Tichys Einblick
UBA kontert Tempolimit-Gutachten der FDP

Präsident des Umweltbundesamtes: Tempolimit hätte wichtigen Symbolwert

Laut einem FDP-Gutachten würde ein Tempolimit deutlich weniger CO2 einsparen als bislang angenommen. Dirk Messner, Präsident des Umweltbundesamtes, hält dagegen und beruft sich dabei auf ein eigenes Gutachten seiner Behörde. Wird auch dieses letzte Versprechen der Freidemokraten an ihre Wähler letztendlich fallen?

IMAGO / photothek
Der Präsident des Umweltbundesamtes (UBA), Dirk Messner, hat anscheinend gelassen auf ein von der FDP-Bundestagsfraktion in Auftrag gegebenes Gutachten zu einem generellen Tempolimit auf Autobahnen reagiert. „Ich sehe das ganz entspannt“, sagte Messner dem Handelsblatt. Ein eigenes Gutachten seiner Behörde sei von Experten angefertigt worden, „die nicht aus der Grünen- oder der Umweltecke kommen“.

Messner bezieht sich dabei vermutlich auf das Gutachten, das das UBA für 200.000 Euro aus Steuergeldern in Auftrag gegeben hat. Interne Dokumente, die der WELT vorliegen, lassen allerdings darauf schließen, dass die Forscher nicht ergebnisoffen an den Auftrag herangingen. Das Ergebnis der Studie stand demnach offenbar von Anfang an fest (TE berichtete).

Zudem weist die Datenlage Mängel auf. Recherchen zeigten, dass die ausgewerteten Daten einige Jahre alt und vermutlich noch nicht einmal repräsentativ sind. Die Forscher griffen auf Daten des Navigationsdienstes TomTom zurück, der nur 15 Prozent des Gesamtverkehrs erfasst. Das alles hat das Amt nicht davon abgehalten, die Studie mit der Forderung nach einem Tempolimit zu verbinden. Das UBA behauptete, dass mit einem Tempolimit von 120 km/h auf Autobahnen und 80 km/h auf Landstraßen mehr CO2 eingespart werden könne als gedacht.

Laut dem FDP-Gutachten der Verkehrsökonomen Alexander Eisenkopf (Zeppelin Universität Friedrichshafen) und Andreas Knorr (Uni Speyer) würde ein Tempolimit deutlich weniger CO2 einsparen als bislang angenommen. Darin heißt es, „realistischerweise“ seien bei einer Beschränkung auf 120 Stundenkilometer CO2-Einsparungen von „maximal 1,1 Millionen Tonnen zu erwarten“. Die UBA-Studie hatte hingegen eine Einsparung in Höhe von 6,7 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten errechnet.

Messner sagte, führe man zusätzlich eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 80 Stundenkilometern auf Bundesstraßen ein, könnten bis 2030 insgesamt knapp 50 Millionen Tonnen CO2-Emissionen eingespart werden. „Das Tempolimit hätte zudem einen wichtigen Symbolwert: nämlich zu zeigen, dass man die Dinge angeht.“ Messner rief Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) zum Einlenken bei dem Thema auf.

„Das Tempolimit nicht umzusetzen, obwohl es nahezu nichts kostet, finde ich sehr irritierend“, sagte Messner. Zumal der Minister die im Klimaschutzgesetz festgelegten Ziele nicht erreiche. „Er sollte Maßnahmen auf den Weg bringen, die uns den Zielen näherbringen“, sagte er. „Da gehört ein Tempolimit dazu – auch wenn das nicht die ganze Lösung ist.“

TE-Autor Marco Gallina hierzu: „Die Ampel-Koalition steht, weil die FDP die Einführung des Tempolimits verhindert hat. Damit hat die Partei ihre Wähler am Tag des Koalitionsvertrags vertröstet. Nun haben bei den vergangenen Landtagswahlen die FDP-Wähler bereits gezeigt, dass das nicht genug ist. Würde zuletzt auch dieses Versprechen fallen, stehen die Liberalen nackt dar. Den politisch Verantwortlichen ist daher klar, dass ein Vorstoß gegen das Tempolimit Koalitionskrach bedeutet.“

(mit Material von dts)

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