der begnadetste Wahlverlierer seit Erich Ollenhauer.

Platz 9. Neville Chamberlain. In Civilization konnte der Spieler 100 unterschiedliche Ränge für seine virtuelle Kunst belegen, eine Zivilisation zu führen. Die drittschlechteste war nach Neville Chamberlain benannt. Seinen schlechten Ruf verdankt der ehemalige britische Premier dem Vertrauen, das er in Adolf Hitler gesetzt hat. Dabei war die Kernidee des Appeasements, der Beschwichtigung, gar nicht schlecht: Großbritannien sollte Zeit gewinnen, um in der Rüstung gegen Deutschland aufholen zu können. Der Denkfehler war, dass die Strategie auf Verträgen mit einem Mann baute, der auf Verträge nichts gab.

Platz 8. Erich Ribbeck. Der DFB hatte die Tradition, dass der Co-Trainer auf den jeweiligen Chef folgt. Nach Jupp Derwall wäre das Erich Ribbeck gewesen. Doch Franz Beckenbauer brach 1984 diese Tradition. Es blieb nicht die letzte Niederlage von Erich Ribbeck. Er war 1998 dran, nachdem alle in Frage kommenden Kandidaten abgesagt hatten. Dann erst folgte die größte Niederlage in Ribbecks Leben: seine Zeit als Trainer der Nationalelf. Rumpeliger war Fußball in Deutschland nie gewesen. Das Team lachte ihn aus, als er an einer Tafel die Taktik erklärte – mit zwölf aufgestellten Spielern.

Platz 7. Che Guevara. Um ein linkes Vorbild zu werden, muss man drei Voraussetzungen erfüllen: gut aussehen, einen von den USA geschenkten Sieg einfahren und gut aussehen. All das erfüllte Ernesto „Che“ Guevara. Auf sein Konto gingen auch Morde, Unterdrückung und eine auf Unfähigkeit basierende Mangelwirtschaft. Aber das schreckt Linke nicht ab, es ist für sie eher ein Bonus. Ches nächste Revolutions-Versuche im Kongo, in Angola und Bolivien waren so dilettantisch, dass sie sich bestenfalls mit „mutig“ schönreden lassen. Aber die Bilder waren ikonisch – und das reicht Linken.

Platz 6. Michael „Eddie“ Edwards. Verlieren ist ein Weg zum Erfolg. So wie bei Michael Edwards – besser bekannt als „Eddie the Eagle“. Er wäre gerne ein Topathlet gewesen, doch war der Körperbau … Nun ja. Dann erkannte Edwards die Lücke: Im Skispringen gab es keine britischen Sportler. Das erlaubte ihm, frei von Talent oder Kenntnissen zu großen Turnieren zu fahren. Die er als Letzter abschloss. Doch die Fans liebten den lustigen Verlierer. Einmal gewann er: Den englischen Rekord wollte er brechen, der bei bescheidenen 65 Metern stand – zwischenzeitlich gehörte er Edwards mit 73,5 Metern.

Platz 5. Angela Merkel. Über die Jugend der Kanzlerin wird selten geredet. Stefan Aust indes hat ein bemerkenswertes Porträt über die Zeit erstellt. Es zeigt eine Frau, die sich nicht gegen Sticheleien wehren kann, wie ihre Mutter sagt, und die Wärme in Gruppenerlebnissen sucht. Die sich aber früh eine schützende Fassade zulegt. Das haben Journalisten falsch gedeutet. Als Bescheidenheit. Doch Merkel war eine Getriebene. Sie erkannte und sagte das Richtige, machte aber das Falsche. Weil ihr Umfragen das so vorgaben. Weil sie lieber gemocht werden als gut regieren wollte. Funktioniert hat letztlich beides nicht.

Platz 4. Betamax. Videotheken waren strikt dreigeteilt. 1980. Je ein Drittel gehörten VCR, VHS und Betamax. Den Kombattanten im Formatkrieg. 1982 war der entschieden. VHS hatte sich durchgesetzt. Was eigentlich schade war. Denn Betamax bot die satteren Farben und das schärfere Bild. Doch es war auch zu teuer. Zudem war VHS international, und Betamax gab es nur in Deutschland und den Niederlanden. Ein Alleingang, der die Verbraucher teuer zu stehen kam. Es war 1980 und die Grünen hatten das deutsche Denken betreten. Die Videothek gehörte jetzt VHS. Für Filme mit VCR und Betamax gab es nur noch Schubladen – auf dem Weg zur Porno-Abteilung.

Platz 3. Der Lipsi. Politiker, die ihren Bürgern vorschreiben wollen, welche Musik sie hören und wie sie tanzen sollen? Was für ein grotesker Gedanke. In einer freiheitlichen Demokratie nicht vorstellbar. In einer Diktatur sozialistischer Betonköpfe indes Alltag. So gab Ober-Tier Walter Ulbricht vor, in der DDR mit „dem ganzen Dreck aus dem Westen“ und „der Monotonie des Yeah, Yeah, Yeah“ Schluss zu machen. Stattdessen entwickelte der Staat einen sozialistischen Tanz mit sozialistischer Musik: Lipsi. Der Text dazu zeugte von linker Denkschärfe: „Wir geh’n heute Abend ins Tanzlokal / Da war es jedes Mal so schön / Weil mir dieser Tanz so viel Freude macht / Tanz’ ich die ganze Nacht, aber nur mit dir … Darum hatte sich auch ein Mann so einfach über Nacht / Diesen neuen Rhythmus erdacht.“

Platz 2. Bert Kaempfert. Radio hören muss die Hölle gewesen sein für Bert Kaempfert. Zeitung lesen auch, Fernseh schauen, ins Kino oder nur vorbei an einer Littfaßsäule gehen. 1963. Als die Beatlesmania ihren ersten Höhepunkt erreichte und die „Pilzköpfe“ in der Öffentlichkeit allgegenwärtig waren. Bert Kaempfert hatte die vier Jungs kurz zuvor im Studio gehabt und befunden: Die größten Aussichten auf Erfolg hätten sie mit amerikanischer Volksmusik. Zusammen mit Tony Sheridan ließ er sie „My Bonnie is over the Ocean“ einspielen. Mit mäßigem Erfolg. Viel erfolgreicher würden die Vier nicht werden, fand Kaempfert, und ließ sie fallen. Der Rest ist Musikgeschichte. Ja. Kaempfert war selbst ein erfolgreicher Musiker und Komponist von Hits wie Spanish Eyes oder Strangers in the Night. Aber er hatte sich die Macher von „Yesterday“, „Hey Jude“ oder „Sgt. Pepper“ durch die Hände gehen lassen. Als er in London war, wollte er wenigstens finanziell an dem teilhaben, was er künstlerisch hergeschenkt hatte, und sprach bei Manager Brian Epstein vor. Doch übers Vorzimmer der Beatles kam Kaempfert nicht mehr hinaus.

Platz 1. Gotabaya Rajapaksa. Chemie tötet. Menschen und das Klima. Deswegen ist Präsident Gotabaya Rajapaksa als Menschenfreund und Klimaschützer aufgestanden und hat im Mai 2021 todbringende Pestizide und chemische Düngemittel in Sri Lanka verboten. Der Inselstaat wollte vorangehen, die anderen sollten ihm folgen. Wir Deutschen kennen das Prinzip. Ebenso seinen üblichen Ausgang: Die Reisernte ist um bis zu 40 Prozent eingegangen – die Maisernte zur Hälfte. Für den Agrarstaat bedeutete das Hunger. Zumindest außerhalb des Palastes von Menschenfreund und Klimaschützer Gotabaya Rajapaksa. Durch Hass und Hetze angetrieben protestieren Menschen gegen seinen Klimaschutz. Doch sein Nachfolger, der sympathische Ranil Wickremesinghe, ging auf die Demonstrierenden zu – und ließ sie verhaften. Massenweise. Meinungsfreiheit bedeutet für Vorbilder des Klimaschutzes nur das Recht, ihre Meinung vertreten zu dürfen. Gesellschaftlicher Zusammenhang ist erreicht, wenn alle mit einer anderen Meinung im Gefängnis sitzen. Deutsche Medien berichteten über das Fiasko in Sri Lanka. Zögerlich. Dann betonten sie wie DPA, dass es für die Krise dort viele Gründe gäbe. Mit dem Klimaschutz, mit dem Verzicht auf Pestizide ist es wie mit dem Kommunismus. Es funktioniert. Sri Lanka hat es nur falsch gemacht. Beim nächsten Mal klappt es. Bestimmt. Oder beim übernächsten Mal. Oder …

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