Tichys Einblick
Glosse!

Rot-Grün fordert „Parität jetzt“ – aber dann bitte auch für alle!

Billig ist jene Forderung, die nicht zu Ende gedacht ist. Das müssen sich auch die „Fortschrittler“ bei SPD und Grünen sagen lassen, die unser Wahlrecht ausweiten und verbessern wollen. Außerdem ist die Parität der beiden Geschlechter doch schon wieder überholt. Denn was soll, bitte schön, eine Frau sein?

Die Grünen-Fraktionschefinnen Britta Haßelmann und Katharina Dröge auf dem Weg zu ihren Plätzen im Plenum, 8. März 2023, Berlin

IMAGO / Bernd Elmenthaler

Leni Breymaier vom linken SPD-Flügel reichte es. Sie war wütend, weil die Ampel bei ihrer glorreichen Reform des Wahlrechts das Thema Gleichstellung vollkommen vergessen hatte. Es gehe um „Parität jetzt“, wird die Abgeordnete im Focus zitiert, denn: „Wenn mehr Frauen im Parlament sind, dann wird auch eine andere Politik gemacht.“ Auch für die grüne Fraktionsvorsitzende Britta Haßelmann ist klar: „Nach der Wahlrechtsreform ist vor der Parität, liebe Frauen. Das gehen wir als nächstes an.“ Aber hier muss man den Abgeordneten Breymaier, Haßelmann & Co. eines mahnend entgegenhalten: Sie geht nicht wirklich weit genug.

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Warum eigentlich nur Parität-Gleichstellung für Frauen, die in Deutschland sogar 50,7 Prozent aller Leute ausmachen? Die Ampel sollte zugleich auch die Parität zu weiteren Themen klären, etwa Rassismus. Wie will man dieses Thema eigentlich in einem immer noch weiß dominierten Parlament angemessen diskutieren? Und was soll das überhaupt heißen: Frauen? (Die Frauentags-Demonstrierenden von Berlin wussten es schon einmal nicht.) Aus zeitgenössischen Texten und Straßenumfragen wurde klar, dass dieser Begriff heute keinen eindeutig bestimmbaren Sinn mehr hat.

Es muss also neben der Geschlechterparität – und über sie hinausgehend – auch an die Gleichstellung (nicht einfach nur Gleichberechtigung) von weißen und farbigen Menschen gedacht werden, weil sonst keine Parität im Parlament entstehen kann. Wenn also 50 Prozent der Sitze künftig für Frauen reserviert sein sollen, wie es Breymaier und einige Grünen-Politikerinnen fordern, dann sollte dasselbe für sogenannte „People of Colour“ gelten, denen ja wohl genauso Gleichstellung zukommt – wenn nicht mehr davon – wie den deutschen Frauen. Das hätte den Vorteil, dass man damit viele Kontinente (Asien, Afrika, Süd- und Nordamerika, Australien, sogar einen Teil Europas, wenn man an dessen fahrende Völker denkt) mit ins Boot holen und angemessen ins Parlamentsleben integrieren könnte, denn auf all diesen Kontinenten gibt es ja „People of Colour“ und sie haben sicher das gleiche Recht, am deutschen Parlamentsleben teilzunehmen und sich dort „einzubringen“ wie einheimische Frauen mit hellerer Haut (und noch einmal: was ist eine Frau?). Dieses Vorhaben sollte sich zuvörderst Ferda Ataman als quasi oberste Repräsentantin dieser Gruppe zu eigen machen, auch wenn sie an ihrem Teint dann noch arbeiten könnte. Sie sollte auch betonen, wie wichtig die Eingliederung gerade für die weniger rechtstreuen Teile der zugewanderten Bevölkerung wäre.

Daneben erwarten wir natürlich den Vorschlag des Queer-Beauftragten der Bundesregierung für die Gender-Parität: Auch genderistisch benachteiligte Personen sollten endlich gleichgestellt werden, weil auch sie eine legitime Beinah-Hälfte der Gesellschaft ausmachen. Nehmen wir einfach die anerkannten Anteile homosexueller Menschen an der Bevölkerung und denken wir uns Bisexuelle und Nichtbinäre hinzu, dann kommen wir vermutlich auch auf diesem Feld – zumindest in naher Zukunft – auf paritätische Verhältnisse, die wir präventiv oder präemptiv, vorsorglich eben in der einen Parlamentshälfte abbilden sollten. Erst dann ist Gleichstellung auch bei dieser immer größer werdenden Personengruppe gewährleistet.

Quoten statt Chancengleichheit
Frauen wie Männer vertreten das ganze Volk
Und damit kommen wir wie von selbst zu einem weiteren Vorschlag der Rot-Grünen in der Ampel, die ja – wie bekannt – seit Jahren auf so etwas wie ein Jugendlichen- und Kinderwahlrecht drängen, weil sie wissen, dass die Menschen, je mehr Lebensjahre sie aufweisen, umso mehr dazu neigen, Parteien rechts der Mitte zu wählen. So sorgen diese „verrechtenden“, sozusagen zugerechteten Wähler für einen harmageddon-artigen, über die Zeit erstreckten, dadurch aber nicht weniger bedrohlichen Rechtsruck, der sich zum Teil sogar schon in anderen europäischen Ländern manifestiert hat. Das letzte Beispiel ist Holland, in dem die Protestbewegung der Bauern und Bürger bei den Regionalwahlen triumphiert haben. Zu nennen wären auch Dänemark, Schweden, Italien, Griechenland, Österreich und seit langem Polen, Tschechien und Ungarn, bei denen freilich Hopfen und Malz verloren ist, zumindest für „progressive“ Craft-Beer-Brauer.

Aber wir schweifen ab: Das Wahlrecht für Menschen ab 16 ist also ein guter Beginn, um die Jugend-Alter-Parität zu erreichen, sodass wir mittelfristig anstreben sollten, die Bundestagssitze hälftig an Jugendliche und Erwachsene zu vergeben, damit auch an dieser Stelle eine bessere Balance eintritt – gerade in Klima-Fragen. Denn das nun schon seit längerem überlieferte Wissen der Welt belegt: Von Erwachsenen sind nun einmal Anstrengungen im Sinne des zukünftigen Weltklimas nicht zu erwarten.

Denn da sind dieselben ja eh schon alle tot, was ja kein schlechter Ausgang der Geschichte sein muss, wiederum vor allem ökologisch und klimatologisch gedacht. Je weniger Boomer, desto besser für die Veggie-Burger-Industrie, die bekanntlich eines der Rädchen ist, das den Planeten retten wird.

Auf dem Weg dahin – die Zukunft ist das Ziel! – muss zunächst jedes meritokratische Prinzip aus dem Bundestag getilgt werden, da es der gleichberechtigten Teilhabe aller am Gesellschaftswerk im Weg steht. Gewonnene Direktmandate? Pah! So etwas wird von einer Vagina oder einem Transfrau-Penis, von olivbraunem Gesichtston oder Flaum auf der Oberlippe plus Akne locker geschlagen.

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