Tichys Einblick
Karnevalsveranstaltungen fallen aus

Innenminister Ebling macht sich lustig über Kritik an abgesagten Umzügen

In Rheinland-Pfalz fallen reihenweise Karnevalsumzüge aus. Schuld daran sind Auflagen, die nach Terroranschlägen verschärft wurden. Das sichere Feiern ist zu teuer geworden.

Symbolbild

IMAGO / U. J. Alexander

In Mainz sagt man zu Karneval konsequent Fastnacht, zu Kamellen streng Bonbons und auch sonst verstehen die Verantwortlichen keinen Spaß, wenn es ums Feiern geht. Daher fallen jetzt in Rheinland-Pfalz reihenweise die Karnevalsumzüge aus. Der verantwortliche Innenminister Michael Ebling (SPD) fährt eine Doppelstrategie in der Rechtfertigung. Die Gesetze müssten so hart sein, wie sie sind – aber mit den harten Gesetzen hätten die Absagen nichts zu tun. Eigentlich.

Die Ursache der Absagen ist das neue „Polizei- und Ordnungsbehördengesetz“. Das klingt nach spaßbefreitem, überkorrektem Beamtentum. Nach Politikern, die vorgeben, sich um die Menschen zu sorgen, ihnen aber dabei letztlich den Spaß am Leben nehmen. Und genau das ist das rheinland-pfälzische Polizei- und Ordnungsbehördengesetz in seiner jetzigen Form auch. Es lässt die Kosten gewaltig steigen, die Fastnachter müssen darum kämpfen, ihre Umzüge am Leben zu halten – und die ersten haben diesen Kampf bereits aufgegeben.

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Dass die Fastnachter ihre Umzüge absagen, dürfen Terroristen als Erfolg in ihrem Krieg gegen den Westen feiern. Damit kein Narr für sein gottloses Leben gestraft wird, müssen die Zufahrten mit LKW abgesperrt werden. Jeder Wagen muss von bis zu sechs statt wie bisher zwei Sicherheitsleuten begleitet werden. Aber Eblings Bürokraten kämpfen nicht nur gegen den Terror – sondern auch gegen den Harndrang. Auf jedem Wagen sollen zwei Fahrer mitfahren. Falls der eine mal auf die Toilette muss.

Die nächste Baustelle ist der TÜV. Der muss nun jeden Wagen abnehmen. Ob sie eine Genehmigung erhalten, erfahren die Vereine erst kurz vor dem Umzug. Wie das dann ausgeht, berichtet der Verein „Gemütlichkeit 1902 Kettig“ in der Bild: 75 Prozent der Wagen lehnte der TÜV ab. Im Namen der Sicherheit. Für den Verein bedeutet das: Arbeit futsch, Geld futsch, Spaß futsch – ein dreifach donnerndes Helau nach Mainz. Das alles, um Unfälle zu vermeiden, die es bisher auch nicht gegeben hat.

Eblings Erklärung in der Bild ist ernst gemeint, aber lustiger als seine alten Kalauer, die er in der Bütt gelegentlich vorträgt: Das Polizei- und Ordnungsbehördengesetz müsse so sein wie es ist, könne aber für die Absagen nicht verantwortlich gemacht werden – obwohl die Vereine ausdrücklich mit Bezug auf das Gesetz ihre Umzüge abgesagt haben. So wie etwa in Frankenthal und Bellheim. In Mainz rechnet der Veranstalter MCV mit 50.000 Euro zusätzlich, die während des Umzugs auf den Verein zukämen. Auch der zeitliche Aufwand für die Fastnachter sei deutlich höher geworden. Weitere Züge ausgefallen sind in Grünstadt, Bad Dürkheim, Weisenhein am Sand sowie ein gemeinsamer Umzug in Mannheim und Ludwigshafen.

Als die abgesagten Umzüge Thema im Landtag waren, nannte Ebling die Kritiker „Mucker und Philister“. Diese Fastnachts-Begriffe sollen seine Volkstümlichkeit betonen. Aber eigentlich verhöhnt er damit nur seine Kritiker. Ursprünglich waren die Umzüge dazu gedacht, dem Volk die Möglichkeit zu geben, den Mächtigen die Meinung sagen zu können. Heute vermiesen die Mächtigen den Menschen die Fastnacht und machen sich dann noch über sie lustig. Die wissen es zu danken. In Eblings Heimatstadt Mainz ist seine SPD bei der Oberbürgermeisterwahl am Sonntag auf unter 14 Prozent gestürzt.

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