Tichys Einblick
Die Macht der schönen Bilder

Obama in Berlin – pünktlich zum Wahlkampf

Aus, vorbei. Martin Super-Schulz muss sich bereits jetzt beim Rennen um das Bundeskanzleramt geschlagen sehen. Gegen das Großkaliber eines Barack Obama kommt beim Rennen um die Herzen der Deutschen niemand an - nicht einmal Angela Merkel.

Angela Merkel und Barack Obama 2013 vor dem Brandenburger Tor

© Michael Kappeler/AFP/Getty Images

Obamas letzter Anruf im Amt, bevor er den Stuhl räumen und an Donald Trump übergeben musste, galt seiner guten Freundin Angela Merkel. Und nun im Wahlkampf ums Bundeskanzleramt und die Verteidigung des Bundeskanzlerpokalspiel-Titels steht er ihr wohl wieder bei.

In 2008 sprach Obama zum ersten Mal in Berlin, „dachte dabei aber an die Amerikaner“ und an seinen eigenen Präsidentschaftswahlkampf. Knapp zehn Jahre später hat Barack Obama diese ihm erwiesene Gefälligkeit aka Vorschusslorbeeren nicht vergessen und seine Zusage gegeben, auf dem Evangelischen Kirchentag aufzutreten. Never change a running team: dabei auch gleichsam Angela Merkel im schleppend verlaufenden Wahlkampf unter die Arme zu greifen – bei einem gemeinsamen Auftritt am Brandenburger Tor Ende Mai.

Ein Freund, ein guter Freund, das ist das Beste, was es gibt auf der Welt.
Ein Freund bleibt immer Freund, auch wenn auch die ganze Welt zusammen fällt. Drum sei auch nie betrübt, wenn dein Schatz dich auch nicht mehr liebt.
Ein Freund, ein guter Freund, das ist der größte Schatz, den’s gibt.“

Mit fremden Federn wieder Wind unter Angies lahme Flügel

Eine Fußball-EM oder -WM steht gerade in einiger Ferne. Da muss man nehmen, was man kriegen kann. Zum Glück hat Obama Ende Mai Zeit. Die Macht der schönen Bilder fliegt zusammen mit ihm ein. Oder hernieder, wie man mag.

Ein bisschen von dem unendlich kostbaren Obama-Feenstaub soll nun Angela Merkels Wahlkampf beflügeln und ihr zum Abheben verhelfen, so, wie es schon die kleine Fee Tinkerbell mit Wendy bei Peter Pan getan hat, wenn man sie nur beständig genug schüttelte.

Peter Pan? Immer wieder Peter. Peter am Haustür-Simulator und Peter auf dem Fahrrad reißen den Laden alleine scheinbar nicht mehr erkennbar herum. Da muss Angie jetzt die richtig schweren Geschütze auffahren und „Gottes Stellvertreter auf Erden“ zum EKD nach Deutschland lotsen und vor dem Brandenburger Tor für schöne neue Fotos und Schlagzeilen sorgen.

Ein anderer Peter schert aus

So findet dann auch Peter Hahne deutliche Worte in der Neuen Osnabrücker Zeitung zu Obamas geplantem Auftritt:

»“Ist seine Politik es nicht, die Trump überhaupt erst möglich machte?“ Der frühere US-Präsident habe trotz seiner „Heilsversprechen“ das Häftlingslager Guantanamo betrieben und Syrien im Stich gelassen. Obama sei ein „abgehalfterter Messias“.«

Hahne werfe der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) vor, sich „in der Gegenwart Prominenter zu sonnen“, wie man seinen Klartext freundlich zu übersetzen versucht. Genau genommen bezeichnet Peter Hahne dies als „parasitäre Publizität“.

»“So wenig protestantisches Selbstbewusstsein tut schon weh“, sagte Hahne, der von 1992 bis 2009 Mitglied des Rates der EKD war.

„Warum bezahle ich mit meiner Kirchensteuer Merkels Wahlkampf“, fragte Hahne.«

Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm (und Ratsvorsitzender der EKD) hingegen sieht dem Ereignis freudig entgegen: „Einige von Barack Obamas Reden sind wie Predigten. Auch deswegen wird es spannend, was er zu sagen hat.“ 

Der „Schulz-Zug“ bleibt im Bahnhof

Aus, vorbei. Martin Super-Schulz muss sich bereits jetzt beim Rennen um das Bundeskanzleramt geschlagen sehen. Man kann nicht sagen, dass er nicht alles gegeben hätte. Aber gegen das Großkaliber eines Barack Obama kommt beim Rennen um die Herzen der Deutschen niemand an – nicht einmal Angela Merkel.

Demnächst kann jemand, der aus der katholischen Kirche noch nicht ausgetreten ist, Kardinal Marx fragen, warum er mit seiner Kirchensteuer Marx‘ Sorge um den Erfolg der SPD finanzieren soll.