Tichys Einblick
Der Parteienstaat kennt nur Schönwetter

Fernwärmeleitung in Jena havariert: Kontaktverbote aufgehoben

Ein Blick auf Stromerzeugung und Verbrauch lehrt, dass es ohne Kohle- und Kernkraftwerke wieder nichts wäre mit einer Stromversorgung. Und ein anderer Blick zeigt: Die Verwaltungen des Gemeinwesens Deutschland bekommen immer weniger auf die Reihe.

Die havarierte Fernwärmeleitung in Jena-Paradies

IMAGO / Roman Möbius

Dicke weiße Dampfschwaden schossen aus dem Erdboden. In Jena brach an der Ecke Altenburger Straße, Naumburger Straße eine Fernwärmeleitung, durch die normalerweise 125 Grad heißes Wasser fließt und 6.500 Haushalte im Norden Jenas mit Wärme versorgt. In den Wohnungen wurde es schnell kalt; die Stadt gab den Bewohnern den geneigten Rat, Fenster und Türen geschlossen zu halten, damit die Wärme in den Wohnungen bleibe.

Die Reparaturtrupps mussten erst einmal am Mittwochabend das Leck finden, dann das heiße Wasser aus dem Erdboden pumpen und konnten in der Nacht zum Donnerstag schließlich die Leitung reparieren. Eine Schweißnaht an der Leitung war gerissen. Gegen Drei Uhr war das Leck geschlossen, und warmes Wasser konnte wieder in den Norden Jenas fließen.

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Die Stadt hatte den Katastrophenfall ausgerufen und dabei die schwierige Entscheidung zu treffen: An Corona jämmerlich zu Grunde gehen oder bei -10° erfrieren? Die Stadt entschied sich gegen Erfrieren und hob die Kontaktverbote auf – aber nur für die Frierenden. Es war zulässig, wenn Angehörige eines Haushalts sämtliche Angehörige eines von der Kälte bedrohten Haushalts aufnahmen. Nicht bekannt ist, ob die Stadt das Vorgehen kontrollierte.

Nach dem Katastrophenfall eines Brandes im Nürnberger Großkraftwerk war dies der zweite Ausfall einer zentralen Wärmeversorgung bei klirrender Kälte. Jede technische Anlage kann einmal ausfallen; es erweist sich aber als eher ungünstig, wenn keine Ersatzeinrichtungen vorhanden sind.

Ein Vorgeschmack auf die »Energiewende«, für die bekanntlich alle fossilen Energiequellen abgeschaltet werden, und nur noch Windräder und Photovoltaikanlagen Energie liefern sollen. Doch Windräder stehen derzeit häufig, wenn deren Sensoren Eisansatz registrieren, die Photovoltaikanlagen bedeckt eine Schneeschicht.

Ein Blick auf Stromerzeugung und Verbrauch lehrt, dass es ohne Kohle- und Kernkraftwerke wieder nichts wäre mit einer Stromversorgung. Zu groß ist die Lücke zwischen dem, was Wind und Photovoltaik liefern und was gerade benötigt wird. Ausgerechnet in kaltem Winter ist der Energiebedarf am höchsten, doch dann wird’s knapp mit dem Strom.

Fernwärme
Nach Brand in Kraftwerk ruft Nürnberg Katastrophenfall aus
In Berlin bleiben die Elektrobusse stehen. »Das darf so nicht sein!« so die Sprecherin der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) und klingt so, als würde sie der Batterie die Verweigerung verbieten wollen. In der Stadt fahren 123 mit Batterie angetriebenen Busse, laut Berliner Morgenpost blieben 23 stehen und mussten durch die erprobten dieselangetrieben Busse ersetzt werden. Bei der Kälte verlieren bekanntlich Batterien gewaltig an Kapazität. Dann reicht es nicht mehr für Fahrstrecke und Heizung des Businneren. Die Berliner Busse sollten bei minus zehn Grad eine vergleichsweise knappe Strecke von lediglich 130 Kilometer zurücklegen können.

In spätestens zehn Jahren soll in Berliner Bussen der »letzte Liter Diesel verbrannt werden«, so verspricht die BVG auf ihrer Website, die besser als die Busse funktioniert. Das kostet bis zum Jahr 2035 fast drei Milliarden Euro mehr als bei einem Dieselbusbetrieb.

Eiseskalt ist es auch am neuen Berliner Flughafen. In der im Herbst eröffneten Halle zieht aus dem Bahntunnel ein eisiger Wind. Die Planer des Berliner Flughafens BER haben wohl nicht mehr mit kalten Wintern gerechnet – auch nicht mit so wenig Passagieren wie derzeit. Deren Heizleistung sei mit einkalkuliert, erklärt tatsächlich ein Flughafensprecher. Auch ein Ansatz zum Energiesparen.

Die Züge der Bahn sollen wieder zu 95 Prozent fahren, wie das Unternehmen stolz mitteilt. Allerdings noch mit Einschränkungen und hohen Verspätungen. Vielleicht kann sie bei der russischen Bahn in die Lehre gehen.

In Wuppertal musste die Feuerwehr aus dem Wahrzeichen der Stadt, der Schwebebahn, sechs Menschen mit Drehleitern befreien. Die Bahn konnte nach dem Schnee und Eis nicht mehr fahren und blieb einfach stehen. Es handelt sich derzeit um Testfahrten, die Bahn selbst fährt seit Sommer vergangenen Jahres nur noch an Wochenenden, weil an dem neuen, vier Jahre alten Fuhrpark viele Fehler auftraten. Vor allem die Räder verschleissen zu stark und beschädigen dabei offenbar auch das Fahrgerüst. Die alten ausrangierten Waggons, die bei jeder Witterung fuhren,  dienen heute teilweise als Cafe oder Spielplatz für Kinder.

Die Verwaltungen des Gemeinwesens Deutschland bekommen immer weniger auf die Reihe. Dafür kann dann wie in Wuppertal ein neuer grüner Oberbürgermeister ein Revolutiönchen erproben und die Stadt in »urbanes Transformationslabor für nachhaltiges Wirtschaften« verwandeln.

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