Tichys Einblick
Selbstoffenbarung bei der Logo-Wahl

So verlogen agieren deutsche Konzerne

Zum Aktionsmonat gegen Homophobie ändern etliche Firmen ihr Logo in Regenbogenfarben. Wie heldenhaft! Richtig peinlich wird es allerdings, wenn man sich die Social-Media-Accounts der gleichenFirmen in den Ländern anschaut, in denen Homosexuelle tatsächlich verfolgt werden.

Coulage: Twitter Screenshots

Wer den Juni noch als den Hochzeitsmonat kennt, ist von Gestern. Mittlerweile ist das nämlich der „Pride Month“, also der Monat in dem die LGBT+-Community im Vordergrund steht und gefeiert wird. Ein gefundenes Fressen für Firmen, deren Marketing-Abteilungen auf politisch-korrekter Virtue-Signalling-Mission sind. Vielleicht haben Sie schon in Schaufenstern oder auf Firmenwebseiten die eine oder andere Regenbogenflagge entdeckt – oder geben bei Google mal die Suchanfragen „pride month“ ein, da kommt Ihnen dann erstmal ein großer Schwung von unterschiedlichen Regenbogen- und anderen LGBT+-Communitysymbolen und Konfetti entgegen, sogar ein kleines Regenbogenherzchen hüpft auf und ab.

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Schöner kleiner Spielkram, der die erfreut, die sich angesprochen fühlen und von denen ignoriert werden kann, die damit nichts anfangen können. Nun macht aber eine virtuelle Regenbogenflagge allein die Welt nicht zu einem toleranteren Ort, genauso wenig wie die Aufschrift „Bio“ die Natur retten wird. Vielleicht hat es bei manchen sogar den gegenteiligen Effekt, weil es einem auf Dauer auf die Nerven geht, wenn es dann aus jeder Büchse gehüpft kommt. Das hat nicht im geringsten mit Homophobie zu tun, ich kenne viele Schwule, die mit dem kunterbunten Kram einfach nichts anfangen können und teilweise davon genervt sind – unabhängig von ihrer politischen Einstellung.

Das liegt nicht nur an ihrem persönlichen Geschmack, sondern auch daran, dass es einfach nur Virtue Signalling (zu deutsch etwa „Tugendsignalisierung“) ist. In einem Monat sind diese Regenbogenflaggen wieder weniger omnipräsent, es wird keinen Unterschied machen.

Und wichtiger: An vielen Stellen waren sie überhaupt nie da. In Twitter bahnt sich ein Shitstorm an, denn einigen Usern ist bei zahlreichen großen Konzernen die als Heuchelei wahrgenommene Diskrepanz aufgefallen: Schaut man zum Beispiel auf den Twitter-Account von Siemens Deutschland, wird man dort im Profilbild das regenbogenfarbene Siemens-Logo vorfinden. Bei sämtlichen regionalen Accounts von Siemens ist das ebenfalls so, vom US-Account bis zum spanischen. Interessant wird es dann, wenn man den Siemens Middle East Account aufruft. Nanu – was ist denn das, gar keine Regenbogenflagge? Bei Siemens Indonesia und Nigeria das gleiche. Der Spieleentwickler Bethesda hat all die Accounts in den ohnehin schon weitestgehend toleranten Ländern der westlichen Welt mit Regenbogenflaggen ausgestattet, aber bei Bethesda Middle East herrscht gähnende Leere, bei BMW und Mercedes Benz das gleiche.

Marketing nur da „mutiger“ Protest, wo er allgemein gefeiert wird. Das ist ja so, als würde man in Deutschland für Frauenrechte protestieren, nur im Iran nicht… oh, da war ja was. Ok, also das ist so, als würde man sich bei jeder Gelegenheit auf die Lehren des Holocaust berufen, nur wenn Juden in Gefahr sind, dann… ach, verdammt. Na gut, also das ist so, als würde man sich für Schwulenrechte einsetzen, sich dann aber mit der Fatah-Jugend sol… wissen Sie was, ich geb´s auf.

Der „Pride Month“ stellt die Doppelmoral in der westlichen Welt zur Schau. Hierzulande schmückt man sich mit Gratismut, propagiert eine Einstellung, der wirklich nur ein minimaler Teil der Bevölkerung widerspricht. Ganz generell kann ich grellbuntem Getue nicht viel abgewinnen, aber sollen sie doch so viele Regenbogenflaggen aufhängen, wie sie wollen. Da, wo Schwulenrechte eh gelten und sogar die „Ehe für alle“ möglich ist, da kämpft man gegen Homophobie. Dort, wo Schwule inhaftiert, gefoltert, hingerichtet werden, ist man hingegen brüllend still. Es ist und bleibt bis dahin eben doch nur eine billige PR-Nummer von Firmen, die sich in the long run nicht für die Interessen von unterdrückten und verfolgten Schwulen interessieren. Das sollte man sich für die kommenden Tage und Wochen merken.

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