Tichys Einblick
Gender Studies

Ob Klimawandel oder Corona – sind die Männer verantwortlich?

Glaubt man Gender-Professorinnen, dann sind Männer schuld am Klimawandel. Sie sollen aber auch die schlechteren Manager der Coronakrise sein. Wie toxisch ist Männlichkeit - oder wie gaga ist Gender?

imago images / Christian Ohde

Die Idee stammt von der Feministenfront. „Klimawandel hat seinen Ursprung auch in traditionellen Konzepten von Männlichkeit“, sagte Feminismusaktivist Jens van Tricht jüngst im Deutschlandfunk. Ich war mir zunächst nicht sicher, ob das ironisch gemeint sein sollte – denn so viel Humor traue ich diesen Leuten eigentlich nicht zu. Der Klimawandel liege am Gesellschaftssystem, das wir ändern müssten, und mit Feminismus könne man der Klimakrise entgegentreten, hieß es weiter. Also: Männer sollen sich ändern und gute Wesen werden wie die Frauen, die bekanntlich alle völlig im Einklang mit der Natur leben.

Schon 2007 hat eine Bremer Professorin für Gender Studies, Ines Weller, auf die Schuld der Männer beim Klimawandel hingewiesen. Laut „Spiegel“ sagte sie, dass Männer mehr Fleisch essen, mehr Auto fahren – und zwar meistens größere Wagen als Frauen, die wiederum mehr Obst und Salat essen. Wellers zugespitzte These: Wer mehr verdient, verbraucht mehr Ressourcen und verursacht mehr klimaschädigende Emissionen. Sie räumte aber immerhin ein, dass die Datenlage dünn sei.

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Die „Zeit“ wollte bei diesen fortschrittlichen Thesen nicht abseitsstehen. „Beim Klima zählt auch das Geschlecht“, zitierte die Wochenzeitung im Jahr 2015 Diplom-Physikerin Gotelind Alber, „Frauen verhalten sich umweltbewusster.“ Auch sie stützte sich auf die Beobachtung, dass Männer mehr Auto fahren, Frauen tendenziell umweltfreundlicher unterwegs seien mit kleineren, sparsameren Autos und eher vegetarisch essen. Klimawandel sei ein strukturelles Problem, denn es sei unter anderem die „Dominanz von Männern und ihren Perspektiven, die in den Entscheidungspositionen die ungerechte Situation weiter verfestigt, die klimaschädigendes Verhalten bevorzugt.“

Ja, Männer essen mehr Fleisch. Das hat unter anderem damit zu tun, dass Männer viel mehr körperliche Arbeit leisten. Da hast du eben am Mittag nicht auf den hippen kleinen Salat Lust wie die Beraterin aus der Werbeagentur, sondern eher auf ein Schinkensandwich oder einen Döner. Dies einem Kerl vorzuwerfen, der zum Beispiel auf dem Bau arbeitet, ist absurd. Die Argumente dieser „Experten“, die aus Universitätskreisen stammen und aus dieser engen Perspektive die Welt erklären wollen, sind realitätsfern.

Dass Frauen kleinere Autos fahren, war vielleicht vor 20 Jahren so. Heute verdienen Frauen mehr, deshalb leisten sie sich gern größere und teurere Autos. Laut der „Rheinischen Post“, die sich auf Daten des Kompetenzzentrums Frau und Auto (Hochschule Niederrhein) bezieht, kaufen Frauen immer häufiger einen SUV: „Zwischen 2010 und 2017 stieg der Anteil der SUVs an allen Fahrzeugen mit weiblichem Halter um 3,5  Prozentpunkte. Damit unterscheidet sich das Kaufverhalten von Frauen in diesem Bereich nicht grundsätzlich von dem der Männer.“ Der SUV-Anteil sei geschlechterübergreifend stark gestiegen. Traditionelle Weiblichkeit steht offenbar auf Geländewagen – die morgendliche SUV-Karawane vor Schulen bestätigt die Entwicklung.

Dass Männer am Klimawandel schuld sind,
ist genauso lächerlich wie die Behauptung:
Wenn Frauen nie Kinder gebären würden,
gäbe es keinen Klimawandel

Ja, Männer fahren mehr Kilometer und sie fliegen mehr – vor allem, weil sie geschäftsbedingt mehr reisen müssen; denn Männer sind öfters Entscheidungsträger in Unternehmen. Zum Beispiel in solchen, die fossile Brennstoffe fördern. Ich rufe aber gern in Erinnerung, dass Straßen, Autos und Flugzeuge nicht von Männern für Männer gebaut werden. Männer fördern auch nicht ausschließlich für sich selbst Erdöl. Auch wenn es für einige überraschend kommt, wir Frauen benötigen ebenfalls Plastik, Internet, wir mögen iPhones und Billigflieger und nette Ferien auf den Kanaren, wohin wir im Winterhalbjahr vor der Kälte flüchten.

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Frauen frieren schneller als Männer. Sie sind aber natürlich nicht schuld am Klimawandel, weil ihretwegen mehr geheizt wird. Auch profitieren sie gern von der Landwirtschaft und überhaupt von allem, was unseren modernen Lifestyle möglich macht. Es sind wirklich nur ganz wenige, die ins 18. Jahrhundert zurückwollen. Man könnte ja einmal die geschlechtermäßige Unausgewogenheit beim Shoppen unter die Lupe nehmen. Ich denke da an die vielen Retoursendungen bei Zalando. Oder die Millionen Tonnen Kosmetika, deren Produktion wahnsinnig umweltfreundlich und deren Verpackung so gut recycelbar ist.

Schuldzuweisungen sind kontraproduktiv, vielen Leuten stinkt’s, sie sind für Anliegen nicht mehr offen. Denn die große Mehrheit leugnet ja nicht, dass der Klimawandel existiert. Man ist einfach uneinig darüber, inwieweit sich der Klimawandel genau auswirkt. Es geht schließlich auch um Arbeitsplätze, individuelle Mobilität und die Frage, inwiefern Umweltmaßnahmen umgesetzt werden können, ohne ganze Wirtschaftszweige zu zerstören. Lösungen für beide Bereiche zu finden schließt sich ja nicht aus. Man gestatte mir den Einwurf, dass es dann in der Mehrheit wieder die Männer sind, die neue Technologien mit Manpower und Kapital vorantreiben.

Dass Männer schuld sind am Klimawandel, ist genauso lächerlich wie die Behauptung: Wenn Frauen nie Kinder gebären würden, gäbe es keinen Klimawandel. Oder: Alle Nazis wurden von Frauen geboren. Der Klimawandel ist eine Herausforderung, und wir alle sind davon betroffen. Um sie zu meistern, sollte man alle mit an Bord haben.


Dieser Beitrag erschien zuerst in „Die Weltwoche“.


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