Tichys Einblick
FDP-Chef nimmt Abstand von eigenen Plänen

Lindner beugt sich mal wieder – und schließt Steuersenkungen aus

Die FDP hatte in einem Papier die Senkung von Einkommens- und Körperschaftssteuer in Aussicht gestellt. Nach Widerstand von Rot-Grün macht Lindner die Kehrtwende. Sie kommt kurz vor dem Dreikönigstreffen der Liberalen, bei dem Parteichef Lindner mehrere unangenehme Anträge drohen.

IMAGO / Future Image

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) nimmt angesichts des Widerstands von SPD und Grünen Abstand von Steuersenkungsplänen aus seinem Ministerium. „Solange es bei den Koalitionspartnern kein neues Denken gibt, konzentriere ich mich auf das Erreichbare“, sagte er der Bild am Sonntag. Das seien unter anderem steuerliche Anreize für Investitionen und Forschung.

In der Koalition habe die FDP Steuererhöhungen politisch ausgeschlossen, SPD und Grüne Steuersenkungen. Neben Investitionen setzt Lindner in seinem „Wachstumspaket“ stattdessen auf Digitalisierung und schnellere Verfahren. „Wir sollten alle Stellschrauben nutzen. Von schnelleren Planungs- und Genehmigungsverfahren über Digitalisierung und Fachkräfteeinwanderung bis hin zu den unterschiedlichen Möglichkeiten des Steuerrechts.“

Christian Lindner in der Krise
In der FDP meutern die Ersten gegen die Koalition mit SPD und Grünen
Die Koalition aus SPD, Grünen und FDP habe 2025 „eine Chance auf Wiederwahl“, so Lindner, „wenn wir das Land auf wirtschaftlichen Erfolgskurs bringen“. Laut einem internen Papier, das diese Woche bekannt wurde, hält das Finanzministerium eine Senkung der Einkommensteuer für angebracht. In dem Dokument wird eine „Zeitenwende“ in der Finanz- und Wirtschaftspolitik gefordert.

Lindner wies in diesem Zusammenhang Forderungen der Vorsitzenden der Wirtschaftsweisen, Monika Schnitzer, nach Steuererhöhungen für Besserverdienende zurück: „Genau diejenigen, die Frau Schnitzer belasten will, zahlen ja bereits die Rechnung. 50 Prozent der Steuerzahler leisten 90 Prozent des Lohn- und Einkommensteueraufkommens. Eine weitere Belastung wäre nicht fair“, so der Finanzminister. „Im Gegenteil, Steuererhöhungen oder mehr Bürokratie kosten wirtschaftliches Wachstum. Wir brauchen aber Dynamik, damit wir aus Schulden und Inflation herauswachsen. Dafür sollte die Bundesregierung ein Wachstumspaket schnüren.“

Auch die „Entlastungen“ der Bundesregierung für Top-Verdiener verteidigte der FDP-Vorsitzende: „Im Gegensatz zu anderen erhalten die sogenannten Topverdiener ab gut 66.000 Euro die Hilfe der Gaspreisbremse nicht steuerfrei, sondern müssen diese versteuern. Wir sprechen da nicht über Millionäre, sondern über unsere Fach- und Führungskräfte, die hart für eine Qualifikation gearbeitet haben und Verantwortung für Arbeitsplätze tragen. Deren Schultern sind stark, aber auf diesen Schultern ruht auch unser Staat. Das sind die Menschen, die solidarisch von ihrer Leistung abgeben, damit auf der anderen Seite Bezieher von Bürgergeld keine Miete und keine Gasrechnung zahlen müssen. Man muss eine Balance halten zwischen Solidarität und Leistungsgerechtigkeit.“

Die Steuerpläne der Bundesregierung
Christian Lindner, FDP, steuerpolitischer Vollzieher rotgrüner Verarmungspolitik
Damit entpuppt sich auch der Unmut innerhalb der FDP neuerlich als Zwergenaufstand. Verkehrsminister Volker Wissing und der saarländische FDP-Chef Oliver Luksic hatten im Dezember auf einen Weiterbetrieb der Atomkraft in Deutschland über den April hinaus gedrängt. Lindner wurde vorgeworfen, die Probleme „wegzulächeln“. Grüne Funktionäre betonten dagegen, dass der Termin eingehalten werden müsse. Seitdem ist es still bei den Liberalen geworden. Eine ähnliche Revolte hatte es gegen das von Bundesinnenministerin Nancy Faeser anberaumte Gesetz gegeben, dass eine anlasslose Kontrolle von Chat-Nachrichten vorsieht.

Lindners Ankündigung, sich den grünen und roten Wünschen zu beugen, fällt damit in eine kritische Zeit für den FDP-Vorsitzenden. Am 6. Januar findet das traditionelle Dreikönigstreffen der Liberalen statt. Es droht eine Abrechnung angesichts der monatelangen Einknickpolitik. Der Ruf wird laut nach einer schärferen Linie, von der nicht nur Grün und Rot, sondern auch Gelb profitiert. Ob Lindner dann immer noch die Probleme „weglächeln“ kann, ohne Farbe zu bekennen oder der Basis Ergebnis zu liefern, bleibt ungewiss.

Das Papier zur „Zeitenwende“ in Finanz- und Wirtschaftspolitik wurde von mehreren FDP-Vertretern begrüßt. Inhalte des Dokumentes: Es brauche nach einem „Jahrzehnt der Verteilungspolitik“ eine „Trendwende zur Angebotspolitik“. Eine Vermögenssteuer komme auf keinen Fall infrage, Einkommen- und Körperschaftsteuer könnten aber gesenkt werden. Dadurch, dass der Finanzminister nun Steuersenkungen ausschließt, demontiert er die liberale Zeitenwende, bevor sie überhaupt begonnen hat.

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