Tichys Einblick
Teures Lernen

Kinder sind die größten Opfer der Inflation

„Inflationsrate schwächt sich leicht ab.“ Das Statistische Bundesamt bemüht sich, den Hauch einer guten Nachricht zu verbreiten. Doch wer die in der deutschen Wirtschaft sucht, braucht einen guten Willen und darf nicht auf die Bildung schauen.

Schulkinder auf dem Weg zur Schule. Auch Schulmaterial ist teurer geworden

IMAGO / Michael Gstettenbauer

Die Bildung müsse gefördert werden. Diese Forderung darf in keiner Sonntagsrede fehlen. Doch die Realität an der Ladentheke sieht anders aus – das Leben für deutsche ABC-Schützen ist im vergangenen Jahr deutlich teurer geworden als ohnehin für den Rest der Republik. So müssen Schulkinder und ihre Eltern in diesem Juli 13,6 Prozent mehr für Schulhefte und Zeichenblöcke zahlen als noch im Sommer vor einem Jahr.

Allgemein gingen die Preise in diesem Zeitraum „nur“ um 6,2 Prozent nach oben. Immer noch weniger als Eltern für das andere Schreib- und Zeichenmaterial ihrer Kinder obendrauf legen müssen. In diesem Bereich sind die Preise übers Jahr um 7,6 Prozent gestiegen. Die Preise für Schulbücher sind indes nur um 5,3 Prozent gestiegen – was im Inflations-Deutschland schon als Erfolg gilt. Die Zahlen stammen vom Statistischen Bundesamt.

Apropos bescheidene Erfolgsmeldungen: Die Inflation von 6,2 Prozent bedeutet einen leichten Rückgang im Vergleich zu der des vergangenen Monats: 0,2 Prozentpunkte. Was nicht heißt, dass die Preise zurückgehen, sondern nur, dass der Anstieg ein wenig schwächer wurde. Der prozentuale. Denn nach zwei Jahren Dauerinflation steigen die Preise von einem höheren Sockel aus.

Zumal das Statistische Bundesamt weitere Zahlen mitliefert, die aus der ohnehin schon bescheidenen Erfolgsmeldung ein alarmierendes Szenario machen. Denn bereits im Sommer ziehen die Energiepreise an: Von Juni zu Juni wurde der Strom um 10,5 Prozent teurer – von Juli zu Juli um 17,6 Prozent. Feste Brennstoffe sind laut Statistischem Bundesamt übers Jahr um 12,8 Prozent teurer geworden.

Was für Menschen erschreckend ist, die buchstäblich ums Überleben kämpfen: Gerade die Preise für Lebensmittel sind von Juli 2022 bis Juli 2023 um 11,0 Prozent gestiegen. „Die Nahrungsmittel bleiben damit der stärkste Preistreiber unter den Güterbereichen“, analysiert das Statistische Bundesamt. Gesunde Ernährung sei ihr wichtig, sagt die Ampel. Um das zu unterstreichen, hat sie sogar einen „Bürgerrat“ für gesunde Ernährung ins Leben gerufen. Soweit das Gerede. In der Praxis ist Gemüse unter der Ampel innerhalb eines Jahres um 15,7 Prozent teurer geworden – Brot und Getreideerzeugnisse sogar um 16,6 Prozent.

Es gibt aber auch Profiteure der unterschiedlichen Preisentwicklungen: Dienstleistungen sind „nur“ um 5,2 Prozent teurer geworden. Wer sich also Lieferanten, Masseure und Taxifahrer leisten kann, für den werden sie – relativ gesehen – günstiger. So eine richtig gute Nachricht ist das aber nicht: Denn die zusätzlichen Einnahmen von Lieferanten, Masseuren und Taxifahrern reichen halt eben nicht aus, um das auszugleichen, was die für Strom und Essen mehr zahlen müssen. Vielleicht muss man sich einfach damit abfinden, dass es derzeit keine guten Nachrichten gibt, wenn es um die deutsche Wirtschaft geht.

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