Tichys Einblick
Pegysi

Linke diskutieren, ob sie montags demonstrieren

Wächst am Montag „zusammen, was zusammengehört“? Dann wollen die Leipziger gegen steigende Energiepreise demonstrieren. Veranstalter sind die Linken – aber auch extreme Rechte haben ihre Teilnahme angekündigt.

IMAGO / Panama Pictures

Wem gehört der Montag? Diese Frage stellt sich jetzt in Leipzig. Der Bundestagsabgeordnete Sören Pellmann (Linke) hat eine Kundgebung angemeldet. Als Redner eingeladen ist der Altstar der Partei, Gregor Gysi. Dessen Büro hat TE seine Teilnahme an der Kundgebung bestätigt. Allerdings war Gysis Mitarbeitern scheinbar ein Vorgang neu, auf den sie TE hingewiesen hat.

Im Internet kursiert ein Meme. Demnach findet am Montag zur gleichen Zeit eine Kundgebung statt unter dem Motto: „Getrennt Marschieren, gemeinsam schlagen“. Als Teilnehmer der Kundgebung auf dem Augustusplatz (19 Uhr) führt es neben Gysi und Pellmann auch Jürgen Elsässer auf. Der arbeitete bis 2008 für linke Medien wie Konkret oder das Neue Deutschland, wird aber heute der Szene Rechtsaußen zugeordnet – unter anderem als Gründer und Chefredakteur des Magazins Compact. Auch hat er auf Kundgebungen von Legida gesprochen, dem Leipziger Ableger von Pegida.

Wegen solcher Teilnehmer ist die Demonstration am Montag innerhalb der Linken ein Streitthema. Zwar trägt die Bundestagsfraktion den Aufruf zur Kundgebung mit, wie das Neue Deutschland berichtete, aber andere Linke wie die sächsische Landtagsabgeordnete Kerstin Köditz warnen: Der Montag sei als Termin heikel. Zwar habe die Partei an diesem Wochentag einst erfolgreich gegen die Hartz-Reformen unter Bundeskanzler Gerd Schröder (SPD) demonstriert. Doch mittlerweile werde der Tag eher mit Pegida oder den Spaziergängern gegen Corona verbunden.

Die Entwicklung scheint Köditz recht zu geben: Neben Elsässer trommelt auch das „Freie Sachsen“ für die Demo. Auf dem Meme stehen als weitere Teilnehmer der Kundgebung dessen Vertreter Martin Kohlmann sowie Anselm Lenz vom „Demokratischen Widerstand“.

Für die Linke offenbart sich darin nun ein Dilemma. Sie hat in den vergangenen Jahren zu stark auf identitätspolitische Themen gesetzt: Bei veganer Ernährung, sexueller Selbstbestimmung oder dem Verzicht aufs Auto wollten die Linken grüner als die Grünen sein. Doch der Wähler entschied sich für das Original. Bei der Bundestagswahl wären die Linken aus dem Parlament geflogen, wenn sie nicht zwei Direktmandate in Berlin geholt hätten. Wobei die Wahl dort unter unhaltbaren, illegalen Bedingungen verlief, wie TE exklusiv berichtete.

Jetzt wollen die Linken verlorenes Gelände zurückgewinnen und die Energiekrise als soziales Thema besetzen. Diesen Themen wollen sie sich künftig wieder verstärkt zuwenden. In der Energiekrise sehen sie aber auch ein Ostthema. In der ehemaligen DDR hat ihnen die AfD die einstige Dominanz genommen. Nun setzen die Linken auf die Emotionalität, die im Osten im Umgang mit Russland eine andere ist als im Westen. Doch auf der anderen Seite wollen sie auch die Nähe zu den Rechten vermeiden. Vertreter des Stadtverbands fürchten sich im Neuen Deutschland vor Fotos, die Gregor Gysi unter dem Banner des „Freien Sachsen“ zeigen. Das gelte es zu verhindern. Der Kampf um die Straße und um Pressebilder beginnt am Montag.

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