Tichys Einblick
Märchen vom verlorenen Pass

Urlaubswelle im Irak und Syrien: Flüchtlinge auf Heimaturlaub

Seit Jahren reisen zahlreiche "Flüchtlinge" in ihre Herkunftsländer, um dort Urlaub zu machen. Ihr Schutzstatus als Asylbewerber blieb bislang bestehen. So funktioniert der Trick mit dem verlorenen Pass.

In Baden-Württemberg sind „Flüchtlinge“ einem Bericht zufolge aus dem Südwesten zeitweise wieder in ihre Herkunftsländer gereist. Die Ausländerbehörden in Baden-Württemberg hätten 100 Flüchtlinge erfasst, die seit 2014 zum Teil mehrfach in ihre Heimatstaaten gereist seien und nach der Rückkehr ihren Schutzstatus als Asylbewerber behalten hätten, berichtete etwa der Mannheimer Morgen unter Berufung auf eine Erhebung des Innenministeriums.

In der Stellungnahme auf einen Antrag der AfD-Landtagsfraktion schrieb Ministerialdirektor Julian Würtenberger (CDU) demnach: „Wenn anerkannte Schutzberechtigte trotz einer Verfolgung oder Bedrohung zu Urlaubszwecken wieder in ihr Heimatland reisen, stellt sich zu Recht die Frage nach der Schutzbedürftigkeit dieser Ausländer.“

Zielländer waren nach Angaben eines Sprechers etwa Syrien und der Irak. Man müsse von einer „gewissen Dunkelziffer“ ausgehen. Aber natürlich passiert das auch in anderen Bundesländern und in sehr viel größerer Zahl, als der Stuttgarter Beschönigungs-Minister zugibt. Derzeit fliegen allein in Nordrhein-Westfalen zwischen 10 und 50 Fälle auf – täglich.

So funktioniert Pass-Ringelreigen

„Flüchtlinge“, die als Asylberechtigte anerkannt sind, erhalten von der Ausländerbehörde einen deutschen Reisepass, wenn sie, was ja fast immer der Fall ist, ihren eigenen irgendwie verloren oder angeblich zurückgelassen haben. Wer vor Fassbomben flieht, so weiß es auch Claudia Roth, denkt nicht an den Pass.

Mit dem deutschen Dokument reisen die Asylbewerber dann von NRW bevorzugt nach Kopenhagen, aus Süddeutschland nach Zürich und von dort mit dem Ferienflieger nach Istanbul. Die Reise ist bis dahin ohne Spuren.

Von Istanbul geht es in den Irak oder nach Syrien. Beide Länder aber stempeln die Pässe mit Ein- und Ausreisevermerken ab. Damit beginnen „Flüchtlinge“ Spuren zu hinterlassen: Der Pass wird damit zum Beweis dafür, dass es keinen Asylgrund gibt und die Asylberechtigung sowie die erheblichen Sozialleistungen erschwindelt wurden: Wer zu Hause Urlaub macht, ist sicherlich nicht „verfolgt“.

Der simple und der elegante Passtrick

Um Strafen und Folgen zu entgehen, gibt es zwei Möglichkeiten: Zurück in Deutschland, die Einreise via Zürich oder Kopenhagen ist ja unkontrolliert, wird der Pass mit den verräterischen Stempeln als verloren gemeldet. Deutsche Behörden sind wohlmeinend. Für die Ausländerbehörden beginnt der erneute Weg der Passausstellung. Der nächste Urlaub ist gesichert.

Das ist der simple Weg. Es geht auch eleganter: Ausreise aus Deutschland und Einreise stempelfrei in die Türkei – das ist der erste Schritt. Dann, oh Wunder, geht es weiter mit dem irakischen oder syrischen Pass, den man bei den Deutschen als verloren angegeben hat. Zurück nach Deutschland geht es mit einem stempelfreien deutschen Pass. Der Urlaub im Fluchtland ist gelungen. Der Pass blieb sauber.

Leider sind andere Länder auf diesen Trick gekommen – selbstverständlich nicht die Bundespolizei mit ihren treuherzigen blauen Augen.

Folgenlos bleibt hierzulande alles – für Migranten

Der aufmerksamen Flughafenpolizei in Kopenhagen fielen die vielen Einreisen mit syrischen und irakischen Pässen auf – mit Wohnsitz in Deutschland, insbesondere in NRW. Seither meldet die dänische Polizei diese Personen an die bislang ahnungslose wie hilflose Bundespolizei. Die Bürokraten der Bundespolizei schicken diese Daten auf den langen Behördenweg in das jeweilige Bundesland, von dort gelangen sie in die Ausländerbehörden.

Täglich, so berichten Mitarbeiter, tauchen bis zu 50 Fälle auf. Die Ausländerbehörden sind gehalten, ein Wiederrufsverfahren zum Asylbescheid einzuleiten. Bekanntlich landen diese Verfahren in total überlasteten Behörden und Gerichten und werden durch Klagen in die Länge gezogen. In jedem Fall ist sichergestellt, dass der Serien-Schwindel – die Verlustmeldung der in Wahrheit vorhandenen Papiere, die Verschleierung der eigenen Identität, die Urlaubsreise in das angebliche Verfolgungsland – nicht zu einer Ausweisung führen kann: Längst ist die Dreijahres-Frist errreicht, die die Aufenthaltsduldung auch bei Vergehen sicherstellt.