Tichys Einblick
Offene Stelle im Innenministerium

Berliner SPD-Politikerin Sawsan Chebli steht womöglich vor politischem Comeback

Die ehemalige Berliner Staatssekretärin Sawsan Chebli (SPD) wird für eine Spitzenstelle im Bundesinnenministerium gehandelt. Daraus könnte dann sogar mehr werden. Chebli selbst dementiert die Berichterstattung.

IMAGO / Photopress Müller

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sucht einen neuen Staatssekretär – vermutlich eher eine Staatssekretärin. Sie soll für Migration und Bevölkerungsschutz zuständig sein und auf Helmut Teichmann (63) folgen. Die Bezahlung ist ordentlich: B11 – also etwa 15.000 Euro im Monat. Die Bild-Zeitung handelt die Berliner Polizeipräsidentin Barbara Slowik für den Posten oder eine „Frau aus Rheinland-Pfalz“.

Doch auch ein prominenter Name ist laut Bild für die Stelle im Rennen: Sawsan Chebli (SPD). Sie war zuletzt Staatssekretärin in Berlin, schied aber nach der Wahl von Franziska Giffey (SPD) aus der Regierung aus. Für Chebli soll die Stelle ein Sprungbrett sein: Wechselt Faeser in die hessische Landespolitik, dann könnte Chebli Innenministerin werden und am Kabinettstisch neben Olaf Scholz (SPD) und Robert Habeck (Grüne) sitzen. Dass Faeser im Herbst 2023 sozialdemokratische Spitzenkandidatin in Hessen wird, gilt als sicher. Die Umfragenlage ist noch diffus, sodass unklar ist, ob Faeser den frisch gewählten Ministerpräsidenten Boris Rhein (CDU) tatsächlich ablösen kann.

Chebli zeigt sich auf Twitter erfreut über die neue Aufmerksamkeit: „Wahnsinn, ich trende inzwischen, selbst wenn ich nichts sage!“ Allerdings habe sie über die Berichterstattung „herzlich gelacht“. Sie sei frei erfunden: „Soweit ich das beurteilen kann.“ Sie habe keine Pläne, ins BMI zu wechseln.

Auf die Stelle im Innenministerium passen würde Chebli trotzdem. Inhaltlich. In Berlin war die heute 43-Jährige zuständig für „Bürgerschaftliches Engagement“. Nicht-Regierungs-Organisationen mit Regierungsgeld zu versorgen, ist dort ein Schwerpunkt. Auch dürfte Chebli die Linie ihrer potenziellen Chefin Faeser gefallen, im „Kampf gegen Rechts“ die alles andere verdrängende Aufgabe des Innenministeriums zu sehen. Politisch ist Chebli ein Ziehkind des heutigen Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier (SPD), der sie 2014 als stellvertretende Sprecherin ins Auswärtige Amt holte.

In Berlin war Chebli umstritten. Zuletzt offensichtlich auch in ihrer eigenen Partei: So wollte sie in Charlottenburg direkt für den Bundestag kandidieren. Doch unterlag sie in der parteiinternen Wahl dem seinerzeit noch Regierenden Bürgermeister Michael Müller. Zudem berichtete die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung negativ über ihren Führungsstil. Die Zeitung zitiert ehemalige Mitarbeiter, die sich von ihr „wie Dreck“ behandelt fühlten und sagten, dass sie eigene Fehler auf Untergebene geschoben und Sitzungen anberaumt habe, zu denen sie dann selbst nicht erschien. Chebli dementiert diese Vorwürfe.

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Materiell muss sie sich nicht sorgen: Chebli ist die Frau von Nizar Maarouf. Den gemeinsam erworbenen Wohlstand trägt sie auf Bildern in sozialen Netzwerken gerne offensiv zur Schau. Er sorgt sich um seine Familie. Die Welt am Sonntag brachte dazu vor der Wahl in Berlin eine Geschichte, nach der er Verwandte in den Vivantes-Kliniken beschäftigt hatte, die aber dann wegen „finanzieller Unregelmäßigkeiten“ gehen mussten.

Doch dass es Chebli auch jenseits des finanziellen Aspekts zurück in die Öffentlichkeit drängt, wird an manchen Debatten deutlich. So sagte sie jüngst in einem Podcast: „Antisemitismus bedroht uns alle, es bedroht vor allem auch Muslime.“ Der allgemeinen Definition nach ist Antisemitismus der Hass gegen Menschen jüdischen Glaubens, der allerdings oft völkisch statt religiös begangen wird. Laut Chebli trifft der Hass gegen Juden vor allem Muslime.

In der Rechtfertigung sagte Chebli, es seien oft Rechtsextreme, die Juden hassten. Deswegen müssten sich jüdische und muslimische Gemeinden gegen diese verbünden. Im Podcast hatte sich das zuvor noch anders angehört: Da sagte sie, sie engagiere sich gegen Antisemitismus, „weil ich es so traurig finde, dass diese vor allem junge Menschen einen Stempel bekommen als Antisemiten und dann auch ihnen eine Zukunft verwehrt wird damit“.

Das heißt: Nicht der Täter ist schuld, wenn er eine Tat begeht – sondern es ist das Vergehen, dass den Täter zur Tat zwingt und somit zum Opfer macht. Der Gedanke ist … interessant. Zumindet in Faesers Innenministerium dürfte Chebli damit offene Türen einrennen.

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