Tichys Einblick
So geht Glaubwürdigkeit

Oben keine „Flugscham“: Vier Flieger für vier Kabinettsmitglieder in die USA

Erst große Klimaziele, dann binnen vier Tagen mit vier Fliegern und vier Kabinettsmitgliedern in die USA. Kollateralschaden: zusätzlich 1,5 Millionen Euro und 1,5 Millionen Tonnen CO2.

John MacDougall/AFP/Getty Images

Am Freitag, 20. September, hatten Merkel, Kramp-Karrenbauer und Co. mehr oder weniger große Bühne in Sachen „Klimaschutz“. Mit 70 Einzelprojekten und einem Gesamtvolumen von 50 Milliarden Euro will die Bundesregierung die „Klimaziele 2030“ einhalten. So zumindest die Darstellung auf einer Pressekonferenz. Zum Beispiel soll Fliegen teurer werden.

Letzteres realisiert sich aktuell umgehend – auf Kosten der Steuerzahler! Denn – binnen Stunden auf dem Absatz kehrtmachend – traten Merkel, Kramp-Karrenbauer und Maas den Beweis an.

  • Am Nachmittag des 22. September startete Merkel (begleitet von Entwicklungshilfeminister Gerd Müller, auf dem Rückflug zudem begleitet von Gesundheitsminister Jens Spahn, zuvor in Mexiko unterwegs) um 15.30 Uhr mit einer A340 nach New York zum UN-Klimagipfel.
  • 30 Minuten später hob Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer mit einem A310-Truppentransporter nach Washington ab, um sich mit ihrem US-Amtskollegen Mark Esper zu unterreden.
  • Da es mittlerweile aufgrund schlechter Erfahrungen wegen der unzuverlässigen technischen Sicherheit der Flieger üblich geworden ist, einen Ersatzflieger (leer) hinterherzuschicken, sind es also schon drei große Maschinen, die über den Atlantik starteten.
  • Dazu kommt eine vierte Maschine, die Außenminister Maas nimmt, um am Dienstag, 24. September, ebenfalls nach New York zu düsen.

Das Verteidigungsministerium hatte anders geplant, zum Beispiel dass Merkel und AKK zusammen fliegen. Das Kanzleramt wollte es anderes. Eine Begründung gibt es nicht. Nun flogen bzw. fliegen die Flieger eben ziemlich leer. Das Verteidigungsministerium, das am wenigsten für dieses Planungsdesaster kann, verwies pflichtschuldigst darauf, dass die Bundesregierung seit 2014 zur Kompensation Zertifikate erwerbe, durch die wiederum umweltverträgliche Projekte finanziert werden. Aha!

Vier Flieger, je zweimal über den Atlantik, das macht „pi mal Daumen“ rund 70 Flugstunden aus. Wiederum „pi mal Daumen“ gerechnet, kostet jede einzelne Flugstunde eines Regierungsfliegers zwischen 24.000 und 35.000 Euro. Mit den vier Fliegern (statt mit nur einem und damit allen Kabinettsmitgliedern auf einmal) kommen damit inkl. Verschleiß und Wartungskosten rund 1,5 Mio. Euro an zusätzlichen Kosten zustande. Außerdem werden mit diesen 3mal2 = 6 zusätzlichen Atlantikflügen rund 1,5 Mio. Tonnen CO2 in die Atmosphäre gepustet. Siehe hier und hier.

Wäre das zu vermeiden gewesen? Gewiss doch! Aber wenn sich jedes Kabinettsmitglied als Solist so unglaublich wichtig nimmt, wenn ein 1. Klasse-Lufthansa-Linien-Ticket als unzumutbar erscheint oder wenn es kein Kabinettsmitglied 8 bzw. 2 mal 8 Stunden auf engerem Raum mit einem anderen Kabinettsmitglied aushält, dann fallen diese Kollateralkosten eben an. Das Greta-Segelboot wäre da (leider!) keine Alternative gewesen. Denn es ist unterwegs zurück nach Europa.

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