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Grüne wollen Millionenspenden doch nicht annehmen

Nachdem „Aktion Deutschland hilft“ keine Spenden von Mitarbeitern von Heckler & Koch annimmt, ziehen auch die Grünen nach. Sie wollen keine Millionenspende von schmutzigem CO2-Geld. Moral geht vor Mammon.

IMAGO/Political-Moments

Berlin (ATN). Die Grünen wollen die in diesem Jahr eingegangenen Millionenspenden nun doch nicht annehmen. Das hat der Bundesvorstand in Berlin mitgeteilt: “Wir haben uns im Interesse unserer Glaubwürdigkeit entschieden, unseren moralischen Ansprüchen Vorrang vor dem schnöden Mammon einzuräumen, auch wenn wir damit im Wahlkampf an Schlagkraft einbüßen“. Das sei auch nichts grundsätzlich Neues, man habe Spenden schon früherer gelegentlich abgelehnt, so Grünen Schatzmeister Marc Urbatsch. Er begründete die Entscheidung damit, dass man sich am Vorbild der „Aktion Deutschland hilft“(ADH) orientiert habe. 

Das Bündnis renommierter deutscher Hilfsorganisationen hatte entschieden, eine Spende des schwäbischen Waffenherstellers Heckler & Koch für die Opfer der Flutkatastrophe in Höhe von 15.000 € nicht anzunehmen. Beim Einsatz für Menschen, die durch Krisen und Katastrophen in Not geraten sind, dürfe die Annahme von Geldern in keinem Widerspruch zu unserem Auftrag stehen, so die Begründung der ADH. Die ethischen Leitlinien der Hilfsorganisation sprächen dagegen, „vorbehaltlos das Geld eines Unternehmens anzunehmen, dessen Waffen in Kriegen zum Einsatz kommen und humanitäre Not verursachen“. Im Kuratorium von „Aktion Deutschland hilft“, dem Außenminister Heiko Maas vorsitzt, sind auch die Grünen prominent vertreten. Neben dem Bundestagsabgeordneten Kai Gehring gehört dem Kuratorium auch die frühere grüne Fraktionsvorsitzende im Bundestag und spätere Staatsministerin im Auswärtigen Amt, Kerstin Müller an.

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Im Lichte der Entscheidung der ADH „kein Blutgeld für gute Taten“ habe man auch die jüngsten Großspenden von Millionären und vermögenden Erben an die eigene Partei neu bewertet, so Kellner. So werde man die eine Million € eines Software-Entwicklers aus Mecklenburg-Vorpommern zurückgeben, der große Gewinne aus Spekulationen mit der Digitalwährung Bitcoin gemacht habe. „Wir können nicht die strikte Einhaltung der Klimaziele einfordern und dann Geld nehmen, das aus Rechenoperationen stammt, die ungeheurere Mengen Strom aus Kohlekraftwerken verbraucht haben“, so Urbatsch. Auch wenn der Spender Moritz Schmitz einen Politikwechsel zu mehr Umwelt-und Klimaschutz fördern wolle, bleibe es doch schmutziges Co2-Geld.

Dasselbe gelte für die im Februar eingegangen Spende von 500.000 Euro von Antonis Schwarz, Millionenerbe des Pharma-Konzerns Schwarz. Antonis Urgroßvater und sein Großonkel, etwas später auch sein eigener Großvater, gründeten die Firma Schwarz Pharma AG, die zu den 80 größten deutschen Aktiengesellschaften zählte. 2006 verkaufte die Familie Schwarz ihre Arzneimittelfirma für rund 4,4 Milliarden €. „Wir Grünen haben über Jahrzehnte Gentechnik und Tierversuche bekämpft, die in der Pharmaindustrie seit je her gang und gäbe sind. Geld, das mit dem Tod von Tieren und der Manipulation am Erbgut verdient wurde, ist mit unseren ethischen Maßstäben nicht vereinbar“.

Auch die 250.000 € des Immobilienunternehmer Sebastian Schels, wollen die Grünen nun doch nicht annehmen. Schels stammt aus einer traditionsreichen Unternehmerfamilie, sein Vater gründete einst den Lebensmitteldiscounter Netto. 2020 hatte Anton Hofreiter, Chef der Bundestagsfraktion der Grünen, ein Verbot von Dumpingpreisen für Lebensmittel gefordert: „Damit ruinieren wir unsere Landwirtschaft“. Womöglich würde ein grundsätzliches Verbot von Billiglebensmitteln helfen, so Hofreiter damals. Hofreiter heute: “Geld, das die Lebensmitteldiscounter auf dem Rücken von hartschuftenden Bauern verdient haben, ist unsozialer und unfairer Gewinn“.

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Auch die bislang höchste Einzelspende in der Geschichte der Partei werde nun doch nicht angenommen. Der niederländische Technologieunternehmer Steven Schuurman hatte kürzlich 1,25 Millionen Euro überwiesen, weil, wie er sagte, der Klimawandel keine Grenzen kenne.  Der Niederländer Schuurman, ist Mitgründer und ehemaliger Chef von Elastic, einem Unternehmen für Datensuche und Analyse. Zudem ist er Medienunternehmer. Laut „Forbes“ beläuft sich sein Vermögen auf knapp zwei Milliarden Dollar. Bundesgeschäftsführer Michael Kellner begründete den Sinneswandel der Partei damit, man habe sich stets gegen Einflußnahme aus dem Ausland auf Wahlen in Deutschland gewandt. Dabei habe man in erster Linie an Rußland gedacht. Aber sein Satz bleibe gültig: „Wahlen werden in Deutschland entschieden“. Und Geld aus Holland sei nun einmal Geld aus dem Ausland. Dass Schuurman damit die Grünen im hiesigen Wahlkampf unterstützen wolle, sei ehrenhaft, aber ethisch unzulässiger Auslandseinfluß.

Kellner gab zu, der neuen Haltung zu Großspenden seien intensive Diskussionen im Bundesvorstand vorausgegangen. Schlußendlich habe man sich nicht länger dem Vorwurf der Doppelmoral vom politischen Gegner und aus den eigenen Reihen aussetzen wollen. Denn seit 2010 habe die Bundestagsfraktion im Parlament eine »jährliche Obergrenze für Spenden natürlicher und juristischer Personen an eine Partei in Höhe von 100.000 Euro« gefordert und das 2012 erneuert. Man habe sich aber gegen die anderen Parteien nicht durchsetzen können. Es gebe also rechtlich keine Obergrenze und auch der grüne Spendenkodex schließe sie nicht aus. „Wenn wir für alle strengere Regeln fordern, müssen wir uns auch selber dranhalten, alles andere wäre unmoralisch und damit ungrün“. 

Die Partei will die Großspenden in den nächsten Tagen zurücküberweisen.


Claudia Pritt

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