Tichys Einblick
Schön war's, es hat mich sehr gefreut.

Kurz und Merkel in Brüssel

Ein Bild hat mir eine Geschichte erzählt, die ich nicht für mich behalten kann.

Merkels Körpersprache bei Kurz sprach schon 2018 Bände

LUDOVIC MARIN/AFP/Getty Images

Auf dem Bild spricht Angela Dorothea Merkel die Wahrheit, ohne ein Wort zu sagen. Sie sagt unverkennbar, Junge, dich kann ich nicht einordnen, du bist so anders als Juncker und all die anderen Berufs-EUropäer hier in Brüssel, aber auch anders als Nahles und all die anderen in Berlin.

Ist das nur vorübergehend so, fragt sich Merkel, oder wirst du Wunderwuzzi, dem deine Fortune in Wien die FPÖ dazu bringt, ihr Burschenschafter-Hinterstüberl selber zu entrümpeln, möglicher Weise doch anhaltend so weitermachen? Kriegen wir dich nicht eingeschliffen in unsere Kreise? Gehst du vielleicht tatsächlich einen neuen Weg?

Ist deine Weigerung, dem Macron-Befehl nach mehr Geld für Brüssel, dem wir Reichsdeitsche, wie die ganz alten Leute in Österreich noch sagen, selbstverständlich immer folgen, gar nur der erste, taktisch unauffällige Schritt in deiner Strategie, zusammen mit anderen eine Alternative zur „ever closer Union“ aufzubauen, eine Alternative des weniger Zentralismus, des viel mehr dezentral, nicht nur national, sondern regional?

Als ich dich beim Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker mit Mark Rutte, dem Premier der Niederlande zusammen auffällig unauffällig im mittleren Parkett sitzen sah, auf normalen Plätzen, keinen prominenten, schwante mir schon, welch raffinierte Verstärkung du dir da an Land ziehst, hinter der auch die Visegrád-Staaten sich manierlich einordnen können, statt allzu angreifbar im Vordergrund zu stehen.

Und du hast mir also die Klatsche verpasst. Europa folgt mir nicht, es will mir die Flüchtlinge nicht abnehmen, die ich geholt habe. Und das reicht dir immer noch nicht? Nicht einmal Juncker hilft mir dabei, diese garstigen Osteuropäer an den Rand zu drängen und ihnen Geld abzuknöpfen, das ich jetzt dringend brauche für Flüchtlingswohnungen. Gemein.

Nun schickst du dich mit deiner Weigerung, den Brexit-Ausfall an Geld ersetzen zu helfen, sondern weniger auszugeben als EU, an, andere mit in dein Boot zu holen. Mich dünkt, du hast, was ich nie hatte, einen Plan. Und dein erster Auftritt als Bundeskanzler in Brüssel ist dann wohl nur ein kleiner Vorgeschmack dessen, was da noch kommt. Dabei gehen WIR doch mit gutem Vorbild voran und wollen mehr Geld für die EU ausspucken. Und jetzt du.

Da du es nicht hören kannst, gebe ich es zu, deine höfliche und ruhige Art, das Gegenteil von dem zu tun, was ich und Macron und Juncker (ich weiß, nur der Lakai von Paris und Berlin) von dir wollen, beunruhigt mich. Du könntest damit glatt Erfolg haben. Nun, wenn nichts anderes übrig bleibt, ist eben mein nächstes abruptes Manöver fällig, so wie Ziethen aus dem Busch. Vielleicht lasse ich es meine Herolde Halse nennen, damit es anders klingt als Wende, wo die doch sowieso alle Halsen waren. Die Richtung ist ja auch egal, solange ich mit auf der Kommandobrücke stehe.

Nachwort für Preußen und Norddeutsche: Ja, ich weiß, das hat Frau Merkel natürlich nicht gedacht. Dann wäre sie ja nicht Merkel. Schlecht für sie, denn genau so kann es kommen. Mir würde es gefallen, ich tät‘ dann wie weiland der Kaiser in Wien sagen, schön war’s, es hat mich sehr gefreut.