Tichys Einblick
Gruß von der Titanic

Auf geht’s zur Wahlwette: Wie geht die Landtagswahl Hessen aus?

Die Hessenwahl scheint ein weiterer Meilenstein im katastrophalen Schrumpfprozess von CDU und SPD zu werden. Aber wer liegt vorne? Wird der grüne Spitzenkandidat Tarek Al-Wazir seinen bisherigen Regierungschef Volker Bouffier ablösen?

Das ist die Nachricht vom Freitag: Die Piratenpartei in Hessen will Verfassungsbeschwerde gegen den im neuen Landespolizeigesetz ermöglichten Einsatz von Spionage-Software einlegen, teilte die Partei am Freitagabend mit.
Gibt´s die Piraten noch? Und wenn ja wozu? Die wirklichen Probleme zu „beschweigen“, statt sie anzusprechen oder gar anzupacken, wie der Politologe Werner Patzelt es nennt: Das machen schon die Noch-Großparteien.

Der rosa Elefant steht mitten in Hessen

Im hessischen Wahlkampf jedenfalls spielen weder die Piraten noch die Einwanderungspolitik bei CDU und SPD eine Rolle. Gerade deshalb ist die Wahl wichtig: Es sieht so aus, als beschleunige sie den Abstieg von CDU und SPD und damit den Umsturz des bisherigen Parteiensystems. Damit ist die Wahl am kommenden Sonntag nicht weniger wichtig als die Bayernwahl. Es geht nicht nur um die Prozente.

Schon längst geht es bei SPD und CDU mehr um die Deutung des unvermeidlichen Absturzes, um Konsequenzen zu vermeiden und Verantwortung wegzuschieben. Die Einwanderungspolitik mit ihren Folgen wie Wohnraumverknappung, Überlastung der Sozialsysteme und Schulen, wachsende Kriminalität und das Gefühl der Entfremdung stehen wie eine rosa Elefant im Raum – jeder sieht ihn, kaum jemand spricht die Themen an. Denn wer sie benennt, wird als „Rechter“ gebrandmarkt, um so die Auseinandersetzung über die Verantwortlichkeit zu verdrängen. Dazu kommt die Diesel-Problematik: Was insbesondere in der Pendlerstadt Frankfurt oder im ländlichen nordhessischen Raum mit seinen langen Wegen viele Bürger bewegt – es wird nicht verhandelt. Damit wird der Wahlabend ein fröhliches Unterfangen für unsere Leser: Sie können live verfolgen, wie Ergebnisse umgedeutet werden.

Titanic 1: Die CDU

Gerade noch 26 Prozent gibt die Wahlprognose der Forschungsgruppe Wahlen der CDU. 26 Prozent! Das wäre ein Verlust von einem Drittel der früheren 38,3! Eigentlich unvorstellbar – aber neuerdings nur noch das kraftvolle Signal zum „Weiter so!“.

Und so wird’s am Wahlabend:

Jedes Prozent über dieser verheerenden Prognose wird von der CDU und ihrem Spitzenkandidaten Volker Bouffier als Bestätigung für die „Flüchtlingspolitik” von Angela Merkel gefeiert. Denn wenn man schon nicht mehr beim Wähler siegt – gegen die Demoskopie geht es noch. Auch der Schuldige steht schon fest: Die bayerische CSU und namentlich ihr Vorsitzender Horst Seehofer. Immerhin hat die CDU Hessen die 37,2 % der CSU in Bayern geschlagen – allerdings vor 5 Jahren! Jetzt habe die CSU mit ihrer Kritik an Merkels Fortsetzung der Einwanderungspolitik der CDU das Ergebnis verhagelt. Das ist zwar unlogisch, wenn die Merkel-treue Hessen-CDU absinkt, dafür dann die stärkere CSU verantwortlich zu machen – richtiger wäre es, das Unterschreiten der CSU-Ergebnisse der Merkel-Politik anzulasten. Aber Logik im politischen Geschäft gilt nicht – es gilt das Prinzip Fake-News.

Titanic 2: Die SPD

Viel, sehr viel besser sieht es für die SPD aus: Sie wird voraussichtlich nur 3 Prozent verlieren. Eigentlich ein Grund zum Jubeln für Andrea Nahles. Kritisch allerdings ist das, was man an der Börse eine „psychologisch wichtige Marke“ nennt; und die Hessen-SPD ist gerade dabei, zwei solche Psycho-Barrieren zu reißen: Die 20-Prozent-Marke – darunter kann man die SPD nicht mehr Volkspartei nennen. Und das Abrutschen hinter die Grünen, die die SPD überholen könnten. Damit würde in einer Koalition, in der sich wie heute SPD und Grüne wiederfinden, der grüne Spitzenkandidat und heutige Wirtschaftsminister Tarek al-Wazir seinen bisherigen Chef Volker Bouffier als Ministerpräsident ablösen.

Wir alle sind auf der Titanic

Für die Grünen ein Triumph – und für die SPD eine bittere Lehre, aus der sie nicht klug wurde: bereits 1985 hat der damalige Obersozi Holger Börner den Grünen Joschka Fischer als ersten Minister dieser Partei in das Kabinett geholt. Seither nimmt die grüne Auszehrung der SPD ihren Lauf: Die Grünen übernehmen die Rolle der SPD; längst geschehen in Baden-Württemberg, wo sich die SPD in der Rolle als sektiererische Kleinpartei eingerichtet hat.

Aber die SPD hat nicht verstanden, dass sie ihre Klientel der Industriearbeitnehmer eher vor den Grünen bewahren sollte – immer schneller wandern diese früheren Wähler der SPD zur AfD ab. Was allerdings die Führungskader der SPD, meist Studienabbrecher, frühere Mitarbeiter von Abgeordneten und andere realitätsfremd sozialisierte Funktionäre nicht wahrhaben wollen.

Und das im roten Hessen, dem Bundesland, das die SPD lange beherrschte. Dabei ist das südliche Hessen mit den Industrie- und Dienstleistungsmetropolen Frankfurt, Darmstadt, Hanau immer für eine besonders linke SPD gut gewesen. Man braucht sie nicht mehr, diese Partei. Wozu auch? Herzerwärmend um „Flüchtlinge” kümmern sich längst CDU und Grüne. Aber wetten? Jeder der sozialdemokratischen Hungerprozentpunkte über den 9 der Bayern-SPD wird als triumphaler Erfolg linker Politik gefeiert werden. Wenigstens ganz kurz.

Die garstigen Kinder der SPD

Damit stehen auch die Sieger der Wahl wenigstens in den Umfragen fest: Grüne, die AfD mit einem Ergebnis von einem Dutzend Prozent sowie die Linkspartei und die FDP, die sich von der 5-Prozent-Hürde Richtung 8 Prozent wegbewegen. Und am Wahlabend werden die Grünen von allen Kommentatoren in den öffentlich-rechtlichen Sendern als die „neue bürgerliche Partei der Mitte” gefeiert werden.
Erneut hat die Mehrheit der Medienschaffenden ihre Ziele in Wahlergebnisse umgesetzt.

Dumm nur, dass die Grünen bei ihrer antibürgerlichen Grundhaltung bleiben und Grundsätze der Bürgerlichkeit abräumen: Mit Quoten wird das Leistungsprinzip zu Gunsten von bestimmten Gruppen abgeschafft. Steuern sollen massiv erhöht und der wirtschaftliche Spielraum der Familien spürbar eingeschränkt werden: 11 zusätzliche Steuerarten planen die Grünen allein auf Ebene des EU-Parlaments.

Und natürlich wird der Soli niemals abgeschafft, wenn es nach den Grünen geht – ihr Staatssozialismus läuft nur mit immer höheren Steuern. Auch das Ehegattensplitting soll abgeschafft und Ehepaare damit gegenüber Nichtverheirateten steuerlich benachteiligt, das Steueraufkommen so erhöht werden. Weiterer Angriffspunkt ist die Schule: Frühe Sexualumerziehung statt klassischer Bildungsinhalte – der so betont bürgerlich daher kommende Wilfried Kretschmann und seine grünen Unbildungspolitiker haben es geschafft, in Baden-Württemberg das Leistungsniveau in kürzester Zeit abzusenken und bewährte Schulformen zu zerstören. In Hessen würden die Grünen die mit der CDU begonnene Betonierung der Mittelgebirge rabiat fortsetzen, um gelegentlich Windstrom zu gewinnen. Dagegen laufen im Wahlkampf sogar Umweltverbände mit Kinospots Sturm.

Aber davon wird am Wahlabend nicht die Rede sein. Es geht ja um die neuen Lieblinge der Medien, nachdem der Schulz-Zug entgleist ist.

Hiermit starten wir heute die Hessen-Wahlwette

Die Chancen von Experten, Demoskopen und Journalisten, mit ihren Prognosen mehr daneben zu liegen als üblich, sind schwer gestiegen.

Wie immer ist es auch ein Test: sind die Bürger vielleicht schlauer, als Politiker und Journalisten ihnen zutrauen? Liegen sie mit ihren Erwartungen über den Prognosen?
Geben Sie also nicht Ihrer Hoffnung Ausdruck, sondern dem, was Sie wirklich erwarten.

Wir laden unsere Leser ein, es „besser zu wissen oder spüren“. Geben Sie uns bitte ihre Tipps, zum Verfahren das Nötige am Ende dieses Textes.

Und natürlich gibt es Preise und Erwähnung für den Sieger der Wahlwette.

Unter unseren Lesern wollen immer wieder die einen Wahlempfehlungen von uns Autoren. Nicht wenige andere Leser antworten ihnen dann, dass Tichys Einblick das nicht darf, weil Journalismus und Aktivismus zwei verschiedene Dinge sind. Weil wir sagen sollen, was ist. Und nicht, was wer wählen soll. Weder direkt noch indirekt. Welche Wahlneigungen was bewirken können und was nicht, gehört hingegen sicher wie andere Fragen zum Beleuchtenswerten.


Wahlwette Hessen:

Wer über alle genannten Parteien hinweg am nächsten an den Ergebnissen landet, gewinnt.

Ihre Wetten nehmen wir ab sofort entgegen.

Annahmeschluss ist der Wahlsonntag (28.10.2018 ) um 16:30 Uhr. Das Wettergebnis wird am Wahlsonntag um 17.45 Uhr veröffentlicht.

Auf die Gewinner wartet:

1. Platz: eine Flasche Champagner von Tante Mizzi
2. Platz: zwei Bücher aus dem Shop nach Wahl
3. Platz: ein Buch aus dem Shop nach Wahl

++ Abstimmung geschlossen ++