Tichys Einblick
Neue Nationalhymne gesucht

Markus Söder gibt Bundestagswahl schon verloren

Söder will die CDU/CSU in die Opposition schicken, sollten die Grünen stärkste Partei werden. Damit wird es höchste Zeit, über eine neue Nationalhymne nachzudenken. Hei-di-tschimmela-tschimmela-tschimmela-tschimmela-bumm!

IMAGO / Sven Simon

Wenn man vom Teufel spricht, kommt er schon. Wer ins Verlieren verliebt ist, wird verlieren. Und wer nicht den Sieg erwartet, wird nicht siegen.

Es sind Volksweisheiten und das, was die moderne Management-Kunst daraus ableitet. Markus Söder, CSU-Chef, weiß das ganz genau. „Wenn die Union nicht mehr den Kanzler stellt, dann ist sie faktisch abgewählt. Und eine abgewählte Partei muss einen anderen Weg der Erneuerung antreten – in der Opposition“, sagte der bayerische Ministerpräsident den Zeitungen der Funke Mediengruppe laut Vorabbericht.

Nachdenken über den Tag nach der Wahlniederlage

Söder denkt also schon darüber nach, was passiert, wenn die Grünen stärkste Partei werden. Das ist keine gute Botschaft für diejenigen, die jetzt für die Verlierer-Union Wahlkampf machen sollen. Der Sub-Text, also das, was zwischen den Zeilen mitschwingt, lautet: Bleibt zu Hause. Plakate kleben bringt’s nicht.
Wahlkämpfer, die aufgeben, haben schon verloren; Motivation geht anders.

Mit Blick auf die in Umfragen starken Grünen sagte er: „Grün-Schwarz halte ich für falsch. Als Juniorpartner der Grünen in eine Regierung einzutreten, würde der Union auf Dauer fundamentalen Schaden zufügen.“

Auch das ist wieder so ein seltsamer Söder-Satz, der zwischen Wahr und Unwahr changiert. Die CDU in Baden-Württemberg ist längst nur noch zweitstärkste Partei. Sie machte den Pudel für den grünen Mehrfachwahlsieger Wilfried Kretschmann und schrumpft sich dabei weiter klein und immer kleiner auf dem schnellen Weg vom Mops zum Fifi, der bei Kretschmann frech aus dem Rucksack schaut. Insofern hat Söder Recht. Er macht sich aber noch schneller zum Fifi, weil er sich den Grünen längst angeschmiegt hat. Man muss sich Kathi Schulze von den bayerischen Grünen nur anschauen, um zu ermessen, was aus der früher so stolzen und selbstbewussten CSU geworden ist: ein Anhängsel. Ein „Charivari“ – eine Schmuckkette am Trachtenanzug, mit allerlei Klimbim im Kleinformat.

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Das alles weiß er natürlich; in Sachen Wahlkampf kennt er sich aus. Er will halt Armin Laschet die Tour vermasseln. Man sieht Söder schon vor sich, wie er am Tag der Wahlniederlage vor die Kameras seines Bayerischen Privatrundfunks tritt und Armin Laschet den Dolch auch noch mal umdreht, den er ihm jetzt schon vorsorglich in den Rücken gestoßen hat. Nicht einmal den Job des Vizekanzlers unter Annalena Baerbock gönnt er seinem Machtkonkurrenten. Wer Söder zum Freund hat, braucht keinen Feind.

Dabei ist es doch eine geradezu kabaretthaft hübsche Vorstellung, wie Baerbock und ihr Vizekanzler Laschet um die Wette strahlen. Wobei – darüber entscheidet ja Söder gar nicht. Wenn die Grünen stärkste Partei werden, können sie es sich aussuchen: Auch Rote, noch Rötere und die FDP stehen ja schon an der Ampel und warten. Es könnte gut sein, dass Armin Laschet wenigstens nach der Niederlage die Schmach des Dauerlächlers am Kabinettstisch erspart bleibt. Dann heißt das Dream-Team der kommenden Legislatur-Periode Baerbock/Lindner. Vermutlich wird dann Herbert Grönemeyers Lied „Kinder an die Macht“ zur Nationalhymne. Denn die angekündigte Umwälzung und Austreibung des Hergebrachten kann nicht vor der Nationalhymne Halt machen.

Schluss mit dem Lied der Deutschen

Wer schon wie die Grünen den Begriff „Deutsch“ aus dem Wahlprogramm tilgt, muss auch endlich dieses garstige „Lied der Deutschen“ ablösen, in dem immer noch vom „Deutschen Vaterland“ gesungen wird. Wollen die Grünen nicht alles „Deutsche“ streichen? Aber bitte halten Sie das nicht für weit hergeholt.

Die dritte Strophe darf erst seit 1953 als Nationalhymne gesungen werden; dafür kämpfte Konrad Adenauer. Er empfand es als peinlich, dass zum Beispiel bei einem deutsch-belgischen Fußballspiel in Köln nach der belgischen Hymne der Karnevalsschlager „Wir sind die Eingeborenen von Trizonesien“ gespielt wurde.  „Trizonesien“ war der Zusammenschluss der amerikanisch besetzten Zone mit der britischen und französischen. Sollten Sie nicht mehr ganz textsicher sein, hier zum Nachlesen und reinhören, was bis 1953 gespielt wurde, wenn etwas gespielt werden musste:

Mein lieber Freund, mein lieber Freund,
Die alten Zeiten sind vorbei,
Ob man da lacht, ob man da weint,
Die Welt geht weiter, eins, zwei, drei.
Ein kleines Häuflein Diplomaten
Macht heut die große Politik,
Sie schaffen Zonen, ändern Staaten.
Und was ist hier mit uns im Augenblick?

Wir sind die Eingeborenen von Trizonesien,
Hei-di-tschimmela-tschimmela-tschimmela-tschimmela-bumm!
Wir haben Mägdelein mit feurig wildem Wesien,
Hei-di-tschimmela-tschimmela-tschimmela-tschimmela-bumm!

Wir sind zwar keine Menschenfresser,
Doch wir küssen um so besser.
Wir sind die Eingeborenen von Trizonesien,
Hei-di-tschimmela-tschimmela-tschimmela-tschimmela-bumm!
Doch fremder Mann, damit du’s weißt,
Ein Trizonese hat Humor,
Er hat Kultur, er hat auch Geist,
Darin macht keiner ihm was vor.
Selbst Goethe stammt aus Trizonesien,
Beethovens Wiege ist bekannt.
Nein, sowas gibt’s nicht in Chinesien,
Darum sind wir auch stolz auf unser Land.
Wir sind die Eingeborenen von Trizonesien,
Hei-di-tschimmela-tschimmela-tschimmela-tschimmela-bumm!
Wir haben Mägdelein mit feurig wildem Wesien,
Hei-di-tschimmela-tschimmela-tschimmela-tschimmela-bumm!
Wir sind zwar keine Menschenfresser,
Doch wir küssen um so besser.
Wir sind die Eingeborenen von Trizonesien,
Hei-di-tschimmela-tschimmela-tschimmela-tschimmela-bumm!

Nach längerer Auseinandersetzung mit dem damaligen Bundespräsident Theodor Heuss setzte Adenauer das Lied der Deutschen durch. Heuss hatte sich lange dagegen gestemmt; es war Geschichtsbewusstsein. Das Lied der Deutschen, auch Deutschlandlied genannt, wurde von August Heinrich Hoffmann von Fallersleben am 26. August 1841 auf Helgoland gedichtet. Größere Bedeutung erlangte das Lied erst im Ersten Weltkrieg, als die Oberste Heeresleitung (OHL) verlautbaren ließ, es sei bei einem Gefecht in der Nähe des belgischen Ortes Langemarck nördlich von Ypern spontan von deutschen Soldaten angestimmt worden. Die OHL kommentierte die Ereignisse vom 10. November 1914 am folgenden Tag mit einem – offensichtlich propagandistisch formulierten – folgenreichen Bericht, der von fast allen deutschen Zeitungen auf der ersten Seite abgedruckt wurde:

„Westlich Langemarck brachen junge Regimenter unter dem Gesange ‚Deutschland, Deutschland über alles‘ gegen die erste Linie der feindlichen Stellungen vor und nahmen sie. Etwa 2000 Mann französischer Linieninfanterie wurden gefangen genommen und sechs Maschinengewehre erbeutet.“

Drei Jahre sollte der Konflikt zwischen Bundeskanzler und Bundespräsident dauern. Adenauer war zäh und motiviert. Es muss fürchterlich für Adenauer gewesen sein, als er noch 1953 bei seinem ersten Staatsbesuch in Chicago mit „Heidewitzka, Herr Kapitän“ empfangen wurde. Das Lied empfiehlt sich aber nicht; es wurde erstmal 1936 eingespielt.

Sollte man statt Heidewitzka zu Trizonesien zurückkehren? Vermutlich müsste man heute das von den Mägdelein mit feurig wildem Wesien irgendwie umdichten und die Sojwetzone auch textlich wiedervereinigen. Wobei man sagen muss: Es spräche schon für Armin Laschet als Vizekanzler, einen der rheinischen Faschingsschlager zu wählen. Aber vermutlich ist der Weg zurück falsch, und Grönemeyer zeitgeistiger.

Was, wenn Söder siegt?

Nun ist der Wahlausgang keineswegs sicher. Auch Söder gibt sich davon überzeugt, „dass die Union am Ende vorne liegt“. Dann ist seine Zeit gekommen. Auch dafür empfiehlt sich ein Lied; diesmal von dem Reichenhaller Original Hans Söllner, der eine Söder-Hymne singt, die allerdings kaum bundesweit verstehbar ist.

mia miasns olle überwachen,
olle überdachen,
olle kontrolliern,
olle ausspioniern,
olle oanzln eisperrn,
olle oanzln verhörn,
störn oda verstörn,
olle wer ma eam kean,
koana werd wos hern,
koana werd trauern oda rean,
olle wer ma steam,
im namen des herrn,
koane binnen san im woid drausd zum findn,
de kindaschua kean ned dazua,

Sosososo muast das macha,
anders werds ned geh,
naa anders werds ned geh,
des sog da i
Sososo so muast das macha,
anders werds ned geh,
i sog da wos, anders werds ned geh,
des sog da i

Wir weisen darauf hin, dass Hans Söllner neuerdings als „umstritten“ gilt, weil er dazu aufgerufen hat, trotz Corona-Sperre Angehörige in Altersheimen zu besuchen. Seinen darauf folgenden tiefen Fall beschreibt der Tagesspiegel selbstbeschreibend wie folgt; wie ein schrulliger alpiner Bänkelsänger selbst im fernen Berlin als frech wahrgenommen wird, wirft ein grelles Licht auf die neue Gegenwart, die dringend einer neuen Hymne bedarf.

„Lange Zeit bestand an der politischen Integrität Söllners kein Zweifel: Er genießt den Ruf eines unbequemen Querkopfs, der Kifferlieder im bayerischen Dialekt singt, Geflüchtete bei sich Zuhause aufnahm und CSU-Politiker mit Schimpftiraden eindeckte. Ein aufrechter Antifaschist, Anarchist und Rastafari. Doch nun verstieg sich Söllner in sozialen Netzwerken in Verschwörungstheorien, die bis zur Verharmlosung des Nationalsozialismus reichten: ‚Denunzianten, SA, Stasi und Gleichschritt und das passiert gerade. Man darf keine Vergleiche ziehen zum Dritten Reich. Aber das passiert gerade. Schaut euch um‘, schreibt er da. Solche Äußerungen waren auch seinem Plattenlabel Trikont zu viel. Labelchefin Eva Mair-Holmes prangerte Söllners Ausführungen öffentlich an.“

Söllner eignet sich also nicht. Passender ist schon Udo Lindenberg, und auch politisch sauber (jedenfalls bis jetzt). Angesichts der hohen Einkommenserwartung von Annalena Baerbock empfiehlt sich daher Udo Lindenberg: „Ach wie gerne, wäre ich Mitglied im Club der Millionäre“.

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