Tichys Einblick
Quo vadis, CDU?

Unionswähler trauen Friedrich Merz nicht das Kanzleramt zu

Langsam wird es eng für den CDU-Parteichef: während Friedrich Merz noch nicht weiß, ob er sich wegen der Zahnersatz-Äußerung lieber entschuldigen soll oder lieber zurückrudern will, gehen ihm wichtige Verbündete von der Stange - und selbst die CDU-Wähler sprechen ihm das Zeug zum Kanzler ab.

IMAGO / dts
Nach dem Hin- und Her um die jüngsten Äußerungen von CDU-Parteichef Friedrich Merz verlieren CDU/CSU in der Wählergunst. Laut dem Sonntagstrend des Meinungsforschungsinstitutes INSA erreicht die Union nur noch 26 Prozent, das ist ein Prozentpunkt weniger als in der Vorwoche. Sie liegt damit nur noch vier Prozentpunkte vor der AfD (22 Prozent).

Die SPD kann einen Punkt zulege und kommt auf 18 Prozent, die FDP verbessert sich um einen Prozentpunkt auf 7 Prozent. Die Grünen bleiben stabil bei 14 Prozent. Damit ist die Ampel-Koalition ohne Mehrheit. Die Linke erreicht unverändert 5 Prozent, die sonstigen Parteien erreichen zusammen 8 Prozent, von denen sich 3 Prozent auf die Freien Wähler verteilen.

Weil die Union selbst bei einer offensichtlichen Schwäche der amtierenden Bundesregierung kaum punkten kann, mehrt sich die Kritik an Merz. Das betrifft nicht nur die Berliner Politik, sondern erst recht die Basis: Selbst unter Anhängern von CDU/CSU gibt es erhebliche Zweifel an der Eignung von Friedrich Merz als Bundeskanzler. 51 Prozent der Unionswähler sind der Ansicht, dass Merz nicht für das Kanzleramt geeignet sei, nur 36 Prozent halten ihn für geeignet.

Weniger als die Hälfte der Unionswähler (45 Prozent) glaubt, dass Merz als Oppositionsführer einen guten Job macht, 31 Prozent glauben, er macht keinen guten Job. In der Gesamtbevölkerung ist dieser Trend noch stärker ausgeprägt: Hier sind 63 Prozent der Ansicht, dass Merz nicht für das Kanzleramt geeignet ist (geeignet: 20 Prozent), nur 25 Prozent glauben, dass er als Oppositionsführer einen guten Job macht (macht keinen guten Job: 51 Prozent). Für die „Bild am Sonntag“ hatte Insa 1.206 Personen im Zeitraum vom 25. bis zum 29. September befragt (TOM).

Das Ergebnis unterstreicht, dass Merz als Zögerer und Rückruderer sein Ansehen erheblich verspielt hat – auch bei Wählern, die großes Vertrauen in ihn gesetzt hatten, die Ära Merkel in der Union zu beenden. Er hat es versäumt, die „heißen Eisen“ anzufassen und sich entweder auf Nebenfelder verlegt oder sich in der Oppositionsarbeit zu zahnlos erwiesen. Seine jüngste Äußerung zum Zahnersatz steht typisch für das Symptom Merz: zuerst Poltern, und wenn es zu heiß wird, hat man es doch nicht so gemeint. Dieses Mal musste sogar die Schere aus der Schublade geholt werden, um das peinlich gewordene Zitat aus der Geschichte zu verbannen.

Erst vor einer Woche hatte ein führender Vertreter der Mittelstandsunion Merz scharf im Forum des „Wirtschaftsforums“ angegriffen und dessen Ende als Parteichef angekündigt, sollte nicht bald eine Kursänderung erfolgen.Daniel Hackenjos hatte Merz „weder Entscheidungswille oder Entscheidungsmut“ attestiert. Wörtlich sagte der baden-württembergische MIT-Stellvertreter: Das Merkel-Lager war jahrelang, bis Habeck kam, federführend für die größten wirtschaftlichen Missstände in unserer Republik verantwortlich und hat damit letztendlich nicht nur dieser Partei, sondern vor allem auch diesem Land nachhaltig geschadet. Was wollen wir den Linken und Grünen vorwerfen, solange in den Reihen der CDU derselbe Schmodder gedeiht.“

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