Tichys Einblick
Tierseuche

ASP ist in Deutschland angekommen

Die Tierseuche ASP wandert langsam aus Osteuropa heran. Die Schweinepest gehört zu den gefürchteten Krankheiten, die Wild- und Hausschweine befallen können. Die Tiere sind unrettbar verloren, ein Gegenmittel gibt es nicht. Zu spät und mit falschen Mitteln reagieren die Behörden auf das Auftreten.

imago images / CHROMORANGE

Es war seit langem klar, dass es kommen musste, nur die Frage nach dem »Wann?« war offen. Das erste Wildschwein mit dem Erreger der Afrikanischen Schweinepest (ASP) wurde im Landkreis Spree-Neiße in Brandenburg in der Nähe der polnischen Grenze aufgefunden. Das zuständige Friedrich-Loeffler-Institut auf der Ostseeinsel Riems hat über 30 ASP-Fälle bei Wildschweinen in Brandenburg bestätigt.

Die Fundorte liegen alle innerhalb eines abgegrenzten Gebietes. Die Seuche wandert langsam aus Osteuropa heran, in Polen grassierte sie schon länger. Mit allen Mitteln wie Absperrungen weiter Gebiete sowie Isolieren und Keulen großer Schweinebestände versuchten polnische Behörden, die Ausbreitung dieses Erregers zu begrenzen. 53.000 Hausschweine wurden bereits gekeult. Sogar das polnische Militär machte Jagd auf Wildschweine. Überdies wurde in Belgien vor einiger Zeit ein Wildschwein mit dem ASP-Erreger aufgefunden.

Das Auftreten von Tierseuchen wie der Afrikanischen Schweinepest lässt sofort alle Alarmglocken läuten. Die Schweinepest gehört zu den gefürchteten Krankheiten, die Wild- und Hausschweine befallen können. Die Tiere sind unrettbar verloren, ein Gegenmittel gibt es nicht. Das Virus kann Menschen und andere Haustiere nicht befallen, sogar der Verzehr von Fleisch infizierter Schweine ist für den Menschen ungefährlich. Festgestellt werden kann eine Infektion nur durch die Untersuchung von Blutproben. Jäger müssen Wildschweine, Fall- und Unfallwild untersuchen lassen. Landwirte dürfen ihre Flächen nicht mehr bewirtschaften, also zum Beispiel nicht mehr die Wintersaat ausbringen. Kuhherden müssen in die Ställe.

Doch es stellt sich immer mehr heraus: Zu spät und mit falschen Mitteln reagieren die Behörden auf das Auftreten der afrikanischen Schweinepest. Als »haarsträubend« bezeichnen Jäger und Bauern die Aktionen der brandenburgischen Regierung. Eine Zone mit einem drei Kilometer messenden Radius wurde notdürftig mit einem Elektrozaun eingekreist. Doch der Zaun hat Lücken und ist alles andere als stabil, wie der Landesbauernverband feststellte. Die ersten Tage gelang es nicht einmal, ihn unter Strom zu setzen. Wildschweine lassen sich dadurch mit ziemlicher Sicherheit nicht abschrecken, urteilen erfahrene Jäger. Vorher wurden noch Feldarbeiten wie Mähen und Häckseln ausgeführt und so möglicherweise zur Weiterverbreitung des Virus beigetragen.

Suchmannschaften suchen die Kernzone nach Kadavern ab – zu Fuss und ohne Nachtsichtgeräte oder Drohnen, die bei der Suche helfen würden. Aus Schleswig-Holstein kam eine Kadaverhundestaffel; die Hunde hätten allerdings gerade erst ihre entsprechende Prüfung abgelegt, seien also sehr unerfahren.

Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner pochte darauf, dass es eine Schweinepestverordnung und Krisenpläne gebe. Deutschland sei nach ihren Worten »vorbereitet«. Der Präsident des Landesbauernverbandes Brandenburg, Henrik Wendorff, forderte ein entschlossenes Handeln. Sein Verband hat in einem Brandbrief an das Landwirtschaftsministerium in Potsdam kurzfristige und dringliche Aktionen gegen die Ausbreitung der ASP wie eine rasche und massive Abriegelung sowie Bejagung der Wildschweine verlangt. Ansonsten sei die Schweinehaltung im gesamten Land Brandenburg massiv gefährdet. Tschechien wird als Vorbild genannt. Das Land gilt bereits seit Februar 2019 wieder als seuchenfrei.

Die Seuche grassiert in Brandenburg offenbar schon länger. Denn die ersten Funde verendeter Wildschweine waren bereits komplett verwest, lagen also schon mindestens einen Monat im Wald. Erst sechs Tage nach dem Fund wurde eine entsprechende Verfügung in Kraft gesetzt. Dabei gilt sofortiges Handeln als Handlungsgrundlage bei Ausbruch der ASP.

Die kritischen Folgen für die Fleischwirtschaft: Es darf kein Fleisch mehr an Länder außerhalb der Europäischen Union geliefert werden. Länder wie Brasilien, Argentinien, Südkorea, Japan und China verhängten einen Importstopp.

Die Preise stürzten ins Bodenlose. Innerhalb des vergangenen halben Jahres sank der Endpreis für ein Ferkel von 110 € pro Tier auf derzeit etwa 40 €. Normalerweise kosten Ferkel zwischen 60 und 70 € pro Tier. Immer mehr kleine und mittlere bäuerliche Betriebe geben daher ihre Schweineproduktion auf, viele gleich ihren gesamten Betrieb.

Interessant wird sein, wie sich China verhält. Unmittelbar nach Auftreten der Schweinepest machte China die Grenzen für deutsche Fleischexporte dicht. Schweinefleisch zählt in China zu den wichtigsten Nahrungsmitteln. All jene Teile des Schweins, die hierzulande eher auf geringere Gegenliebe stoßen wie Schweinsohren, Füße oder Schnauzen wurden bisher nach China exportiert, wo deutsche Landwirtschaftsprodukte einen sehr guten Ruf genießen. Diese Verwertungsmöglichkeiten sorgten übrigens hierzulande für günstige Preise beim Schweinefleisch.

In den vergangenen Jahren grassierte in Fernost ebenfalls die Afrikanische Schweinepest, und Millionen von Schweinen mussten mehr oder weniger brutal gekeult werden. Von deutschen Tierrechtsaktivisten war dazu übrigens nichts zu hören. Seitdem haben chinesische Händler sogar ganze Schweine nachgefragt und geordert. Das bescherte den deutschen Betrieben eine zeitlang gute Verkaufsmöglichkeiten.

In Windeseile ziehen derzeit chinesische Experten Hochbauten für neue, moderne Schweineställe mit teilweise zehn und mehr Stockwerken in die Höhe. Doch es dauert einige Jahre, bis eine genügende Anzahl von Muttersauen und Ferkeln da ist  und eine Schweineproduktion in Gang kommt.

Schweinebauch, den magerliebende deutsche Kunden verschmähen, war übrigens in Russland sehr gefragt. Doch nach Merkels Russland Boykott blieb auch der Schweinebauch in deutschen Regalen liegen.

Mittlerweile hat sich die Lage fundamental verändert: Präsident Putin lässt in Russland eine eigene Schweineproduktion aufbauen – mit kräftiger deutscher fachkundiger Hilfe. Er lädt sogar deutsche Bauern ein, nach Russland zu kommen und dort landwirtschaftliche Betriebe aufzubauen. Das gelingt ihm zusehends besser, so dürfte der Zeitpunkt nicht mehr allzu fern sein, da Schnitzel und Koteletts aus russischen Betrieben in deutsche Ladentheken kommen.

Ein gefundenes Fressen für Städter mit eher romantischen Vorstellungen einer Landwirtschaft. Die lassen sich von »Tierschützern« erzählen, dass die »Massentierhaltung« an der Seuche schuld sei. Tierfilmer Andreas Kieling weiß, dass die moderne Landwirtschaft Ursache ist. Kieling düst zwar CO2 verbreitend durch die Welt, behauptet munter »Deutschland ist Tierquäler Nummer eins auf der Welt«: »In keinem anderen Land der Welt wird Schweinefleisch so effizient und kostengünstig erzeugt wie in Deutschland und Holland. Und in keinem Land der Welt werden Nutztiere im großen Stil so skrupellos gequält und entwürdigt wie in Deutschland.«

Die Afrikanische Schweinepest allerdings wurde von Wildschweinen quer über Kontinente verbreitet, Hausschweine sind in den Ställen nicht ohne Grund hygienisch streng geschützt. Dort gibt es bisher keine ASP-Fälle.

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