Tichys Einblick
Call ä Revoluschen

„Globaler Klimastreik”: Sank ju for träweling deutsche Bahn

Streiken und Bahn – das kannten wir bisher vor allem von streikenden Bordtoiletten, technischen Problemen am Triebkopf und dem Satz des armen Bistro-Mitarbeiters: Der Kaffeeautomat streikt schon wieder.

IMAGO / Jan Huebner

Die Bahn zählt zu den besonderen Unternehmen: Sie gehört dem Staat. Deshalb existiert sie in der Form, wie wir sie kennen. Im Jahr 2021 erhöht sich ihre Gesamtverschuldung voraussichtlich auf 32 Milliarden Euro. Die Pünktlichkeit verbesserte sich 2020 coronabedingt leicht, weil das Ein- und Aussteigen der Passagiere nach Unternehmensangaben flotter ging. Folglich kam nur noch knapp jeder fünfte Zug zu spät, nicht mehr fest jeder vierte wie 2019. Dafür stiegen die Fahrpreise in den vergangenen Jahren ordentlich, trotz eines Zuschusses aus der Steuerkasse von gut 5 Milliarden Euro.

Immerhin gibt es ab und zu auch Sonderangebote – und für den 19. März eine echte Innovation. An diesem Tag soll eine deutschlandweite Veranstaltung von Fridays for Future unter dem Namen „globaler Klimastreik” stattfinden, mutmaßlich wieder mit der Parole „System Change, not Climate Change“. Damit die Bürger in all den Coronaproblemen nicht vergessen, sich zur Systemwechseldemonstration einzufinden, trommelt die Bahn schon einmal mit personalisierten Mails an ihre Kunden. Und bietet einen neuen Service, sogar schienenunabhängig: Wer an dem Aktionstag mit einem Bahn-Mietfahrrad zum Klimastreik strebt, bekommt 120 Minuten geschenkt. Das ist immerhin fast die Hälfte der Zeit, die ein ICE unter Normalbedingungen von München nach Berlin braucht.

Von Lenin stammt bekanntlich der Satz, dass auch der deutsche Revolutionär den Bahnsteig nur mit Bahnsteigkarte betritt. Aber dass ein Staatsunternehmen direkt zum Streiktag ruft und dafür ein Schnäppchen offeriert, hätte seine Vorstellungskraft vielleicht doch überstiegen.

Streiken und Bahn – das kannten wir bisher vor allem von streikenden Bordtoiletten, technischen Problemen am Triebkopf und dem Satz des armen Bisto-Mitarbeiters: der Kaffeeautomat streikt schon wieder.

Übrigens: Was ist eigentlich mit dem Abstandsgebot und der Corona-Gefahr, die von Großveranstaltungen ausgeht? Irgendwie sollen am 19. März keine Massen zusammenkommen, aber viele Einzelpersonen mit viel Sprühkreide.

Der Werbeslogan unseres sympathischen Staatsunternehmens für die Aktion am 19. März lautet „Call a strike – mit Call a Bike zum Klimastreik“. Das klingt ein bisschen wie: We are now abrotsching unseren Ziel- und Endbahnhof mit leider 120 Minuten Verspätung, sörry for de unconvinjenz und sank ju for träweling deutsche Bahn.
Eigentlich fehlt jetzt nur noch eins: Die Bundesregierung muss den 19. März zum arbeitsfreien Tag erklären – mit Demonstrationsempfehlung, natürlich auf freiwilliger Basis.

Unsere Bundeskanzlerin besitzt auf diesem Gebiet eine unschlagbare Expertise.

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