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Linke Denkmalspflege

Stuttgarter Hanns-Martin-Schleyer-Halle soll umbenannt werden

In Stuttgart will ein Bündnis von mehreren Gemeinderäten eine Mehrzweckhalle umbenennen, die an den 1977 von der RAF ermordeten Arbeitgeberpräsidenten Hanns Marin Schleyer erinnert.

imago images / Arnulf Hettrich

Ein aus den Vertretern der Linken, Stuttgart Ökologisch Sozial (SÖS) , der Piraten und der Tierschutzpartei bestehendes Bündnis im Stuttgarter Gemeinderat fordert laut einem Bericht der Stuttgarter Zeitung (StZ) vom 17. Juni die Umbenennung der nach dem 1977 von der RAF entführten und ermordeten Personalvorstand und Arbeitgeberpräsidenten, Hanns Martin Schleyer, benannten Mehrzweckhalle für Großveranstaltungen in Stuttgart. Begründet wird diese Forderung mit Schleyers Rolle während des NS-Regimes. Er war unter anderem Mitglied im Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbund (NSDStB) und leitete die Studentenwerke der Ruprecht Karls-Universität in Heidelberg sowie nach dem Beginn des Krieges der Deutschen Karls-Universität in Prag, wo er über weitere Funktionen schließlich bis zum SS-Hauptsturmführer aufstieg.

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Nach dem Ende des Krieges kam er deswegen zunächst in Kriegsgefangenschaft, wurde dann aber im Rahmen der durchgeführten Entnazifizierungsverfahren seitens der Alliierten als Mitläufer eingestuft und freigelassen. Das erlaubte dem an der Universität Innsbruck im Jahr 1939 promovierten Juristen anschließend in der Bundesrepublik eine steile Karriere als Wirtschaftsfunktionär und Manager. Sie startete 1949 zunächst mit einer Referententätigkeit bei der Industrie- und Handelskammer Baden-Baden und führte ihn 1951 zur Daimler-Benz AG. Dort wurde er nach mehreren Stationen in verschiedenen Stabsbereichen 1963 zum Personalvorstand und Arbeitsdirektor ernannt, was er bis zu seiner Ermordung blieb. Im Jahr 1963 wurde er zusätzlich zum Präsidenten der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) gewählt.

Während der 1970er Jahre gab es nur wenige Industrievertreter, die von den Wortführern, Anhängern und Mitläufern der linksextremen Studentenbewegung so sehr gehasst und attackiert wurden wie Hanns Martin Schleyer. Er galt als der personifizierte Beleg für deren Behauptung, die Bundesrepublik sei gleichsam eine im Gewand der Demokratie verkleidete Fortsetzung des NS-Regimes. Die Rote Armee Fraktion (RAF) als terroristischer Ableger dieser Bewegung sah sich daher dazu berufen, den im sozio-politischen System der Bundesrepublik vermeintlich angelegten, strukturellen Faschismus in Deutschland unter anderem dadurch zu bekämpfen, dass sie Schleyer zunächst entführte und dann ermordete. Bei vielen der damals recht zahlreichen Sympathisanten der RAF hielt sich das Mitleid mit dem Mordopfer Schleyer (und anderen Mordopfern der RAF) mehr als nur in Grenzen. Gleichzeitig war jedes durch die Polizei oder durch Selbstmord ums Leben gekommene Mitglied der RAF willkommener Anlass für öffentliche Trauer, kombiniert mit meist gewalttätigen Protestaktionen gegen den vermeintlich wieder aufkeimenden Faschismus.

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In dieser Tradition stehen heute nicht nur die Sturmtruppen der neuerdings schwerpunktmäßig gegen den Rassismus in Deutschland kämpfenden, sogenannten Antifa, sondern offenkundig auch die Vertreter des für die Umbenennung der Hanns-Martin-Schleyer-Halle aktiv gewordenen Bündnisses im Stuttgarter Gemeinderat. Als Begründung greifen sie im Zuge der aktuellen Straßenproteste gegen Rassismus die Attacken gegen Schleyer aus den 1970er Jahren wieder auf. Gleichzeitig versuchen sie, das Gedenken an dessen Ermordung durch linke Terroristen auszuradieren, an das mit der Namensgebung der fraglichen Halle seit 1983 öffentlich erinnert wird. Der Name Hanns Martin Schleyer wird, sofern die Bürger heute überhaupt noch etwas mit diesem Namen verbinden, dank der RAF im öffentlichen Bewußtsein aus guten Gründen nicht mehr mit den Gräueltaten der Nazis, sondern mit der Blutspur verbunden, die linke „Antifaschisten“ mehr als zwanzig Jahre durch die Bundesrepublik gezogen haben.

Das stört ihre Nachfolger von heute. Wie ihre Vorläufer aus den 1970er Jahren arbeiten sie an der öffentlichen Verbreitung der Vorstellung, der Faschismus und Rassismus lauere in Deutschland gleichsam hinter jeder Ecke und müsse mit gewaltlosen wie auch gewaltsamen Mitteln bekämpft werden. Aus dem Stuttgarter Gemeinderat heraus haben sie nun eine Mehrzweckhalle ausgemacht, deren Namensgebung gerade nicht einen früheren Mitläufer des Nazi-Regimes, sondern das spätere Mordopfer linker Terroristen ehren soll. Die Vertreter der Grünen um Oberbürgermeister Fritz Kuhn stehen laut StZ der Forderung, die Schleyer-Halle umzubenennen, sehr aufgeschlossen gegenüber, haben sich aber wohl noch nicht festgelegt. Vielleicht fehlt ja noch eine zündende Idee für die neue Namensgebung, auf die sich alle verständigen könnten, die den Mord an Hanns Martin Schleyer gemessen an seiner NS-Vergangenheit nicht so schlimm finden.
Wie wäre es mit: Baader Meinhof-Halle?

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