Tichys Einblick
Noch kurz vor Ende der Legislatur

Operation Abendsonne: Bundesumweltministerin Svenja Schulze befördert am meisten

Zum Ende der Legislatur verschaffen Bundesminister ihrem treu ergebenen Umkreis unter den Beamten noch Beförderungen und gute Posten. »Operation Abendsonne« heißt das im Berliner Betrieb. Besonders freigiebig befördert Umweltministerin Schulze.

Svenja Schulze verteilt Pizza in Münster und Beförderungen in ihrem Ministerium

IMAGO / Rüdiger Wölk

Nein, Undankbarkeit kann man Svenja Schulze (SPD) nicht nachsagen, zumindest nicht ihren Getreuen in Bundesumweltministerium und Umweltbundesamt gegenüber. Mehr als 80 Spitzenbeamte sollen bis zum Jahresende noch schnell befördert werden. In der Besoldungsgruppe A15 sind 65 Beförderungen vorgesehen, zwölf in der Stufe A16 und in der Stufe B3. B3 bedeuten immerhin 8762 Euro als Grundgehalt. Relativ viele und für den Steuerzahler teure Beförderungen auf die Schnelle in einem kleinen Ministerium.

Mit 18 Stellen die meisten Beförderungen im Bereich der Top-Jobs gab es im Bundeswirtschaftsministerium von Peter Altmaier. Stellen in der Industrie und Produktion werden ab-, in Ministerien aufgebaut. Altmaier hatte früher sogar vor solchen »Aktionen Abendsonne« gewarnt. Aber da saß er noch als Chef dem Bundeskanzleramt vor.

Im Verteidigungsministerium wurden 11 neue B-Stellen eingerichtet, zehn im Justizministerium. 

Das alles geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der FDP-Bundestagsfraktion hervor.

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Laut Antwort sind im Bundeskanzleramt mit Stand vom 16. Juni für 2021 elf Beförderungen nach A 15, vier Beförderungen nach A 16 und drei Amtsübertragungen nach B 3 geplant. Im Auswärtigen Amt sind den Angaben zufolge für das laufende Jahr mit Stand vom 3. Juni eine B-3-Beförderung, drei B-6-Beförderungen und zwei B-9-Beförderungen geplant, im Bundesministerium des Inneren, für Bau und Heimat 26 A-15-Beförderungen, fünf A-16-Beförderungen und neun B-3-Beförderungen sowie im Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz zehn A-15-Beförderungen und eine B-3-Beförderung.

In Schulzes Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit sind für 2021 der Antwort zufolge mit Stand 3. Juni noch 65 A-15-Beförderungen geplant sowie zwölf A-16- und vier B-3-Beförderungen, im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend 28 A-15-Beförderungen und im Bundesministerium für Bildung und Forschung 28-A-15-, sechs A-16-, elf B-3- und eine B-6-Beförderung.«

Lediglich im Landwirtschaftsministerium und Entwicklungshilfeministerium sind keine Beförderungen der Besoldungsgruppen A 15 bis B 9 geplant. 

Aus dem Bundesgesundheitsministerium drang durch, dass ausgerechnet der Beamte, der für die Beschaffung der Masken zuständig war, befördert werde. Er sei vor zwei Jahren neu ins Gesundheitsministerium in die Abteilung gekommen, in der Minister Spahn seine Getreuen versammele. Die Beförderung ist also wohl eine Belohnung für das Maskendesaster.

 

Otto Fricke, haushaltspolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion sagte dazu: »Manche Minister befördern, als gäbe es kein Morgen«, und fährt fort: »Sie wissen, dass es für sie kein Morgen und keine neue Legislaturperiode gibt.«

Der Präsident des Steuerzahlerbundes fordert einen Stopp der Beförderungswellen in Ministerien. Reiner Holznagel gegenüber Bild: »Die geplanten Beförderungen muss die Bundeskanzlerin sofort stoppen.«

Svenja Schulze hat jetzt einen Vorwand für neuen Klimaschutz-Aktionismus
Besonders rasant nach oben verläuft der Karrierefahrstuhl im Umweltministerium. Bereits in den Jahren zuvor wurden in dem relativ kleinen Ministerium 121 Stelleninhaber auf der Gehaltsleiter hochgehievt. Das kommt Svenja Schulze gelegen, die noch auf dem Chefsessel des Bundesumweltministeriums sitzt. Sie ist gewohnt, unter ihresgleichen aufzutreten, da ist der Beifall gewiss – anders als bei ihrem tränenreichen Abgang während einer Rede vor Bauern in Berlin, die heftig gegen Schulzes landwirtschaftsfeindliche Politik protestierten.

Die Personalpraxis im Bundesumweltministerium und dem nachgeordneten Umweltbundesamt zeichnet sich schon seit langem durch ein munteres »Bäumchen-wechsel-Dich-Spiel« zwischen den Sesseln in Ministerium und Amt und den verschieden Umwelt-NGOs aus.

So rief vor zwei Jahren die Installation von Josef Tumbrinck heftige Kritik hervor. Dessen Qualifikation: langjähriger Funktionär bei der NGO »NABU«; mehr als 20 Jahre lange war er Vorsitzender des Landesverbandes Nordrhein-Westfalen. Das Ministerium konnte Tumbrinck nur nach einem Rechtsstreit durchsetzen. Interessenskonflikte sieht die Bundesregierung nicht. Woher auch? NGOs und Bundesumweltministerium sind de facto fast eins geworden.

Jochen Flasbarth ist ein anderes Beispiel für unbekümmertes Wechseln zwischen NGOs und Ministerien und Ämtern. Der war 1992 bis 2003 NABU-Präsident, wechselte 2013 als Staatssekretär ins Bundesumweltministerium und sagt den jeweiligen Umweltministerinnen, wo es langgeht. Diese NGOs sind die wahren Herrscher über die Umweltpolitik, Schulze beeilt sich, deren neueste Streiche flugs in neue Gesetze umzuformen.

Von »Schäfchen ins Trockene bringen« ist jetzt bei der FDP die Rede. »Nicht ungewöhnlich« findet dagegen Regierungssprecher Seibert die Beförderungen und wiegelt ab: »Auswahlentscheidungen bei Stellenbesetzungen finden entsprechend der verfassungsrechtlichen Vorgaben statt.«

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