Tichys Einblick
Nach der Bluttat von Würzburg

Merkel schickt Seibert vor: viele Worte, aber keines gegen den Terror

Die Kanzlerin drückt sich weiter vor einer Stellungnahme zu den Morden von Würzburg. Ihr Sprecher macht klar, dass die Deutschen traurig sein dürfen, aber keine politischen Schutzmaßnahmen gegen solche Schreckenstaten erwarten sollen.

IMAGO / Future Image

Im von islamistischem Terror geplagten Frankreich und wohl jedem anderen Land wäre es unvorstellbar, dass nach einer Bluttat wie der von Würzburg der Regierungschef nicht persönlich dazu das Wort ergreift und sich an den Ort des Schreckens begibt. Angela Merkel hat dies schon beim Anschlag auf dem Breitscheidplatz versäumt und sie macht sich auch diesmal rar.

Stattdessen hat ihr Pressesprecher Steffen Seibert, der schon am Sonntag mit einem  Tweet versuchte, das offenkundig islamistische Motiv des Täters zu vernebeln, nun auch in der allmontäglichen Bundespressekonferenz ein Statement abgegeben. Es ist reich an guten Wünschen und gefühliger Geschwätzigkeit, und lässt erneut jeglichen politischen Bezug, etwa ein Versprechen, den Kampf gegen Islamismus und Terrorismus zu führen, wie es Macron mehrfach gab, vermissen. Noch nicht einmal eine Phrase, wie „wir dulden diesen Hass nicht“ oder ähnliches war zu vernehmen.

„Das Wochenende stand ja im Zeichen des Schocks und der Trauer, die die Bluttat von Würzburg bei uns allen und im ganzen Land ausgelöst haben. Ich möchte im Namen der Bundeskanzlerin sagen, wie sehr die Tat von Würzburg sie und alle Mitglieder der Bundesregierung erschüttert hat. Es ist eine Tat von nicht zu begreifender Brutalität und Bösartigkeit. Die Anteilnahme gilt den Opfern. Sie gilt den Familien der Ermordeten in ihrem Schmerz. Sie gilt denjenigen, die schwer verletzt in den Krankenhäusern behandelt werden müssen. Und sie gilt auch denjenigen, die das Entsetzliche miterleben mussten und diese Erinnerung mit sich tragen. Die Bundeskanzlerin und die gesamte Bundesregierung hoffen, dass die Verletzungen heilen, dass die Betroffenen wieder gesund werden können an Körper und an Seele, und dass sie für diesen Weg Begleitung und Unterstützung finden. In diesem schrecklichen Ereignis gibt es auch Grund, dankbar zu sein, dankbar für den Mut und die Geistesgegenwart von Menschen auf der Straße, die den Täter gestellt haben und so möglicherweise weitere Morde verhinderten. Dankbar auch für das sehr schnelle und entschlossene Eingreifen der Polizei, die den Täter unschädlich machte. Die Ermittler werden alles tun, um aufzuklären, was den Mann zu diesen Morden trieb. Es gibt offenbar Hinweise auf islamistische Hasspropaganda in seiner Wohnung. Es gibt Hinweise auf psychische Probleme in der Vergangenheit. Das eine muss das andere nicht ausschließen. Aber das ist die Arbeit der Ermittler, der wir nicht vorzugreifen haben. Und wenn die sich ihr Bild gemacht haben, dann werden diese Erkenntnisse auch ganz klar zu benennen sein.“

Die Deutschen sollen, das ist wohl die eigentliche Botschaft, trauern, aber nicht erwarten, dass ihre Regierung etwas tut, um Wiederholungen solch einer Schreckenstat zu verhindern. Da war nicht die geringste Andeutung, dass Merkel oder die Bundesregierung neben Mitgefühl auch so etwas wie Entschlossenheit oder gar Zorn empfinden, der für den Kampf gegen Feinde der eigenen Bürger und ihrer Rechtsordnung eigentlich zu erwarten wäre. Die Kanzlerin verspricht den Kampf gegen Corona, aber nicht gegen den Terror.

Übrigens wird sich Merkel, falls sie den „eklatanten Verdacht“ auf ein islamistisches Motiv, den schon Bayerns Innenminister Joachim Herrmann benannte, nicht tatsächlich hinter der Psyche des Täters verschwinden lassen kann, wenn schon nicht vor ihren Bürgern, so doch vor der EU erklären müssen. Denn dann fällt der Dreifachmord von Würzburg in den Bereich der Antiterror-Politik der EU. Der Europäische Rat hatte immerhin im vergangenen Jahr unter dem Eindruck der Attentate in Frankreich, Wien und Dresden (und sogar unter deutschem Vorsitz) einen Entschluss gefasst, in dem unter anderem heißt: „We are united in the fight against radicalisation, terrorism and violent extremism. In the face of these attacks on fundamental rights and freedoms, the EU will uphold the common values that underpin our pluralist societies and continue to pursue with determination its joint efforts to defend them.

Aus diesen beiden Sätzen hätte Seibert auch ohne viel Mühe eine „Sprachregelung“ für seine heutige Pressekonferenz formulieren können. Er oder wohl vielmehr seine Chefin wollten offensichtlich nicht vom „Kampf gegen Radikalisierung, Terrorismus und gewaltsamem Extremismus“ im Zusammenhang mit einem „Allah Akbar“ rufenden Messermörder wissen.

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