Tichys Einblick
Das Fest von Christi Geburt

Wie aus der Wintersonnenwende Weihnachten wurde

Die christliche Kirche legte in einer großen und heftig geführten internen Diskussion die Geburt Jesu Christi auf den 25. Dezember erst recht spät fest, nämlich im 4. Jahrhundert. Während Ostern von Anfang an ein hoher christlicher Feiertag war, setzte sich der Tag, an dem Jesu Geburt gefeiert wurde, verhältnismäßig spät durch.

Das Jahr wurde bestimmt von den Sonnenwenden, und diese wurden als religiöse Feste gefeiert. Eines der bedeutendsten heidnischen Feste war das Julfest. Es dauerte zwölf Tage, und zwar vom 25. Dezember bis zum 6. Januar. Dem geht am 21. Dezember die Wintersonnenwende voraus. Jetzt werden die Tage wieder länger. Das Licht kehrt zurück. In dieser Zeit, so glaubten die Germanen, stehe der Himmel offen und man könne das nächste Jahr, die Zukunft sehen. Die Rückkehr des Lichtes musste festlich begangen werden, denn der Sonnengott selbst erbarmte sich der Menschen. Diese zwölf Nächte nannten die Germanen auch die Raunächte, die auf den Tierkult verweisen. Es ist die Zeit der Ungewissheit, in der Gegenwart und Zukunft aufeinandertreffen, weshalb man einerseits die Zukunft sehen kann, gleichzeitig aber anderseits Schaden abwenden muss, denn Magie und böser Zauber gehen um, Mischwesen treiben verstärkt in dieser Zeit ihr Unwesen.

Unabhängig von diesen germanischen Bräuchen legte die christliche Kirche in einer großen und heftig geführten internen Diskussion die Geburt Jesu Christi auf den 25. Dezember erst recht spät fest, nämlich im 4. Jahrhundert. Während Ostern von Anfang an ein hoher christlicher Feiertag war, setzte sich der Tag, an dem Jesu Geburt gefeiert wurde, verhältnismäßig spät durch.

Und in der Tat scheint für die späte Festlegung des Geburtstags des Herrn die Sonne wie bei den Germanen die zentrale Rolle gespielt zu haben. Im Rom des 4. Jahrhunderts wurde der sol invictus, der unbesiegbare Sonnengott, den Konstantin der Große mit Jesus Christus gleichsetzte, am 25. Dezember geboren. Das hängt mit dem sichtbaren Phänomen zusammen, dass von diesem Tag an die Tage wieder länger werden, der Sonnengott sozusagen neugeboren wird. Wir haben die Nähe und die Parallelen gesehen, die am Beginn des ersten nachchristlichen Jahrhunderts zwischen dem Mithras-Kult und der Jesusverehrung bestanden. Mithras aber kam ebenfalls am 25. Dezember zur Welt, und auch Mithras hat eine starke Beziehung zur Sonne.

Die Geburt der Sonne, des Sonnengottes und schließlich das Längerwerden der Tage, die Geburt des Lichtes in der Finsternis, des Tages aus der Nacht spielen hierbei eine starke Rolle. An diesem Tag werden Götter, werden Überwinder geboren. Die christlichen Theologen taten noch ein Übriges: Sie verwiesen auf die Bibel und behaupteten, dass die Patriarchen vollkommen gewesen seien.

Ein Merkmal dieser Vollkommenheit bestand darin, dass Gott ihnen an Jahren eine runde Zahl zuwies, also 50, 60, 70 oder 200 und mehr Jahre, und dass sie am gleichen Tag, an dem sie geboren wurden, Jahrzehnte später auch starben. Jesu Geburtsdatum war durch die Evangelisten gesetzt, nämlich zur Zeit des jüdischen Passahfestes. Demzufolge hätte er auch zum Passah sterben müssen.

Nun argumentierten einige Theologen allerdings, dass bei Jesus nicht die Geburt, sondern die Empfängnis durch den Heiligen Geist die entscheidende Rolle spiele. Rechnet man also von der Geburt Jesu neun Monate zurück, kommt man in die Passah- oder Osterzeit, und damit wäre der Forderung der göttlichen Vollkommenheit Genüge getan – Jesu Einkörperung in Maria, Marias Empfängnis durch den Heiligen Geist wäre dann um das gleiche Datum erfolgt wie Jesu Tod.
Interessanterweise blieb Ostern als Leidens- und Passionszeit für die christliche Kirche wichtiger als Jesu Geburt zu Weihnachten, ganz im Gegensatz zur Volksreligion. Schnell fand das Geburtsfest Eingang in die Herzen der Menschen, weil es einen starken, uralten Glauben in sich aufnahm, im Germanischen nämlich den des Julfestes oder der Raunächte.

Die Kirche wiederum war sich dieser Fügung wohl bewusst, denn bereits Bischof Maximus von Turin feierte Anfang des 5. Jahrhunderts in einer Predigt Gott dafür, dass er seinen Sohn gerade zu diesem heidnischen Fest zur Erde gesandt hatte, um die Menschen zu beschämen und zum Glauben an den christlichen Gott zu führen. Nimmt man diese und ähnliche zeitgenössische Äußerungen zum Weihnachtsfest zur Kenntnis, dann drängt sich die Hypothese auf, dass die Christen das Geburtsfest Jesu bewusst auf diesen Termin gelegt haben, um das von den Heiden gefeierte Julfest, den Geburtstag von Mithras oder dem Sonnengott zu taufen.

Das ist der Grund, weshalb sich auch allerlei heidnische Bräuche im Weihnachtsfest finden und – christlich ummantelt – geduldet wurden, angefangen vom Weihnachtsbaum, der auf die Baumheiligtümer, die heiligen Haine der Germanen und Kelten verweist, bis hin zu seltsamen Gestalten wie dem Weihnachtsmann und Knecht Ruprecht. Die moderne Forschung verwirft zwar die Vorstellung, dass wir im Knecht Ruprecht den christianisierten Gott Wodan sehen können, doch es spricht für diesen Gedanken, dass es der modernen Forschung noch nicht gelungen ist, ein gleichwertiges Interpretationsmodell anzubieten. Nur der Nikolaus geht auf ein christliches Vorbild, auf einen Heiligen zurück und wird dann auch gleich zum Chef, dem Knecht Ruprecht dient.

Da die christlichen Missionare die heidnischen Götter nicht einfach aus der Welt schaffen konnten, ohne die zu Bekehrenden abzuschrecken, mussten sie ihre Existenz akzeptieren. Aber sie taten es, indem sie die germanischen Götter zu Dienern wie Wodan in der Gestalt Ruprecht erniedrigten, zumeist aber die Germanengötter in Hexen und Teufel verwandelten. Erst im Christentum nimmt der Teufel, der in den paganen Religionen oft sehr ambivalent ist, eindeutig die Position des abgrundtiefen und ausschließlich Bösen an. Und so werden aus Baldur und Wodan Diener, wird Thor oder Donar mit dem Hammer zum hinkenden Satan, geht Hulda auf in der Jungfrau Maria und verwandelt sich die Liebesgöttin Frija in eine Hexe.

Aber immer zur Walpurgisnacht befreien sich die Hexen und Teufel, tanzen um die keltischen und germanischen Feuer, die ja in den alten Religionen als Reinigungen gedacht waren. Der Tanz um das Feuer war ursprünglich ein Akt der Reinigung und Heilung. In diesem Tanz fand die Seele zu sich und wurden die bösen Geister aus den Körpern und aus dem Dorf, aus den Tieren und Feldern ausgetrieben. Das Christentum hat das Feuer ebenfalls als Mittel anerkannt – allerdings in Form des Scheiterhaufens, das Feuer, das die Ketzer, ja und auch die Hexen und Teufelsanbeter reinigen sollte.

Aus den heidnischen Saturnalien und wahrscheinlich auch den germanischen Bräuchen der Raunächte leitet sich die Sitte her, einander zu Weihnachten zu beschenken, weil die Geburt des Lichtes für einen Anfang steht, für den Frieden, den man ersehnt. Aber der Frieden beginnt mit Geschenken.

Die Heiligen Dreikönige

Wie im germanischen Julfest und den Raunächten reicht die Zeit vom 25. Dezember bis zum 6. Januar. Die Christen haben versucht, diese besondere Zeit christlich zu interpretieren, indem sie den 26. Dezember zum Tag des heiligen Stephanus erklärten. Das Ende des Zeitraumes bildet das Fest der Heiligen Dreikönige oder Epiphania Domini, das Fest, an dem Jesus als Christus der Welt erscheint. Wurde Jesus mit dem neuen Licht geboren, erscheint er nun der Welt als Messias, wird der Welt die Geburt des Messias deutlich und zu Bewusstsein gebracht.

Den drei Weisen erscheint die Geburt des Heilands als Stern. Es ist bemerkenswert, dass die Weisen aus dem kulturell hochstehenden und religiös entwickelten Osten kommen und nicht aus dem düsteren Norden, aus dem unwirtlichen Germanien. Die Heiligen Drei Könige, die auch die Weisen aus dem Morgenland oder schlicht Magier genannt werden, kommen aus dem Osten, aus Persien, aus Babylon, aus Indien. Sie bringen die (heidnische) Weisheit des Ostens und sie erkennen, dass etwas Neues beginnt. Am 6. Januar meldet das Christentum seinen Anspruch auf die Mission der Heiden an.

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