Tichys Einblick
"Emmerder les Non-Vaccinés"

Macron sorgt mit drastischer Kampfansage an Ungeimpfte für Empörung

In rüden Worten kündigte Frankreichs Präsident Macron an, den Ungeimpften das Leben schwer machen zu wollen und spricht ihnen ab, Bürger zu sein. Die Opposition und auch die Presse zeigen sich entsetzt.

Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron

IMAGO / IP3press

Mit drastischen Äußerungen über Ungeimpfte in einem Zeitungsinterview hat der französische Präsident Emmanuel Macron eine Verschiebung der Abstimmung über die Einführung eines Corona-Impfpasses in der Nationalversammlung hervorgerufen. In der Debatte am späten Dienstagabend war es zu Aufruhr unter den Abgeordneten gekommen. Jean-Luc Mélenchon, Abgeordneter und Präsidentschaftskandidat der radikalen Linken, nannte Macrons Aussagen „erschreckend“. Der Sitzungspräsident unterbrach daraufhin die Debatte.

Im Interview mit der Zeitung Le Parisien hatte Macron Härte gegen Corona-Impfverweigerer angekündigt – und das mit ausgesprochen derben Worten. Wörtlich sagte er: „Les non-vaccinés, j’ai très envie de les emmerder.“ Das kann man sittsam mit „Ich habe große Lust, die Ungeimpften zu nerven“ übersetzen – oder wörtlicher mit: „… die Ungeimpften anzuscheißen“. Und das dann auch noch „… jusqu’au bout“ – „bis zum Ende“. Das Mittel zu diesem Zweck ist dasselbe wie in Deutschland, nämlich den „Zugang zu den Aktivitäten des sozialen Lebens“ für Ungeimpfte einzuschränken. „Ich werde sie nicht ins Gefängnis stecken, ich werde sie nicht zwangsimpfen“, sagte Macron. Aber die Botschaft an sie sei: „Ab dem 15. Januar könnt ihr nicht mehr ins Restaurant gehen, ihr könnt keinen Rotwein mehr trinken, ihr könnt nicht mehr Kaffee trinken gehen, ihr könnt nicht mehr ins Theater gehen, ihr könnt nicht mehr ins Kino gehen…“

Wer sich nicht impfen lassen, so der Präsident weiter, verhalte sich unverantwortlich. Und, so sagt er: „Ein Unverantwortlicher ist kein Bürger mehr.“

Macrons früherer Premierminister Edouard Philippe hat das Staatsoberhaupt daraufhin in einer Fernsehsendung am Mittwochmorgen indirekt zur Entschuldigung aufgefordert, indem er sagte: „Der Präsident der Republik drückt sich manchmal auf eine gewählte Art und Weise aus und machmal in einer familiären Weise. Er ist derjenige, der sagt, wenn es ihm leid tut.“

Nicht nur auf der radikalen Linken und Rechten, bei Mélenchon und den beiden Präsidentschaftskandidaten Marine Le Pen und Éric Zemmour, sorgte Macron für Empörung, sondern auch bei den konservativen Republicains, deren Fraktionsvorsitzender Damien Abad die Aussagen des Präsidenten „unwürdig, unverantwortlich und vorsätzlich“ nannte. Der Politologe Arnaud Benedetti kommentierte in der Tageszeitung Le Figaro: Der Macronismus ist der Trumpismus der Eliten.“ 

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Der geplante obligatorische Impfpass wird in Frankreich oft als eine Art versteckte Impfpflicht interpretiert. Macron begründete seine Ablehnung einer offenen Impfpflicht nicht mit grundsätzlichen, sondern nur mit praktischen Erwägungen: „Wenn ich morgen sage: Alle Erwachsenen müssen sich impfen lassen. Wie kontrollieren Sie das und was ist die Sanktion? Das ist das eigentliche Thema. Soll ich die Leute zwingen, sich impfen zu lassen? Sie einsperren und dann impfen? Da werden Sie mir sagen: Sie sind ein komischer Mensch …“

Der Anteil der mindestens zweifach Geimpften an der französischen Gesamtbevölkerung liegt bei über 73,49 Prozent (Stand 3. Januar, zum Vergleich in Deutschland: 71,39 Prozent). In Frankreich ist die Zahl der Neuinfektionen (Inzidenz nach positiv Getesteten) in den letzten Wochen deutlich gestiegen, zuletzt auf über 270.000 am Tag. Die Sieben-Tage-Inzidenz liegt – Stand 5. Januar – bei 1.870.

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