Tichys Einblick
Eigene Meinung versus Parteiräson

Wolfgang Bosbach: Mittelweg ins Aus

Wolfgang Bosbach hat den Vorsitz des Innenausschusses niedergelegt, nicht aber sein Mandat. Mit dem Verzicht auf sein Bundestagsmandat soll kein Abgeordneter öffentlich drohen. Das tut man oder schweigt davon. Erst recht nicht, wenn er seine erneute Kandidatur 2017 ausdrücklich nicht ausschließt. Bosbachs Glaubwürdigkeit leidet.

Bosbach erfüllt die Kriterien von Facebook, Twitter & Co. – er hat nur Fans und Feinde. Das kann ihm nicht gefallen, weil er mehr abwägend argumentiert als schwarz-weiß. Wer wie er immer wieder gegen den Mainstream allgemein, aber vor allem in der eigenen Partei und der Unionsfraktion Stellung bezieht, hat es schwer. Seit er nicht Innenminister wurde, sind die Spekulationen nie mehr verstummt, ob er als MdB aufhört. Nicht immer war er selbst die Quelle solcher Meldungen, aber von Zeit zu Zeit eben doch. Es gab nur wenige seiner vielen Fernsehauftritte, wo diese Frage nicht gestellt wurde. Und in vielen hat er erklärt, warum er nicht immer wieder allein gegen alle stehen möchte, es aber doch muss, weil er in wichtigen Fragen nicht einfach ja sagen kann, wenn er ganz anderer Meinung ist.

Warum er die Politik der Bundesregierung in der Griechenlandfrage für falsch hält, hat er in zahlreichen Talkrunden erläutert und fast immer nicht nur seine Gegenstimme angekündigt, sondern auch sein Ausscheiden aus dem Bundestag ins Spiel gebracht. Nun hat er zusammen mit 64 anderen Unionsabgeordneten gegen weitere Hilfspakete gestimmt. Mit dem Rücktritt vom Vorsitz des Innenausschusses und dem Verbleib im Mandat hat er sein Pulver verschossen. Sein bisheriger Stammplatz in TV-Magazinen ist nicht mehr gesetzt.

Er hat niemanden in seinem Wahlkreis gefunden, sagt Bosbach, der die Idee Rücktritt vom Mandat gut findet. Er gibt auch nicht sehr viele, die sein Nein im Bundestag gut finden. Das hat ihn nicht von seinem Nein aus Überzeugung abgehalten. Er sollte auch im Wahlkreis tun, wovon er überzeugt ist, nicht was andere wollen. Das ist natürlich nur meine Sicht, allerdings eine, die es gut mit Wolfgang Bosbach meint. Ich weiß, wie Parteien mit dem umgehen, der keine Macht mehr hat.