Tichys Einblick
Unfairer Journalismus

Wir verwahren uns gegen eine durch nichts gerechtfertigte Unterstellung

Jene Regierungschefs, die den VN-Migrationspakt unterzeichnen lassen werden, haben ihn unter Garantie nie durchgelesen. Schon deshalb nicht, weil das sorgfältig über zwei Stunden braucht. Nicht anders wird es mit den meisten Journalisten sein, die darüber schreiben.

© Getty Images

BILD online denunziert die TE-Übersetzung des GLOBAL COMPACT FOR SAFE, ORDERLY AND REGULAR MIGRATION durch diese demagogische Desinfomation als Verschwörungstheorie:

»Um ihre Verschwörungstheorie zu untermalen, übersetzt Koenen schon den Titel des Paktes falsch.

Im Original heißt das Abkommen: „Global Compact for safe, orderly and regular Migration“ – korrekt übersetzt heißt das: „Globaler Vertrag für sichere, geordnete und geregelte Migration“.

Doch Koenen macht daraus: „Globaler Pakt über Sichere, Geregelte und Planmäßige Migration“ – als stecke hinter dem Pakt eine Art Geheimplan zu dem, was AfD und andere Verschwörungstheoretiker der gesamten Politik so gern unterstellen: der „Umvolkung“ des Abendlandes.«

Der BILD-Passus »als stecke hinter dem Pakt eine Art Geheimplan zu dem, was AfD und andere Verschwörungstheoretiker der gesamten Politik so gern unterstellen: der „Umvolkung“ des Abendlandes« ist pure Unterstellung, denn nirgendwo in diesem oder einem anderen TE-Text ist davon auch nur sinngemäß die Rede.

Was die Übersetzung angeht, hat das österreichische Außenministerium, das über mehr und erfahrenere Übersetzer verfügen dürfte als die Redaktion von BILD online interessanter Weise genau so übersetzt wiedergegeben wie die Autorin und Übersetzerin Krisztina Koenen für TE. Wir markieren die Stelle in der am Schluss dieses Beitrages wiedergegebenen Erklärung der österreichischen Bundesregierung.

Der hier maßgebliche Teil lautet:

„Österreich unterscheidet klar zwischen legaler und illegaler Migration. Eine Verwässerung dieser Unterscheidung, wie sie der Globale Pakt für sichere, geregelte und planmäßige Migration (VN-Migrationspakt) vornimmt, wird abgelehnt.”

Die Regierung Kurz sieht im UN-Migrationspakt eine „Verwässerung” der Unterscheidung zwischen legaler und illegaler Migration. BILD und TE hätten es sich bei der Übertragung der Formulierung „regular Migration” einfacher machen können und einfach sagen: reguläre Migration. Das Gegenteil von regulärer Migration ist irreguläre Migration.

In allen nicht-deutschsprachigen Medien wird das vor und nach Beginn der Masseneinwanderung nach Europa illegale Einwanderung genannt. Die Regierung in Wien weiß, warum sie formuliert: »Die Schaffung der nicht existenten völkerrechtlichen Kategorie des „Migranten“ ist zurückzuweisen.«

Werte Leser, bitte versuchen Sie doch einmal, den UN-Migrationspakt komplett durchzulesen (43 Seiten, Zeichen inklusive Leerzeichen 136.000, Zeilen 2.000): Entweder im VN-englischen Original oder in der TE-Übersetzung. Es würde die TE-Redaktion sehr interessieren, auf welcher Seite Sie aufgegeben haben und ob Sie unserer Behauptung zustimmen, dass so gut wie niemand ein Summary, eine Inhaltswiedergabe von ein, zwei Seiten zustande brächte.

Was die tatsächliche Verwirklichung des UN-Migrationspakts zweifelsohne zur Folge hätte, wären

  • riesige neue Bürokratien zu ihrer Administration
  • unzählige Unteraufträge dieser Bürokratien für alte und neue NGO
  • unzählige Anwaltsmandate zur Einklagung höchst auslegungsfähiger formulierter Einzelteile des Pakts vor nationalen Gerichten (Soft Law)
  • zahllose öffentlich finanzierte Kampagnen von alten und neuen NGO
  • aus Steuermitteln bezahlte Werbung und PR in Medien aller Art

Schlussbemerkung: Jene Regierungschefs, die den UN-Migrationspakt unterzeichnen lassen werden, haben ihn unter Garantie nie durchgelesen. Schon deshalb nicht, weil das sorgfältig über zwei Stunden braucht. Nicht anders wird es mit fast allen Journalisten sein, die darüber schreiben.

Erfrischend und kurz Bundeskanzler Sebastian Kurz:


Österreichische Votumserklärung

Die Republik Österreich ist ein Rechtsstaat mit einer funktionierenden Gerichtsbarkeit. Alle gerichtlichen und verwaltungsrechtlichen Entscheidungen der Republik erfolgen unter Einhaltung der in innerstaatlichen Gesetzen und völkerrechtlichen Verträgen festgehaltenen Menschenrechte. Die Republik entscheidet souverän über die Zulassung von Migration nach Österreich. Ein Menschenrecht auf Migration ist der österreichischen Rechtsordnung fremd. Die Schaffung der nicht existenten völkerrechtlichen Kategorie des „Migranten“ ist zurückzuweisen.

Österreich unterscheidet klar zwischen legaler und illegaler Migration. Eine Verwässerung dieser Unterscheidung, wie sie der Globale Pakt für sichere, geregelte und planmäßige Migration (VN-Migrationspakt) vornimmt, wird abgelehnt.

Die Zulassung zum österreichischen Arbeitsmarkt und die Gewährung von Sozial- und Gesundheitsleistungen dürfen in Österreich nur aufgrund nationaler gesetzlicher Vorschriften gewährt werden. Der VN-Migrationspakt darf in diese gesetzlichen Vorschriften keinesfalls eingreifen, jegliche in diese Richtung zielende Absichten werden strikt zurückgewiesen. Das gilt auch für die Schaffung neuer Ansprüche und Rechte für Migranten im Wege des VN-Migrationspaktes. Insbesondere lehnt Österreich folgende Punkte des VN-Migrationspaktes ab, soweit sie über die geltende österreichische Rechtslage hinausgehen:

  • Erleichterung des Statuswechsels regulärer-irregulärer Migrant
  • Familienzusammenführung soll erleichtert werden
  • Verbesserte Inklusion in den Arbeitsmarkt
  • Schaffung einer Übertragung von Ansprüchen in die Sozialversicherung
  • Zurverfügungstellung einer Grundversorgung
  • Zurverfügungstellung von Schulressourcen
  • Zugang zu höherer Bildung
  • Anerkennung von formal nicht erworbenen Qualifikationen
  • Erleichterung von Unternehmensgründungen
  • Zugang zum Gesundheitssystem
  • Ansiedlungsoptionen für Klimaflüchtlinge
  • Übernahme von Best-practices in der Integration
  • Verfolgung von Hassverbrechen
  • Aufklärung über rechtliche Verfolgungsmöglichkeiten zugunsten der Opfer von Hassverbrechen (Anzeigen, Schadenersatz)
  • Verhinderung von Täterprofilerstellungen aufgrund der Rasse, Ethnie oder Religion
  • Motivierung zur Aufdeckung von Intoleranz
  • Verhinderung von Internierungen und das Verbot von Sammelabschiebungen

Österreich verwehrt sich dagegen, dass der VN-Migrationspakt ein Österreich bindendes Völkergewohnheitsrecht begründet oder im Wege von soft law in irgendeiner Weise rechtliche Wirkung für Österreich entfalten könnte. Die Heranziehung des Paktes zur Konkretisierung von Rechtsvorschriften durch nationale oder internationale Gerichte wird abgelehnt. Auch kann dieser Pakt keine Kompetenzverschiebungen innerhalb der Europäischen Union bewirken.

Die Republik Österreich, vertreten durch die österreichische Bundesregierung nimmt daher den VN-Migrationspakt nicht an, hat dies schriftlich gegenüber den Vereinten Nationen erklärt und bringt diesen österreichischen „Nicht-Beitritt“ durch ihre Stimmenthaltung zum Ausdruck. Dazu hält sie fest:

  • Österreich erklärt ausdrücklich den VN-Migrationspakt als völkerrechtlich nicht verbindlich.
  • Der VN-Migrationspakt soll weder für Rechtsüberzeugung noch für Staatenpraxis zur Entstehung von Völkergewohnheitsrecht, noch zur Ableitung eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes gedeutet werden; Österreich wäre in diesem Fall als „persistent objector“ anzusehen.
  • Im Falle, dass eine Norm auf der Grundlage des VN-Migrationspaktes entstehen oder angenommen werden sollte, beansprucht Österreich, an eine solche Norm völkerrechtlich nicht gebunden zu sein.

Diesen Wortlaut entnahmen wir diepresse.com.